Wir wünschen uns für dieses Buch, dass es Führungskräfte und Mitarbeiter in die Lage versetzt, sich für das geeignetste gesellschaftliche Projekt zu entscheiden, sich die richtigen Partner zu suchen und die Initiativen zu seiner Verwirklichung optimal zu gestalten. Möge es Ihnen helfen, in Ihrem Hause Unterstützung zu mobilisieren und Begeisterung zu wecken für Ihre Vorhaben und Vorschläge, und möge es Sie anregen, Programme zu entwickeln, die sich für künftige Fallstudien empfehlen. Unsere vielleicht wichtigste Hoffnung aber ist, dass Ihr Abschlussbericht dereinst mit großen Erfolgen sowohl für Ihr Unternehmen als auch für die gute Sache aufwarten kann, die Sie sich auf die Fahnen geschrieben haben.
1. Gute Absicht reicht nicht: Warum die eine Social Initiative scheitert und die andere gelingt
Sobald sich dieser Nebel verzieht, wird sich zeigen, dass ein Unternehmen für etwas stehen muss – dass es für mehr verantwortlich ist als nur für das Geld, das es erwirtschaftet.1
Jeffrey Immelt, Chairman und CEO, General Electric, auf der Jahreskonferenz der Unternehmensinitiative Business for Social Responsibility im November 2008
In seinem häufig zitierten Aufsatz »The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits« aus dem Jahr 1970 erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman, Unternehmen seien letztlich zu nichts anderem da, als »für die Geldgeber eine maximale Rendite zu erwirtschaften«2. Heute, rund vier Jahrzehnte später, ist dies keineswegs die Mehrheitsmeinung, wie öffentliche Statements von Wirtschaftsgrößen wie dem oben zitierten General-Electric-CEO Jeffrey Immelt und Umfragen in der Bevölkerung belegen. Eine von Cone Communications durchgeführte Befragung von Kunden in zehn Ländern ergab, dass nur sechs Prozent der Ansicht sind, Unternehmen sollten sich darauf beschränken, Geld zu verdienen.3 (Vgl. Abbildung 1)
ABBILDUNG 1: Die überwiegende Mehrheit der im Rahmen der Cone / Echo Global CR Opportunity Study 2011 befragten Verbraucher war der Überzeugung, dass die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen über die reine Gewinnerwirtschaftung hinausgeht
Michael E. Porter und Mark R. Kramer von der Harvard University vertreten die These, die Unternehmen sollten sich das Prinzip »Shared Value« zu eigen machen. Dabei suchen sie nach Möglichkeiten, ihre »ökonomischen Interessen in einer Weise zu realisieren, dass zugleich die Bedürfnisse und Probleme der Allgemeinheit Berücksichtigung finden«. Sie kritisieren, dass die meisten Unternehmen »einer Philosophie der ›gesellschaftlichen Verantwortung‹ anhängen, die den Belangen der Allgemeinheit lediglich periphere Bedeutung beimisst«4.
Man braucht kein Anhänger von Friedman, Porter oder Kramer zu sein, um zu erkennen, dass so manches, was in den letzten Jahren im Namen der gesellschaftlichen Verantwortung auf die Beine gestellt wurde, schlecht geplant war und am Ende weder den Unternehmen noch der Allgemeinheit nützte. Die Planung, Ausgestaltung, Durchführung und Evaluation von Social Initiatives ist nicht einfach. Das vorliegende Buch versteht sich als praktischer Leitfaden für Führungskräfte, deren Aufgabe es ist, mit beschränkten Ressourcen Strategien und Programme zu entwerfen, von denen am Ende Unternehmen und Allgemeinheit gleichermaßen profitieren.
Wir unterscheiden zwischen sechs Formen von Social Initiatives, deren jeweilige Stärken und Schwächen wir mit Blick auf ihren Nutzen für die Unternehmen einerseits und die Allgemeinheit andererseits herausarbeiten wollen, indem wir erfahrene Praktiker zu Wort kommen lassen. Wir haben die Initiativen in zwei Gruppen unterteilt: Bei den Initiativen der ersten Gruppe sind die Kunden unmittelbar involviert (Cause Promotion, Cause-Related Marketing und Social Marketing), bei den Initiativen der zweiten Gruppe mittelbar oder gar nicht (Corporate Philanthropy, Workforce Volunteering und Socially Responsible Business Practices).5 Um Sie mit der ganzen Brandbreite der Möglichkeiten vertraut zu machen, geben wir im zweiten Kapitel einen Überblick über alle sechs Formen, um anschließend auf jede von ihnen in einem gesonderten Kapitel näher einzugehen. (In der Praxis stellen viele Programme allerdings Kombinationen aus mehreren dieser Ansätze dar.)
Anschließend werden wir Sie mit empfohlenen Best Practices vertraut machen, um Ihnen die Auswahl einer Social Initiative zu erleichtern. Ihr Projekt sollte den größtmöglichen sozialen mit dem größtmöglichen unternehmerischen Nutzen verbinden. Sie erfahren, wie Sie erfolgreiche Programme entwickeln und wie Sie Ihre Anstrengungen messen und bewerten können.
Dieses Eröffnungskapitel schafft die nötigen Voraussetzungen, indem es in die entsprechenden Begrifflichkeiten einführt. Wir beleuchten die Trends und Statistiken, aus denen hervorgeht, dass die Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung zunehmend ernst nehmen, wir beschreiben die verschiedenen Faktoren, die nach Expertenmeinung diesem Trend Vorschub leisten, und wir sprechen zum Schluss über die gegenwärtigen Herausforderungen und die Kritik, mit der sich jene konfrontiert sehen, die versuchen, für sich und die Welt das Beste herauszuholen.
∎ Was heißt »Gutes tun«?
Ein kurzer Blick auf die Internetpräsenzen der Fortune-500-Unternehmen zeigt, dass das Grundkonzept der »guten Tat« die unterschiedlichsten Namen tragen kann: Corporate Social Responsibility, Corporate Citizenship, Corporate Philanthropy, Corporate Giving, Corporate Community Involvement, Community Relations, Community Affairs, Community Development, Corporate Responsibility, Global Citizenship oder Corporate Societal Marketing.
Für unsere Zwecke bevorzugen wir den Begriff der Corporate Social Responsibility (wörtlich: »Verantwortung der Unternehmen für das Gemeinwohl«) und schlagen dazu folgende Definition vor:
Unter Corporate Social Responsibility (CSR) verstehen wir die Bereitschaft und Entschlossenheit, mit selbst gewählten Strategien unter Einsatz von Unternehmensressourcen einen Beitrag zum Wohl der Allgemeinheit zu leisten.
Diese Definition bezieht sich konkret auf Unternehmensaktivitäten, die über das hinausgehen, was das Gesetz vorschreibt bzw. was aus moralischen und ethischen Gründen geboten erscheint und folglich erwartet werden kann. Wir sprechen hier von der freiwilligen Selbstverpflichtung eines Unternehmens, sich in dieser Weise zu engagieren. Mit einer solchen Selbstverpflichtung demonstriert ein Unternehmen gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein. Dazu bedient es sich neuer Unternehmenspraktiken und / oder setzt Geld- oder andere Ressourcen für einen guten Zweck ein. Und wenn wir von einem guten Zweck oder vom Wohl der Allgemeinheit sprechen, meinen wir menschliche Lebensbedingungen ebenso wie Umweltfragen oder die Belange von Gemeinschaften jeglicher Art, seien sie geografisch, demografisch oder durch ihre Probleme, ihre Ziele oder andere Faktoren definiert.
Wir beschreiben mit dem Begriff der Social Initiative die wichtigsten Aktivitäten, die im Rahmen der Corporate Social Responsibility entwickelt werden, und schlagen folgende Definition vor:
Social Initiatives sind größere Aktivitäten eines Unternehmens mit dem Ziel, gesellschaftliche Anliegen zu fördern, das eigene Unternehmen zu stärken und der unternehmerischen Verantwortung für das Gemeinwohl gerecht zu werden.
Typische gesellschaftliche Interessen, die mit solchen Initiativen unterstützt werden, betreffen die Gesundheit (Aids-Prävention, Brustkrebsfrüherkennung, Impfungen), die Sicherheit (Aktionen gegen Alkohol am Steuer, Verbrechensprävention, Verwendung von Sicherheitsgurten im Auto), Bildung und Erziehung (Kampagnen gegen Analphabetismus, Bereitstellung von Computern für Schulen, Förderprogramme), den Arbeitsmarkt (Fortbildung, Mitarbeiterfindung, Fabrikstandorte), die Umwelt (Recycling, Verzicht auf die Verwendung schädlicher Chemikalien, weniger Verpackung), die regionale Wirtschaftsförderung (zinsgünstige Hauskredite, Mentoringprogramme für Jungunternehmer) und andere elementare menschliche Bedürfnisse und Wünsche (Nahrung, Wohnung, Tierschutz, Wahrnehmung des Wahlrechts, keine Diskriminierung).
Читать дальше