Antipholis von Ephesus.
Ich habe nicht so viel baares Geld bey mir, und überdas hab' ich Geschäfte in der Stadt; mein lieber Herr, führt den Fremden in mein Haus, und nehmt die Kette mit euch, und saget meiner Frau, daß sie euch nach Empfang derselben bezahlen soll; vielleicht bin ich so bald dort, als ihr.
Angelo.
Wollt ihr also die Kette nicht lieber selbst mitbringen?
Antipholis von Ephesus.
Nein, tragt ihr sie hin, auf den Fall, daß ich etwann nicht früh genug kommen könnte.
Angelo.
Ganz gut, mein Herr; habt ihr die Kette bey euch?
Antipholis von Ephesus.
Wenn ich sie nicht habe, Herr, so hoff' ich, ihr habt sie; oder ihr könnt ohne euer Geld wieder fortgehen.
Angelo.
Nein, mein Herr, ich bitt' euch, gebt mir die Kette; Wind und Fluth warten auf diesen Herrn hier, ich darf ihn nicht länger aufhalten.
Antipholis von Ephesus.
Mein guter Herr, ihr wollt vermuthlich mit dieser Schäkerey entschuldigen, daß ihr euer Wort nicht gehalten und ins Stachelschwein gekommen seyd: Ich hätte euch deßwegen ausschelten sollen, aber ihr macht es wie die bösen Weiber; wenn sie Keiffe verdient haben, so fangen sie zuerst an zu schnurren.
Kauffmann.
Die Zeit verläuft; ich bitte euch, mein Herr, beschleunigt die Sache.
Angelo.
Ihr hört ja selbst wie er mir's macht; die Kette – –
Antipholis von Ephesus.
Gebt sie meiner Frauen, sag' ich ja, und laßt euch euer Geld geben.
Angelo.
Kommt, kommt, ihr wißt ja, daß ich sie euch nur erst gegeben habe. Entweder schikt die Kette, oder gebt mir sonst ein Merkzeichen mit, wodurch ich mich eurer Frauen legitimiren kan.
Antipholis von Ephesus.
Fy, Herr, ihr treibt den Spaß zu weit; kommt, wo ist die Kette; ich bitt' euch, laßt mich sie sehen.
Kauffmann.
Meine Geschäfte können diese Kurzweile nicht aushalten; mein Herr, erklärt euch, ob ihr mich bezahlen wollt oder nicht; wenn nicht, so will ich ihn dem Gerichtsdiener überlassen.
Antipholis von Ephesus.
Ich euch bezahlen? Was soll ich euch bezahlen?
Angelo.
Das Geld, so ihr mir für die Kette schuldig seyd.
Antipholis von Ephesus.
Ich bin euch kein Geld schuldig, bis ich die Kette habe.
Angelo.
Ihr wißt, daß ich sie euch vor einer halben Stunde gegeben habe.
Antipholis von Ephesus.
Ihr habt mir nichts gegeben; ihr thut mir Unrecht, wenn ihr das sagt.
Angelo.
Ihr thut mir grössers Unrecht, Herr, daß ihr's läugnet; bedenket, daß mir mein Credit darauf steht.
Kauffmann.
Wohlan, Gerichtsdiener, arretirt ihn auf mein Ansuchen.
Gerichtsdiener.
Ich thu es, und befehl euch hiemit in des Herzogs Namen mir zu folgen.
Angelo.
Das greift meine Ehre an. Entweder bezahlt das Geld für mich, oder ich versichre mich eurer durch diesen Gerichtsdiener.
Antipholis von Ephesus.
Ich soll für etwas bezahlen, das ich nie empfangen habe? Laß mich arretiren, du närrischer Kerl, wenn du das Herz hast.
Angelo.
Gerichtsdiener, hier ist dein Tax; sez' ihn feste; ich wollte meines eignen Bruders nicht schonen, wenn er mir so niederträchtig begegnete.
Gerichtsdiener.
Mein Herr, ich arretire euch; ihr habt gehört, daß es an mich gefordert wird.
Antipholis von Ephesus.
Ich unterwerfe mich dir, bis ich dir Bürgschaft stellen werde. Aber ihr, Bursche, sollt mir diesen Spaß so theuer bezahlen, daß alles Metall in euerm Laden nicht zureichen soll.
Angelo.
Herr, Herr, ich will wol Justiz in Ephesus finden, und ihr werdet wenig Ehre davon haben, das glaubt mir.
Inhaltsverzeichnis
Dromio von Syracus zu den Vorigen.
Dromio von Syracus.
Herr, es ist eine Barke von Epidamnum, die nur noch so lange wartet, bis der Schiffspatron an Bord kommt, und dann gleich absegelt. Ich habe unser Gepäke schon an Bord gebracht, und das Oel, den Balsam und den Aquavit gekauft. Das Schiff ist wohl geladen, es bläßt ein muntrer Wind vom Land her; und man wartet nur noch auf den Patron und auf euch.
Antipholis von Ephesus.
Was, zum Henker, bist du toll? Du dummer Schöps, was für ein Schiff von Epidamnum wartet auf mich?
Dromio von Syracus.
Ein Schiff, worauf ihr mich geschikt habt, unsre Ueberfahrt zu miethen.
Antipholis von Ephesus.
Du besoffner Schurke, ich schikte dich um ein Seil, und sagte dir, wozu ich es brauchen wollte.
Dromio von Syracus.
Ich weiß von keinem Seil, ich; ihr schiktet mich an die Rhede, Herr, um ein Schiff.
Antipholis von Ephesus.
Ich will diese Materie zu einer andern Zeit berichtigen, und deine Ohren lehren besser aufzumerken, wenn ich dir was sage. Lauf izt straks zu Adriana, du Galgenvogel, gieb ihr diesen Schlüssel, und sag' ihr, in dem Pult, der mit Türkischer Tapezerey überzogen ist, werde sie einen Beutel mit Ducaten finden, den sie mir schiken soll; sag' ihr, ich sey auf der Strasse arretirt worden, und dieses müsse mich loskauffen; pake dich, Sclave, geh'; – – Nur fort, Gerichtsdiener, ins Gefängniß bis es kommt.
(Sie gehen ab.)
Dromio von Syracus.
Zu Adriana! Das ist ja, wo wir zu Mittag gegessen haben, und wo Dowsebel mir zumuthete, daß ich ihr Mann seyn müsse; ich hoffe sie ist zu dik, als daß wir zusammenpassen könnten. Indessen muß ich doch gehen, weil es mein Herr so haben will. (ab.)
Inhaltsverzeichnis
Verwandelt sich in des Ephesischen Antipholis Haus.
Adriana und Luciana treten auf.
Adriana.
Ah, Luciana, sezt' er dir so zu? Sahest du es würklich in seinen Augen, daß es ihm Ernst war? Sah' er roth oder blaß aus, verdrießlich oder aufgeräumt? Was für Beobachtungen machtest du über die Meteore seines Herzens, die in seinem Gesichte kämpften?
Luciana.
Fürs erste, so läugnete er, daß ihr ein Recht an ihn habet.
Adriana.
Er meynt', er lasse mir mein Recht nicht wiederfahren.
Luciana.
Hernach schwur er, er sey hier fremde.
Adriana.
Und schwur die Wahrheit, ob er gleich dadurch meineydig wurde.
Luciana.
Und da nahm ich eure Parthey.
Adriana.
Und was sagt' er dazu?
Luciana.
Die Liebe, um die ich ihn für euch bat, erbat er von mir.
Adriana.
Durch was für Ueberredungen sucht' er eure Liebe zu gewinnen?
Luciana.
Durch Worte, die bey ehrlichen Absichten hätten bewegen können; er lobte zuerst meine Schönheit, hernach meinen Verstand.
Adriana.
Redtest du freundlich mit ihm?
Luciana.
Seyd geduldig, ich bitte euch.
Adriana.
Ich kan nicht mehr still halten, ich will nicht; ich will wenigstens meiner Zunge den Lauf lassen. Er ist ungestalt, krumm-beinicht, alt und kalt, häßlich, mißgeschaffen, lasterhaft, ungesittet, albern, grob und unartig; eine Mißgeburt am Leib, und noch schlimmer am Gemüth.
Luciana.
Wie mögt ihr denn über so einen eifersüchtig seyn? Man beweint den Verlust eines Uebels nicht, dessen man los worden ist.
Adriana.
Ach! ich denk' ihn doch besser als ich sage; mein Herz betet für ihn, ob ihm gleich meine Zunge flucht.
Inhaltsverzeichnis
Dromio von Syracus zu den Vorigen.
Dromio von Syracus (ausser Athem.)
Hier, geht; der Pult, der Beutel; ich bitt' euch, macht hurtig.
Luciana.
Wie bist du so aus dem Athem gekommen?
Dromio von Syracus.
Weil ich stark geloffen bin.
Adriana.
Wo ist dein Herr, Dromio? Ist er wohl?
Dromio von Syracus.
Nein, er ist im Tartar-Limbo, der noch ärger als die Hölle selbst ist. Ein Teufel in einem immerwährenden Rok hat ihn; einer, dessen Herz mit Stahl zugeknöpft ist; ein böser Feind, eine unbarmherzige Furie, ein Wolf, nein, noch was ärgers, ein Kerl über und über in Büffelsleder; ein Rüken-Freund, ein Schulter-Klopfer, einer der die Zugänge der Strassen, die Schiff-Länden und enge Pässe besezt; einer der, vor Gericht, arme Seelen zur Hölle führt; mit einem Wort, Frau, ein Gerichtsdiener.
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