Die Historiker und Archäologen der Expedition konzentrierten sich auf Überreste und andere Funde der verschwundenen Zivilisation in der Umgebung des Landeplatzes. Sie untersuchten und fotografierten Inschriften auf Denkmälern und Grabsteinen, an den Innenwänden von Gebäuden und an handwerklichen Gegenständen. Auf dem Festland fanden sie Knochenreste von Vierbeinern und Zweibeinern unterschiedlicher Größe und, was von besonderem Interesse war, Skelette, die an Form und Größe, ohne weitere Ähnlichkeiten aufzuweisen, an die der Wissenschaftler erinnerten: mit zwei Füßen, zwei Händen und zwei Augen, nach der Position der Augenhöhlen zu schließen, mit stereoskopischem Sehfeld. Die Skelette lagen auf den Straßen, in Schrottresten von Autos, in verfallenen Hallen und auf weiten, mit dichten Büschen und Moos bewachsenen und mit Flugzeugkadavern bedeckten Flächen, die in der Vergangenheit Flughäfen gewesen sein mussten. In den Behausungen, wo die vorherrschende Art gelebt haben muss, waren Keramikgeschirr, Trinkgläser, Aluminiumtöpfe und andere Küchenutensilien sowie Reste von Kühlschränken, Waschmaschinen, Radios und Fernsehern vorgefunden worden. In einigen Gebäuden bargen die Forscher Notizbücher und Bücher, teils mit dünnen und sehr zerbrechlichen vergilbten Seiten, mit verblassten oder sogar ganz verschwundenen Beschriftungen, teils mit Blättern von besserer Qualität, die dank besserer Tinten dem Lauf der Zeit ausreichend widerstanden hatten und, obwohl sie mit Flecken und Schimmel bedeckt waren, deutlich lesbar waren. Einige dieser handschriftlichen Funde bestanden aus mathematischen Berechnungen. In einer besonders beachtenswerten Wohnung war ein Gemälde auf dem Boden gefunden worden, neben dem, was von einem rostigen Nagel übrig geblieben war, der jetzt fast vollständig in Pulverform übergegangen war und sich, wer weiß wann, von der Wand gelöst und das Bild mit sich genommen hatte. Wahrscheinlich war es einmal ein Vorzimmer. Im selben Raum wurde auch ein Audiogerät mit einer Tonaufzeichnung in gutem Zustand gefunden. Daneben lagen, auf dem Boden ausgestreckt, zwei Skelette, eines von einem Erwachsenen, noch immer in Kleidung gehüllt, die jetzt von der Witterung verfallen war, und das andere, ohne Kleidung, von einem Neugeborenen oder vielleicht von einem Fötus. In einem Raum, der wohl ein Vorführraum war, wurden Filmrollen gefunden, die auf den ersten Blick ruiniert waren; aber auf dem Projektor waren durch vorsichtiges Drehen zwei Filmabschnitte entdeckt worden, die noch in gutem Zustand zu sein schienen. Sie waren dem Experten für Videorestaurierung übergeben worden. Die Klänge der Filme waren jedoch unwiederbringlich, denn die Tonspuren, die nicht optisch, sondern magnetisch und damit besonders zerstörbar waren und entlang der beiden Kanten der Filme liefen, waren komplett beschädigt: Der Ton muss stereophon gewesen sein. In einem der beiden Filmrollenabschnitte, dem am wenigsten beschädigten und dem ersten, der restauriert und über den Computer abgespult wurde, konnten die Wissenschaftler eine Straße mit Fußgängern auf den Bürgersteigen und einen nicht sehr dichten Fluss von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren beobachten, mit ähnlichen Formen wie die aufgefundenen Überreste von Autos und Lastwagen. Nachdem der zweite wiederherstellbare Abschnitt des Films restauriert und die Bilder auf einen Computer übertragen worden waren, war ein Ferienlager mit nackten Menschen zu sehen.
Kapitel 3
Am frühen Morgen des 14. Juni 1933 durfte der „Faschist der ersten Stunde" Annibale Moretti, nach einer schlaflosen Nacht, bis auf wenige kurze Momente, in denen er auf einem Stuhl vor sich hin gedöst hatte, mit den entsprechenden Anweisungen versehen und unter vielen Dankesbezeugungen für seine Mitarbeit, die Kaserne Giovanni Berta verlassen und nach Hause gehen.
Sein Fahrrad war auf der Station der Carabinieri geblieben, weil er am Tag zuvor mit einem Kleinlaster in die Garnison der Miliz gebracht worden war. Moretti hatte sich damit abgefunden, den ganzen Weg nach Hause, etwa zehn Kilometer von der Kaserne, zu Fuß zu gehen, weil niemand, vom Kommandanten bis zum Oberadjutant, vom Hauptmann, der für die Sicherheitsabteilung zuständig war, bis zum Offizier an der Wachpostenlinie, es sich hatte träumen lassen, ihm entgegenzukommen und eine motorisierte Begleitung zu befehlen. Sie hatten ihm nicht einmal etwas zu essen gegeben, weder Abendessen am Vorabend noch ein Frühstück an diesem Morgen, zusammen mit der Truppe oder sogar- wie Hannibal im Stillen gehofft hatte - im Unteroffizierskasino oder besser noch, bei den Offizieren. Mit leerem Magen machte er im ersten Café mit dem Namen „La Megasciada" halt: Es war eigentlich eher eine Trani12 als ein Café, aber es verfügte über eine neapolitanische Kaffeemaschine13 für die ganz wenigen Abstinenzler und nachts für die, die zu betrunken waren, um zu ihren Frauen nach Hause zu gehen, ohne zuerst einen guten Liter „Weinkiller“ geschluckt zu haben. Es war 8.00 Uhr morgens, als Moretti sich hinsetzte und Kaffee und Brot bestellte. Er hatte gesehen, dass sich ein Radiogerät im Raum befand und gebeten, die Nachrichten hören zu dürfen. Man hatte ihm seinen Wunsch erfüllt und Hannibal hörte, wie er anonym zitiert wurde und die Mitteilung, die er zu hören gehofft hatte: „ ... und der Meteorit wurde zuerst von einem braven Bauern gesehen, Faschist schon vor dem Marsch auf Rom, der sofort mit dem typischen Gehorsam des wahren Faschisten Mitteilung machte! Die Königlichen Carabinieri bargen zusammen mit anderen Polizeikräften das, was vom Himmelskörper übrig blieb und übergaben es der Wissenschaft“:
Die Nachricht von diesem Meteoriten war seit dem Vorabend durch den EIAR14 und die Nachmittagsausgaben der Tageszeitungen und am nächsten Morgen durch die Radionachrichten verbreitet worden. Hannibal war nicht überrascht, von dem Meteorit zu hören, denn in der Kaserne Berta war er wiederholt von verschiedenen Offizieren aufgefordert worden, einen Satz einzustudieren, der von einem Meteoriten handelt und von Kommandant Trevisan am vorangegangenen Nachmittag in Blockschrift auf ein Stück Papier geschrieben, aber zuvor von dem gewissenhaften Bocchini entworfen und telefonisch mitgeteilt worden war. Es war eine kleine pedantische Exerzieraufgabe, die in der Öffentlichkeit und in der Familie wiederholt werden sollte: „Es handelt sich um eine himmlische Feuerkugel, um ein natürliches Objekt, das vom Himmel gefallen ist, aber nicht rund, sondern mit der seltsamen Form eines scheibenförmigen Steins, ein wenig wie die Steine, die man über das Wasser schleudert, um sie zum Hüpfen zu bringen, nur viel größer". Früh am Morgen hatten zuerst der wachhabende Oberscharführer, dann der für Sicherheit und Nachrichten zuständige Hauptmann und schließlich Major Trevisan, der zu diesem Anlass früher von zu Hause angekommen war, den Bauern gewissenhaft befragt. Er hatte jedes Mal bewiesen, dass er die Exerzieraufgabe genau verstanden hatte. Auf die präzise Frage des Kommandanten, der ihn kurz vor seiner Entlassung verhörte, hatte er versichert, dass er das genau so und nie anders sagen würde und fügte zur besseren Glaubwürdigkeit hinzu: „Ja, aber natürlich, es ist eindeutig, dass es sich um einen großen flachen Stein vom Himmel handelt, ist doch klar! Das ist so offensichtlich, Herr Major!“ In seinem Herzen jedoch hatte der Mann, der über einen feinen Scharfsinn verfügte, obwohl er nur die Grundschule besucht hatte, es nicht wirklich geschluckt und war weiterhin überzeugt - von wegen himmlische Feuerkugel! Er war ja nicht blöd! - dass es sich um ein wunderbares und außerordentliches Luftfahrzeug handelte, geformt wie eine seltsame Scheibe und sehr geheim, jawohl zu Befehl, und kein natürliches, vom Himmel gefallenes Objekt.
Ebenfalls an diesem Morgen des 14. Juni 1933, zur gleichen Zeit, als Moretti sein Frühstück in der Kneipe einnahm, hörte Mussolini die Nachrichten im Radio und dachte in seinem Büro erneut über dieses unbekannte Luftfahrzeug nach: „Französischer, englischer oder deutscher Prototyp? „ Deutschland", sagte er zu sich selbst, „erscheint mir unwahrscheinlich; dieser hysterische Charlot-Schnurrbart ist erst seit einigen Monaten an der Macht und vorher haben die Deutschen bei all den Bordellen, die dort oben waren, sicherlich nicht daran gedacht, neue Flugzeuge zu entwerfen15. Aber jetzt schafft der Schnauzer16 Adolf schnell Ordnung”: Mussolini mochte diesen ihn verehrenden politischen Nachahmer nicht, der sich in der Öffentlichkeit hysterischen Ausbrüchen hingab und, wie ihm die Geheimdienste zukommen ließen, in gewissen Momenten privat der schwersten Melancholie verfiel, voller Angst um das Urteil der Welt und voll von Minderwertigkeitsgefühlen, etwas absolut Unvorstellbares für ein überschäumendes Vollblut wie der Duce, der sich der Bewunderung für seine Person sicher, ja vollkommen sicher war, vor allem der von Regierungschefs und Ministern anderer Nationen, wie der britische Finanzminister Winston - Winnie - Churchill, der ihn 192917 in Rom besucht hatte und den er Sigarone nannte - „großer Raucher von Montecristo-Zigarren Nummer 1" - hatten ihm die effizienten Geheimdienste der OVRA berichtet –; aber vom Schnauzer Adolf bewundert zu werden, gefiel ihm überhaupt nicht.
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