JOSH:Was man halt so zu tun hat. Wenn man nix zu tun hat. Beide lachen spontan .
LEONIE:Geh, du bist cringe.
JOSH:Geh bitte. Bist Nonne, oder was?
LEONIE:Bist leicht stolz drauf?
JOSH:Warum nicht?
LEONIE:Zeig, wennst dich traust. Ich schau zu.
JOSH:Pfff.
LEONIE:Hab eh schon alles gesehen.
JOSH:–
LEONIE:Oops. Tut mir leid.
JOSH:Der war tief. Aber gut. Da schau, wennst dich so drum reißt …
LEONIE: schaut angestrengt aufs Display . Geh bitte, was soll ich mit deinem Nabel? Mach einmal ein bissl Licht. Ich seh ja gar nix!
JOSH:Darf ich vorstellen: meine rechte Brustwarze.
LEONIE:Oh, wow, eine Brustwarze.
JOSH:Und jetzt: meine linke Brustwarze.
LEONIE: lacht übertrieben herzlich .
JOSH:Jetzt du.
LEONIE:Warum sollte ich?
JOSH:Weil uns fad ist und wir nix Besseres zu tun haben.
LEONIE:Eine männliche Brustwarze ist was anderes als eine weibliche Brustwarze.
JOSH:Das war’s, ich bin raus. Ich wollte ohnehin …
LEONIE:… warte. Okay, okay. Aber Keine Screenshots!
JOSH:Bist du wahnsinnig. Nein!
LEONIE:Woher weiß ich, dass du keine Screenshots machst?
JOSH:Warum sollte ich.
LEONIE:Um mich zu erpressen.
JOSH:Geh bitte. Außerdem steht Vertrauen gegen Vertrauen, oder?
LEONIE:Deal. Keine Screenhots!
JOSH:Deal!
LEONIE: zögert, lacht verlegen .
JOSH:Ich schau inzwischen woanders hin! Er pfeift, als würde er verlegen Blick und Kopf abwenden .
LEONIE: hebt zaghaft das Shirt. Aus dem Handy ist ein anerkennendes Pfeifen zu hören .
JOSH:Nice … also das, was ich sehen kann, und das ist nicht viel…. aber nice … gibt’s kein Licht?
LEONIE:Tataaaaa! Sie knipst die Leselampe ihres Nachtkästchens an .
JOSH:Es werde Licht! Oh, wunderschöne, apfelgroße Brüstchen, könntest du sie ein bisschen pushen, damit ich zwischen …
LEONIE: zieht empört das Shirt herunter . Genug jetzt.
JOSH:Na geh! Nicht aufhören!
JOSH:Biiitteeee …
LEONIE: hebt langsam das Leibchen, entblößt zuerst die rechte, dann die linke Brust .
JOSH:Mmmhhhh, nice, nicht runterlassen …
Aus dem Handy ist ein anerkennendes Raunen zu hören .
LEONIE: zieht abrupt das Shirt über die Brüste . Ich weiß nicht, ob ich das mag.
JOSH:Natürlich magst du das. Deswegen bist du ja hier. Kannst jederzeit auflegen.
LEONIE:Jetzt wieder du.
JOSH:Bitte sehr.
LEONIE: beugt sich konzentriert nach vorne . Ich seh gar nix. Nur schwarz.
JOSH:Bitte sehr.
LEONIE: erschrickt kurz, verzieht das Gesicht . Holy shit. Ich weiß nicht, ob ich das sehen will.
Zeig mir lieber wieder dein Gesicht.
JOSH:Du kannst ihn ja in den Mund nehmen, dann siehst du ihn nicht.
LEONIE: zuerst angewidert, dann plötzlich beginnt sie zu kichern, öffnet die Lippen und führt das Handy nahe an den Mund, beginnt es rhythmisch zu und von ihren Lippen zu bewegen . So?
JOSH:Oh yeah. Und jetzt alles. Du weißt schon. Aber schön die Decke wegziehen, damit ich was seh.
LEONIE: verzieht das Gesicht .
JOSH:Wir haben einen Deal.
LEONIE: schlägt die Decke zurück, hält das Handy vor den Unterkörper, seufzt, zieht ein Bein an. Mit der Linken hält sie das Handy, mit der Rechten zieht sie die Unterhose zur Seite .
JOSH:Oh, niiiice. Noch ein bissschen nach unten kippen. Yeeees, genau so. Singt . Sie hat dicke Lippen …
LEONIE: lacht verlegen . Genug jetzt.
JOSH:Oops.
LEONIE:Was, oops.
JOSH:Vielleicht hab ich jetzt doch einen Screenshot gemacht?
LEONIE: reißt das Handy nach oben . Hast du nicht!
JOSH:Wer weiß.
LEONIE:Du Orschloch. Kurze Nachdenkpause . Ich hab vielleicht auch einen gemacht! Ätsch!
JOSH:Na dann schick!
LEONIE:Du zuerst.
JOSH: lacht leise . Gute Nacht, Süße.
LEONIE:Trottel.
Sie drückt ihn weg, legt das Handy aufs Nachtkästchen, zieht die Decke über die Knie und reibt sich das Gesicht. Seufzt. Greift nochmal zum Handy und schaut .
LEONIE:Fuck. Fuck. Fuck.
Sie kneift die Augen zusammen und legt das Handy wieder weg. Knipst das Leselicht aus, sitzt jetzt im Dunkeln. Im fahlen Licht der Lavalampe sind nur mehr ihre Umrisse zu sehen .
Als Josef die Bar betrat, stand sie an der Theke und lächelte.
Hallo, Franz, sagte sie, kennst du mich noch? Restaurant Zum Englischen Reiter .
Josef stutzte. Er war noch nie im Englischen Reiter .
Genau, sagte er, im Prater, oder?
Ja, sagte sie, wo ich kellneriert hab.
Ich weiß.
Du erinnerst dich?
Als ob es gestern gewesen wäre!
Wirklich?, sagte sie. Wenigstens einer, der mich nicht vergessen hat.
Wie könnte ich!, sagte Josef. Wie geht es dir?
Mia, rief einer von den Tischen, noch ein Viertel Weiß!
Bin außer Dienst, rief sie zurück.
Kannst es mir ja trotzdem bringen!
Arschloch!, sagte sie zu Josef. Nichts als Arschlöcher!
Kellnerierst du hier?
Ja, aber heut ist mein freier Tag.
Und den verbringst du ausgerechnet hier, unter den Arschlöchern?
Wo sind keine Arschlöcher?, sagte sie. Die hier kenne ich wenigstens. Außerdem wolle sie sich sowieso umorientieren. Zwei Jahre Englischer Reiter , ein Jahr Eisvogel und jetzt hier. Hier wäre sowieso der blanke Horror, sagte sie. Das ständige Blöd-angequatscht-Werden. Das dauernd Vongroßen-Plänen-hören-Müssen, von Studienabbrüchen, von Beziehungsdesastern, von vergeblichen Jobsuchen, Wohnungssuchen, Sinnsuchen.
Ich versteh dich gut, sagte Josef.
Du verstehst, dass ich das nicht mehr aushalte?
Absolut, sagte Josef. Bewundernswert, dass du es bis jetzt ausgehalten hast.
Findest du auch?
Unbedingt! Kellnerieren ist doch die Hölle, oder?
Hast du auch einmal kellneriert?
Ich? Nein. Aber ich stelle mir vor, es ist die Hölle.
Es ist nur die Hölle!, sagte sie.
In Wirklichkeit wolle sie sowieso keinen neuen Job mehr. Was sie noch niemandem gesagt habe. Was sie nur ihm sage. Weil sie ihn schon lange kenne. Weil sie Vertrauen zu ihm habe. Weil er sie verstehe. Weil er ihre Situation richtig einzuschätzen wisse. Weil sie das Gefühl habe, er sei auf ihrer Seite. Was sie wirklich wolle, sei, sich von allem zurückzuziehen, sich radikal zu minimieren. Die Wohnung aufzugeben, das Studium, das habe sie schon aufgegeben, das Handy wegzuwerfen, kein Facebook, kein Instagram, kein Twitter, nichts mehr zu kaufen, die Kleider zu verschenken, die Kosmetika, die Bücher, ihren Schreibtisch, auf dem sie nicht mehr schreibe, ihr Bett, in dem sie nicht mehr schlafen könne. Denn sie brauche nichts. Niemand brauche etwas, aber alle täten so, als bräuchten sie alles. Sie aber nicht. Sie nicht mehr. Sie wolle nichts. Sie wolle einen Film drehen über Nichts, Gedichte schreiben über Nichts, Romane schreiben, tausend Seiten, über Nichts. Sie wolle sich befreien, alles abwerfen, alles vergessen. Sie sei achtundzwanzig und habe nicht mehr viel Zeit. Sie wolle sich beschränken, jetzt, auf das Wesentliche, auf das Existenzielle, auf das Unentbehrliche, auf das absolut Unentbehrliche, auf das Wirkliche, auf das absolut Wirkliche.
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