Du siehst: Die Sachebene spielt bei unserer täglichen Kommunikation eine untergeordnete Rolle.
Komplizierter wird es dagegen auf der Ebene der selbstoffenbarung:Jede einzelne Aussage verrät auch etwas über uns selbst. Schweigen ist deshalb die wirksamste Methode, nichts von sich preiszugeben und sich nicht angreifbar zu machen. Das Beispiel des Liebespaares zeigt dagegen, wie viel Verletzlichkeit eine Frage offenbaren kann – „Liebst du mich noch?“ kann auf dieser Ebene aussagen: „Ich fühle mich ungeliebt“, oder: „Ich brauche mehr Zuneigung.“
Neben Sachinhalt und Selbstoffenbarung bildet die Appellebenedie dritte Dimension einer Botschaft: Mit jeder Nachricht, die wir aussenden, möchten wir etwas bewirken. Manchmal ist dieser Appell direkt formuliert („Schatz, hol mir ein Bier!“) oder auch nur indirekt („Schatz, das Bier ist alle!“). Die Frage „Liebst du mich noch?“ beinhaltet den Appell „Zeig mir deine Liebe!“.
Schließlich vervollständigt die Beziehungsebeneeiner Nachricht die Darstellung ihrer vier Ebenen: Alles, was wir zu einem anderen sagen, sagt auch etwas über unser Verhältnis zu diesem Menschen aus. Diese Ebene umschließt vor allem die sogenannten Du- und Wir-Botschaften und zeigt, wie Sender und Empfänger zueinander stehen. In unserem Beispiel sagt die Beziehungsebene aus: „Wir sind ein Paar und sollten uns unsere Liebe zeigen.“
Anatomie der Kommunikation
Nach diesem Überblick über Sach-, Selbstoffenbarungs-, Appell- und Beziehungsebene einer Nachricht fragst du dich vielleicht: Wozu nützt diese Anatomie der Kommunikation? Anhand einfacher Tipps und Übungen möchte ich dir zeigen, wie du dieses Wissen einsetzen kannst, um die Auseinandersetzungen und Streits deines Alltags nachzuvollziehen und künftig zu vermeiden.
Doch vorher einige wichtige Ergänzungen zum vierseitigen Modell von Botschaften, das ich dir beschrieben habe:
Jeder Mensch hat andere Gewohnheiten, wenn er eine Nachricht „sendet“. Manche Menschen betonen häufiger die Sachebene, andere die Beziehungsebene. Dabei haben einige gekonnt Strategien entwickelt, um in Gesprächen überlegen zu wirken – indem sie beispielsweise die Sachebene überbetonen und die Selbstoffenbarung so gering wie möglich halten.
Jeder Mensch hat andere Gewohnheiten, wenn er eine Nachricht „empfängt“. Viele hören primär die Appellebene einer Botschaft heraus – und interpretieren deshalb vieles als Vorwurf.
Kommunikation ist ein Spiel zwischen Sender und Empfänger: In Verbindung mit nonverbalen Gesten, der Mimik oder dem Tonfalllassen sich vielschichtige Botschaften senden.
Wenn mein Mann beispielsweise schmollt, jedoch auf die Frage „Ist alles in Ordnung mit dir?“ ein trotziges „Ja, alles gut!“ von sich gibt und weiterhin schweigt, dann weiß ich natürlich: Was er sagt, ist nicht das, was er meint! Die Appellebene könnte nämlich entweder lauten: „Kümmere dich um mich und frage weiter nach!“, oder: „Ich brauche meine Ruhe!“
Tipps und Übungen für erfolgreiche Kommunikation
Wie versprochen folgen nun ein paar praktische Ratschläge für den Alltag. Ich habe sie selbst ausprobiert. Sie helfen dir, deine eigenen Kommunikationsgewohnheiten zu erkennen und dein Gegenüber zu verstehen.
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Erinnerst du dich an deinen letzten Streit? Welche Aussage war dabei die Wurzel der Auseinandersetzung? Welche Botschaft wurde missverstanden und welche Ebenen haben sich dabei vermischt? Analysier diese Botschaft und notier dir die Sach-, Selbstoffenbarungs-, Beziehungs- und Appellebene der Nachricht. |
Kleine Übung
ERSTELL EINE LISTE
Mein letzter Streit
Sachebene:
Selbstoffenbarung:
Beziehungsebene:
Appellebene:
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Wann hast du das letzte Mal auf eine Aussage besonders emotional oder aggressiv reagiert? Hast du dabei möglicherweise nur eine Seite der Nachricht herausgehört und die Selbstoffenbarungsebene ignoriert? Wenn du dich durch eine Aussage verletzt oder provoziert fühlst, achte auf die versteckte Selbstoffenbarungsseite der Nachricht: Möglicherweise möchte dir dein Gegenüber gar keinen Vorwurf machen, sondern gibt etwas Wichtiges von sich selbst preis – etwa Verletzlichkeit, emotionale Bedürftigkeit, Unsicherheit oder einfach nur schlechte Laune. |
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Wenn du ein heikles Thema ansprechen möchtest, ob in der privaten Beziehung oder beruflich: Sende Ich-Botschaften statt Du- oder Wir-Nachrichten. So betonst du die Selbstoffenbarungsebene. Deine Aussagen werden dann weniger als Vorwurf oder Appell interpretiert. Formulier deshalb Sätze wie „Sie haben Ihre Arbeit nicht erledigt!“ oder „Du hast schon wieder dein Geschirr stehen lassen!“ um in: „Ich kann diese Aufgabe nicht alleine bewältigen, sondern benötige Ihre Mitarbeit“, und: „Ich fühle mich wohler, wenn die Küche sauber ist und wir uns den Haushalt teilen. Wie können wir die Aufgaben künftig so aufteilen, dass wir beide zufrieden sind?“ |
Sende Ich-Botschaften!
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Vermeide zweideutige Botschaften, bei denen die Ebenen der Nachricht oder deine nonverbale Mitteilung auseinanderdriften: Wenn du selbst schmollst und dein Partner fragt, ob alles in Ordnung ist, antworte nicht mit einem trotzigen „Ja“. Sag konkret, was du möchtest: Willst du einfach in Ruhe gelassen werden oder bist du wegen irgendetwas verletzt? Eindeutig zu kommunizieren ist der Schlüssel! |
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