1.2.5Das agile Manifest als Basis agiler Vorgehensmodelle
Wer sich mit Agilem Projektmanagement beschäftigt, hat sicherlich schon vom „Agilen Manifest“ gehört. Dieses ist der gemeinsame Nenner, auf den sich verschiedenste Vertreter von Softwareentwicklungsmethoden im Jahre 2001 geeinigt haben. Insgesamt 17 von ihnen haben hierin ihre gemeinsame Vorstellung bezüglich agiler Softwareentwicklung zusammengetragen. U.a. auch die Begründer von Scrum, Jeff Sutherland und Ken Schwaber, aber auch der Begründer von Extreme Programming (XP) Kent Beck. Das Agile Manifest umfasst insgesamt vier sich gegenseitig gegenübergestellte Wertepaare und zwölf einzelne Prinzipien.
1.2.6Die vier Wertepaare des Agilen Manifests
Die Wertepaare des agilen Manifests stellen jeweils zwei Wertepaare gegenüber. Letztlich schätzen die Verfasser des Agilen Manifests alle diese Values als wichtig ein. Jedoch werden die Values auf der linken Seite der Grafik wichtiger als die auf der rechten Seite eingeschätzt. Es ist demnach eine unterschiedliche Gewichtung vorhanden.
Individuen und Interaktionen über Prozesse und Werkzeuge
Oft wird in Projekten versucht, Kommunikation oder Fortschritt-Tracking anhand von Tools oder Prozessen zu implementieren. Man versucht also Kommunikation zu organisieren oder auch Prozesse im Projekt zu standardisieren. Dies geschieht mit dem Hintergedanken, dass, wenn alles eindeutig mit Prozessen definiert ist und die richtigen Tools eingesetzt werden, das Projekt erfolgreich sein muss. Die Annahme ist: Der Mensch hat sich diesen Prozessen und Tools zu „unterwerfen“ – und wenn er dies tut, dann wird auch das Projekt erfolgreich sein.

Abbildung 4: Wertpaare des Agilen Manifests
Im Gegensatz hierzu geht man im Rahmen des Agilen Manifests davon aus, dass persönliche Kommunikation und Interaktion zwischen Menschen bzw. Projektteammitgliedern immer einer Lösung zuträglich sind. Es werden also weniger ein Tool oder ein Prozess in den Vordergrund gestellt, sondern der Mensch selbst mit seinen ganzen kommunikativen Fähigkeiten und seiner Motivation. Hier geht man davon aus, dass dies ausreicht, um effektiv und erfolgreich in der Projektarbeit zu sein.
Funktionierende Software über umfassender Dokumentation
Letztlich fasst dieses Wertepaar zusammen, dass es darum geht, ein funktionierendes Produkt bzw. eine funktionierende Software zu entwickeln. Oft wird im Projekt insbesondere in der Fachkonzeption viel Wert auf Dokumentation gelegt. Es werden sehr viele Dokumente – wie beispielsweise Fachkonzepte, Fachspezifikationen etc. – produziert, die letztlich nur indirekt benötigt werden oder final auch nicht in das Endprodukt eingehen. Das Agile Manifest stellt mit diesem Wertepaar sicher, dass es letztlich nicht um Zwischenberichte, sondern rein um das Endprodukt geht. Alles andere ist zwar schönes Beiwerk, jedoch nicht primäres Projektziel bzw. Hauptendprodukt des Projektes. Insofern wird hierauf so viel wie möglich verzichtet.
Kooperation mit dem Kunden über Vertragsverhandlungen
Oft ist es im Rahmen von IT-Projekten so, dass alle Leistungen, die in ein Produkt oder eine Software einfließen müssen, auch vertraglich festgehalten werden. Es geht hierbei auch viel Zeit in die Verhandlung und beispielsweise das nachgelagerte Servicelevel und Servicemanagement. Oft wird gerade bei Dienstleisterbeziehungen mehr darüber diskutiert, welche Leistungen und Produkteigenschaften in einem Vertrag festgehalten werden und welche nicht. Gerade in Projekten der App- und Softwareentwicklung fließt oft viel Zeit in vertragliche und rechtliche Diskussionen, anstatt einfach weiter am Produkt zu arbeiten. Das Agile Manifest löst sich von dieser sehr vertraglichen und rechtlichen Sicht und fokussiert sich auf die Produktentwicklung und der Bereitstellung von Dienstleistungen. Es stellt damit auch den Kunden in den Mittelpunkt. Das oberste Ziel ist, auf pragmatische Weise Lösungen mit dem Kunden zu erarbeiten. Der Maßstab ist absolute Kundenzufriedenheit. Diese wird als höher und wichtiger angesehen als rechtliche Verträge bzw. Vertragsverhandlungen.
Reaktion auf Veränderung über Planerfüllung
Planung ist ein essenzieller Bestandteil des klassischen Projektmanagements. Es wird viel Zeit mit Projektplanung verbracht, und damit die genaue Erfüllung dieser Pläne. Diese Sicht ist, wenn man die agile „Brille“ aufzieht, sehr starr. Im Rahmen von agilen Projekten stehen die kurzfristige Anpassung und Adaption auf sich verändernde Rahmenbedingungen absolut im Vordergrund. Flexibel zu reagieren hat absoluten Vorrang vor Planerfüllung. Deswegen werden insbesondere in Kanban auch keine detaillierten Projektpläne für die gesamte Projektlaufzeit erstellt.
Die 12 Prinzipien des Agilen Manifests
Die 12 Prinzipien im Agilen Manifest konkretisieren die Botschaften aus den vier Wertepaaren. Die in der Grafik dargestellten Prinzipien wurden dem Agilen Manifest entnommen und so dargestellt, wie du diese auch im Netz finden kannst. Wir wollen die Prinzipien an dieser Stelle unkommentiert lassen. Sie stehen so, wie sie formuliert sind, für sich und bedürfen aus unserer Sicht keiner weiteren Konkretisierung oder Interpretation.
Kundenzufriedenheit
Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen.
Anforderungsänderungen als Wettbewerbsvorteil
Heiße Anforderungsänderungen selbst spät in der Entwicklung willkommen! Agile Prozesse nutzen Veränderungen zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.
Regelmäßige Auslieferung in kurzen Zeitspannen
Liefere funktionierende Software regelmäßig innerhalb weniger Wochen oder Monate und bevorzuge dabei die kürzere Zeitspanne!
Tägliche Zusammenarbeit im Projekt
Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.
Teams aus motivierten Individuen
Errichte Projekte rund um motivierte Individuen. Gib ihnen das Umfeld und die Unterstützung, die sie benötigen, und vertraue darauf, dass sie die Aufgabe erledigen!
Kommunikation von Angesicht zu Angesicht
Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
Funktionierende Software
Funktionierende Software ist das wichtigste Fortschrittsmaß.
Nachhaltigkeit
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