„Ich will es dir morgen sagen, oder schon heute abend in der Herberge“, sagte Upp.
Es war ein wilder Kampf in ihm. Aber sein trockenes, märkisches Jungbauerngesicht liess davon nichts erkennen.
Dann gingen sie zwei und zwei die schöne französische Landstrasse entlang, die südlich der Forts von Montbéliard an den Fluss Doubs führt. Der kommt aus dem schweizerischen Bergland herüber und läuft an der Festung Besançon vorbei.
„Das erstemal hab’ ich mich in Belfort anwerben lassen,“ sagte Zahn; „denn ich war eilig. Und als ich damals — der Land- und Fahnenflüchtige — den Fuss auf welsche Erde setzte, bin ich auf die Knie gesunken und habe die Arme in heisser Dankbarkeit emporgestreckt zu meinem Gott. Und nach Belfort hab’ ich mich in närrischer Heimatsehnsucht schicken lassen, als ich die Türen der Kasernen von Sidi-bel-Abbès hinter mir zugeschlagen hatte. Nun schäm’ ich mich, in Belfort wieder anzuklopfen, weil sie dann sehen, dass ich für nichts mehr zu gebrauchen bin. Darum will ich nach Besançon.“
Valentin Upp, der mit einigem Abstand samt dem Schreiner im zweiten Gliede marschierte, ging dahin wie ein Bauer über seinen Acker. Er sann so vor seinen Schritten in den Sand, und doch war es ihm manchmal, als wolle ihm das Herz aus der Brust herausfliegen und aufwirbeln, den Frühlingslerchen nach.
Der Schreiner war ganz still geworden. Als ihn Upp geradeheraus fragte, was er zu dem Vorhaben des Bayern denke, sagte er: „Der Mensch ist ein Windhund.“ Er pflegte seine Vergleiche immer aus der Tierwelt zu nehmen, und Upp merkte, dass er nun alle Luken an sich verschlossen hatte.
Sie schliefen in dieser Nacht in einer Strohdieme auf dem Felde und erreichten auch am folgenden Tage Besançon nicht. Da sassen sie abends in einer Dorfschenke, und Valentin Upp erklärte dem Legionär, er wolle sich mit anwerben lassen.
„Junge, Junge!“ sagte der. Freude und Warnung klang in seinen Ruf. Dann sah er ihm scharf in die Augen und sprach: „Einem wie dir geht’s nicht schlecht in der Legion — du bist ein ordentlicher Kerl und hast Geld. Mit diesen beiden Dingen kommst du durch die Welt. Für einen Centime kaufst du dir in Afrika Hände, die für dich frönen. Nur marschieren, marschieren musst du selber.“
Upp wollte die Sache auch gleich nach Hause berichten, aber der Legionär redete es ihm aus. „Du machst den Alten das Herz schwer“, sagte er. „Entweder wissen sie nicht, was die Legion ist ...“
„O la la, mein Grossvater war 70 Reiterkorporal! ...“
„Oder sie wissen es falsch — aus verrückten Büchern und so. In ein paar Tagen sind wir in Afrika, dann hast du zum Schreiben Zeit genug, und es ist ein ganz anderes Ding; denn es sind dir dann viele Bilder durch die Augen gelaufen.“
Dabei liessen sie es bewenden. Und über den Sorgen und Hoffnungen der beiden Jungen leuchtete die Wahrheit: es ist ein gescheiter Mann bei uns, den die Sehnsucht nach der Legion wieder aus seinem Vaterlande getrieben hat.
Sie schliefen in dieser Nacht in der Scheune, die zu der Schenke gehörte.
Am Morgen hatte sich der Schreiner aus dem Staube gemacht. Es hat ihn keiner davongehen sehen.
Nun war es Tag. Der Tag, an dem Valentin Upp neunzehn Jahre alt wurde. Und in der ersten Dämmerung dieses Tages, in dem das fremde Leben stand und sein „los!“ rief, hatte der Schreiner den Schlupf gefunden und war entwischt.
Der Bayer schickte ihm ein paar schnodderige Redensarten nach, aber der Legionär verbot es ihm: „Wer daheim sein Nest hat, soll nicht übers Meer fliegen.“
Dies Wort fiel Valentin Upp ins Herz ... Ein Nest hatte er gehabt, aber er hatte auf dem Rand gesessen, weil für ihn nicht recht Platz darin war.
Danach zogen sie die Strasse nach Besançon.
Zahn erklärte ihnen im Vorüberschreiten die starke Befestigung in allen Teilen. Der Fluss Doubs bildete einen breiten natürlichen Graben vor den Wällen.
Als sie in die Stadt kamen, fragte Zahn gleich nach dem Werbebureau der Fremdenlegion.
Sie fanden es, und nun ging alles ohne Aufenthalt vor sich. Es wurde Einblick in ihre Papiere genommen, die Gesichter der Offiziere und Soldaten wurden vergnügt, weil einer dabei war, der schon nach fünf Wochen wiederkam. Sie wurden zur Untersuchung geführt und für tauglich erklärt und mussten ihre Unterschrift auf einen Schein setzen, die sie für fünf Jahre der Legion verpflichtete und durch die jeder ausdrücklich auf eine Versorgung über seine Dienstzeit hinaus Verzicht leistete.
Dann bekamen sie einen Fahrschein, der in grossen roten Lettern ihnen freie Reise nach Marseille verbürgte und mit dem sie durch keine Perronsperre Frankreichs wieder hinaus in die Welt gelangten. Jeder erhielt noch einen Frank als Zehrgeld und ein Brot. Und nachmittags gegen fünf Uhr stiegen sie ohne jede weitere militärische Begleitung in den Zug, der sie an das Ufer des Mittelmeeres führte.
„Up!“ sagte der alte Legionär und drückte sich in einer Art von Heimatfreude in den Winkel des Abteils.
„Grossartig!“ bestätigte der Schuster.
Dem Märker brauste es in Herz und Ohren.
Signale ertönten. In das erste Rollen der Räder schlugen harte Türen.
... Aus!
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