Sabine Franz - Krebsdiagnose für Anfänger

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Eine Krebsdiagnose reißt jeden Betroffenen aus seinem ­Alltag – das muss auch Sabine Franz, Chefinspizientin eines renommierten Opernhauses in Berlin, erfahren. Lange gelingt es ihr, im stressigen Opernalltag oder auf Tourneen, die Diagnose zu verdrängen, sich einzureden, die eigene Erkrankung sei anders, verlaufe anders und sei mit dramatischen Verlaufsformen nicht zu vergleichen.
Doch mit stetig häufigeren Arztbesuchen wird die sich zurechtgelegte Fassade brüchiger, schleichen sich Zweifel und Ängste in die Selbstwahrnehmung, werden Augen­blicke kostbarer.
Offen und ehrlich berichtet Sabine Franz von ihrem Versuch, sich nicht allzu sehr auf das Thema Krebs einzulassen und der Erfahrung, doch nicht daran vorbeizukommen. Ein Bericht, der Verständnis ermöglicht und Mut macht – und nicht nur nebenbei Einblicke in einen faszinierenden Beruf vermittelt.

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Schon als Kind wirbelte Sabine Franzdurch ihren Alltag. Schauspiel, Sport, Schach, Musik, aber vor allem Ballett und Bücher gehörten zu ihren Interessen. Nach einer strengen siebenjährigen Ausbildung zur professionellen Balletttänzerin wurde sie im Alter von 17 Jahren an einem Berliner Opernhaus engagiert. Eine lehrreiche, herausfordernde, schöne Zeit auf der Bühne folgte. Mit dem Ende ihrer aktiven Tänzerlaufbahn verschlug es sie zu einem Studium der Ballettnotation nach London, welches ihr dazu verhalf, ihren Traumberuf als Ballettmeisterin und Choreografin fast zehn Jahre lang auszuüben. Mit der Auflösung der Berliner Ballettcompanien musste sie sich neu orientieren und wechselte von der Tanz- in die Opernwelt, um im Beruf als Inspizientin völlig von vorn zu beginnen.

Nach zahlreichen Erfahrungen als Stage Manager sowohl im Opernrepertoirebetrieb wie auch z. B. beim Richtfest auf der Baustelle am Berliner Potsdamer Platz 1998 oder den sechs Sommern auf der großen Seebühne bei den Bregenzer Festspielen wurde sie 2008 zur Chefinspizientin ihres Theaters, dem sie schon seit 42 Jahren die Treue hält, ernannt.

Sie hat einen erwachsenen Sohn und lebt mit ihrem zweiten Ehemann in Berlin.

Sabine Franz

Krebsdiagnose für Anfänger

Zwischen Zauberflöte und Leukozyten

Ein sehr persönlicher Erfahrungsbericht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche - фото 1

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.

© 2021 by R. G. Fischer Verlag

Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main

Alle Rechte vorbehalten

Schriftart: Times New Roman

Herstellung: rgf/bf/1B

ISBN 978-3-8301-1865-7 EPUB

Für H – G – F – T ohne dich wäre dies eine andere Erzählung

Inhalt

Montag, 14. Mai 2018 Montag, 14. Mai 2018 »Leider ist es bösartig. Sie müssen sofort mit einer Chemotherapie beginnen.« Ich stehe auf dem Treppenabsatz und schaue in das besorgte Gesicht unseres Betriebsarztes. Die Maisonne knallt durch die riesige Glasfront. Durch das Gebäude hallen die lebhaften und lauten Begrüßungen der Kollegen Theatermenschen an einem gewöhnlichen Montagmorgen. Die Luft vibriert voller positiver Energie und Emotionen. Tolle Aufgaben stehen an, künstlerische Herausforderungen warten, schwierige Projekte liegen vor uns. Die medizinischen Einzelheiten fliegen an meinem Kopf vorbei, bis der Doktor registriert, dass ich schon zum zweiten Mal vorschlage, für dieses Gespräch doch besser kurz in sein elf Treppenstufen entferntes Büro zu gehen. Dort angekommen, schiebt er mir den Brief der Pathologie herüber. Das Einzige, was ich in diesem Moment wahrnehme, sind die Begriffe Tumor und Krebsstufe, dazu den abschließenden Satz: »Eine Eintragung in das deutsche Krebsregister ist erfolgt.« Aha, jetzt bin ich also kategorisiert. Plötzlich gehöre ich zu einer »anderen« Gruppe. Krebskrank! Mir schießt durch den Kopf: »Nicht so schnell, nichts übereilen. Hattest du dir nicht vor Jahren geschworen, niemals eine Chemotherapie machen zu wollen? Egal, wie die Diagnose aussieht?« Ich frage den Arzt, ob ich zwei Wochen Zeit habe, um in Ruhe nachzudenken. »Ja, natürlich«, antwortet er. »Gehen Sie heute erst einmal zum Fädenziehen und dann sehen wir weiter.« Und jetzt passiert etwas Merkwürdiges. Wie ein Außenstehender beobachte ich mich selber dabei, wie ich geradezu erleichtert die Arztpraxis verlasse, mit Energie und guter Laune in das Bühnenhaus und auf die Probebühne gehe, mit den Vorbereitungen beginne, mit der Souffleuse scherze und die Probe für eine völlig verrückte, komplizierte Schostakowitsch-Oper mit regelrechtem Spaß absolviere. Was ist das? Bin ich erleichtert, endlich zu wissen, warum ich seit einem Jahr schon das Gefühl habe, mein Körper spiele nicht mehr richtig mit? Gewissheit zu haben und nicht mehr den hartnäckigen nächtlichen Gedankenspielen ausgeliefert zu sein? Warum ich so kaputt, so müde war? Diese leichten Schwindelanfälle gelegentlich? Oder ist da auch eine Prise von einem ganz anderen Gedankengang, welcher mich schon seit Lennys Krebstod vor vierzehn Jahren beschäftigt, dabei?

Rückblende, sechs Monate zuvor

Zurück im Mai

Frühsommer

Herbst

Spätwinter

Frühsommer 2019

August 2019

Die Chemo

Winter

Freitag, 21. Februar 2020

Epilog 2020

Danksagung

Montag, 14. Mai 2018

»Leider ist es bösartig. Sie müssen sofort mit einer Chemotherapie beginnen.«

Ich stehe auf dem Treppenabsatz und schaue in das besorgte Gesicht unseres Betriebsarztes. Die Maisonne knallt durch die riesige Glasfront. Durch das Gebäude hallen die lebhaften und lauten Begrüßungen der Kollegen Theatermenschen an einem gewöhnlichen Montagmorgen. Die Luft vibriert voller positiver Energie und Emotionen. Tolle Aufgaben stehen an, künstlerische Herausforderungen warten, schwierige Projekte liegen vor uns.

Die medizinischen Einzelheiten fliegen an meinem Kopf vorbei, bis der Doktor registriert, dass ich schon zum zweiten Mal vorschlage, für dieses Gespräch doch besser kurz in sein elf Treppenstufen entferntes Büro zu gehen.

Dort angekommen, schiebt er mir den Brief der Pathologie herüber.

Das Einzige, was ich in diesem Moment wahrnehme, sind die Begriffe Tumor und Krebsstufe, dazu den abschließenden Satz: »Eine Eintragung in das deutsche Krebsregister ist erfolgt.«

Aha, jetzt bin ich also kategorisiert. Plötzlich gehöre ich zu einer »anderen« Gruppe.

Krebskrank!

Mir schießt durch den Kopf: »Nicht so schnell, nichts übereilen. Hattest du dir nicht vor Jahren geschworen, niemals eine Chemotherapie machen zu wollen? Egal, wie die Diagnose aussieht?«

Ich frage den Arzt, ob ich zwei Wochen Zeit habe, um in Ruhe nachzudenken.

»Ja, natürlich«, antwortet er. »Gehen Sie heute erst einmal zum Fädenziehen und dann sehen wir weiter.«

Und jetzt passiert etwas Merkwürdiges.

Wie ein Außenstehender beobachte ich mich selber dabei, wie ich geradezu erleichtert die Arztpraxis verlasse, mit Energie und guter Laune in das Bühnenhaus und auf die Probebühne gehe, mit den Vorbereitungen beginne, mit der Souffleuse scherze und die Probe für eine völlig verrückte, komplizierte Schostakowitsch-Oper mit regelrechtem Spaß absolviere.

Was ist das?

Bin ich erleichtert, endlich zu wissen, warum ich seit einem Jahr schon das Gefühl habe, mein Körper spiele nicht mehr richtig mit?

Gewissheit zu haben und nicht mehr den hartnäckigen nächtlichen Gedankenspielen ausgeliefert zu sein?

Warum ich so kaputt, so müde war? Diese leichten Schwindelanfälle gelegentlich?

Oder ist da auch eine Prise von einem ganz anderen Gedankengang, welcher mich schon seit Lennys Krebstod vor vierzehn Jahren beschäftigt, dabei?

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