EMA ENGERER
der geschmack von erleuchtung und bratkartoffeln
roman
Die Geschichte vom Holzpferd auf Seite 159 f. stammt aus: H. Spaemann, „Das Holzpferd oder Schritte zur Wirklichkeit“. Kösel, München 1982. Aus dem Kinderbuch ›The Velveteen Rabbit‹, Margery Williams, New York 1922.
Der Prolog Prolog „Als ich acht Jahre alt war, im 12. Monat des Feuer-Hund-Jahres, 1946, wurde ich von meinem Onkel mütterlicherseits, Khyentrul Rinpoche Jigdral Thubten Chökyi Gyatso, auch bekannt als Jamyang Chökyi Wangchug und Pawo Heka Lingpa, eingeladen. So reiste ich nach Derge Sulkhog Galing … Eines Nachts während dieser Zeit hatte ich folgenden Traum: Onkel Khyentrul Rinpoche war zusammen mit seinen Schülern Yogi Kunsang Rangdrol, Togden Champa Tendar und mir. Meister und Schüler kletterten einen dicht bewaldeten Hügel voller verschiedener Pflanzenarten hinauf; nach kurzer Zeit erreichten wir ein wunderschönes, ostwärts gerichtetes Landhaus. Wir standen vor dem prächtigen Haupteingang in Form eines leuchtenden Regenbogens. Onkel Khyentrul Rinpoche sagte zu uns: »Kunkhyen Longchen Rabjampa lebt im oberen Stockwerk dieses großen Hauses, lasst uns ihn besuchen.« Wir folgten Rinpoche zur Tür dieses Hauses … Ein Mädchen mit Knochenschmuck näherte sich uns. Auf seinem Herzen trug es einen klaren, polierten, daumengroßen silbernen Spiegel, in dessen Zentrum sich ca als ein goldener symbolischer Buchstabe befand. Sie bat Onkel Rinpoche, sich auf den Platz vor einem großen Thigle-Zelt zu setzen, und Onkel Rinpoche setzte sich. Ich begleitete ihn und setzte mich zu seiner Linken … Glücklich lächelnd sang der Yogi die wirklich wunderbare Melodie des Vajra-Liedes e ma ki ri ki ri. Er sang langsam und mit einer feinen weichen Stimme und jeder im Raum stimmte mit melodiöser Stimme in den Gesang ein bis zum Ende: ra ra ra. Während dieser Zeit war ich frei von Gedanken wie ein neugeborenes Kind, wie ein Stummer, der nicht sprechen kann. Mein Körper zitterte und pulsierte etwas. Ich befand mich in einem Zustand von hadewa – unmittelbarem Gewahrsein – und es war unmöglich, meine Gefühle zu beschreiben. Jedes folgende ra des ra ra ra am Ende des Liedes wurde von der ganzen Versammlung einstimmig immer lauter und lauter gesungen, und das letzte ra wurde kraftvoller gesungen als das Röhren von 1000 Donnerschlägen. Mit diesem Eindruck erwachte ich. Das war das erste Mal, dass ich das Vajra-Lied hörte. Seither erinnerte ich es klar. Das Lied entsteht immer wieder klar in meinem Geist und manchmal höre ich spontan seine wunderschöne Melodie.“ Chögyal Namkhai Norbu
auf den Seiten 9 Prolog „Als ich acht Jahre alt war, im 12. Monat des Feuer-Hund-Jahres, 1946, wurde ich von meinem Onkel mütterlicherseits, Khyentrul Rinpoche Jigdral Thubten Chökyi Gyatso, auch bekannt als Jamyang Chökyi Wangchug und Pawo Heka Lingpa, eingeladen. So reiste ich nach Derge Sulkhog Galing … Eines Nachts während dieser Zeit hatte ich folgenden Traum: Onkel Khyentrul Rinpoche war zusammen mit seinen Schülern Yogi Kunsang Rangdrol, Togden Champa Tendar und mir. Meister und Schüler kletterten einen dicht bewaldeten Hügel voller verschiedener Pflanzenarten hinauf; nach kurzer Zeit erreichten wir ein wunderschönes, ostwärts gerichtetes Landhaus. Wir standen vor dem prächtigen Haupteingang in Form eines leuchtenden Regenbogens. Onkel Khyentrul Rinpoche sagte zu uns: »Kunkhyen Longchen Rabjampa lebt im oberen Stockwerk dieses großen Hauses, lasst uns ihn besuchen.« Wir folgten Rinpoche zur Tür dieses Hauses … Ein Mädchen mit Knochenschmuck näherte sich uns. Auf seinem Herzen trug es einen klaren, polierten, daumengroßen silbernen Spiegel, in dessen Zentrum sich ca als ein goldener symbolischer Buchstabe befand. Sie bat Onkel Rinpoche, sich auf den Platz vor einem großen Thigle-Zelt zu setzen, und Onkel Rinpoche setzte sich. Ich begleitete ihn und setzte mich zu seiner Linken … Glücklich lächelnd sang der Yogi die wirklich wunderbare Melodie des Vajra-Liedes e ma ki ri ki ri. Er sang langsam und mit einer feinen weichen Stimme und jeder im Raum stimmte mit melodiöser Stimme in den Gesang ein bis zum Ende: ra ra ra. Während dieser Zeit war ich frei von Gedanken wie ein neugeborenes Kind, wie ein Stummer, der nicht sprechen kann. Mein Körper zitterte und pulsierte etwas. Ich befand mich in einem Zustand von hadewa – unmittelbarem Gewahrsein – und es war unmöglich, meine Gefühle zu beschreiben. Jedes folgende ra des ra ra ra am Ende des Liedes wurde von der ganzen Versammlung einstimmig immer lauter und lauter gesungen, und das letzte ra wurde kraftvoller gesungen als das Röhren von 1000 Donnerschlägen. Mit diesem Eindruck erwachte ich. Das war das erste Mal, dass ich das Vajra-Lied hörte. Seither erinnerte ich es klar. Das Lied entsteht immer wieder klar in meinem Geist und manchmal höre ich spontan seine wunderschöne Melodie.“ Chögyal Namkhai Norbu
bis 10 Eines Nachts während dieser Zeit hatte ich folgenden Traum: Onkel Khyentrul Rinpoche war zusammen mit seinen Schülern Yogi Kunsang Rangdrol, Togden Champa Tendar und mir. Meister und Schüler kletterten einen dicht bewaldeten Hügel voller verschiedener Pflanzenarten hinauf; nach kurzer Zeit erreichten wir ein wunderschönes, ostwärts gerichtetes Landhaus. Wir standen vor dem prächtigen Haupteingang in Form eines leuchtenden Regenbogens. Onkel Khyentrul Rinpoche sagte zu uns: »Kunkhyen Longchen Rabjampa lebt im oberen Stockwerk dieses großen Hauses, lasst uns ihn besuchen.« Wir folgten Rinpoche zur Tür dieses Hauses … Ein Mädchen mit Knochenschmuck näherte sich uns. Auf seinem Herzen trug es einen klaren, polierten, daumengroßen silbernen Spiegel, in dessen Zentrum sich ca als ein goldener symbolischer Buchstabe befand. Sie bat Onkel Rinpoche, sich auf den Platz vor einem großen Thigle-Zelt zu setzen, und Onkel Rinpoche setzte sich. Ich begleitete ihn und setzte mich zu seiner Linken … Glücklich lächelnd sang der Yogi die wirklich wunderbare Melodie des Vajra-Liedes e ma ki ri ki ri. Er sang langsam und mit einer feinen weichen Stimme und jeder im Raum stimmte mit melodiöser Stimme in den Gesang ein bis zum Ende: ra ra ra. Während dieser Zeit war ich frei von Gedanken wie ein neugeborenes Kind, wie ein Stummer, der nicht sprechen kann. Mein Körper zitterte und pulsierte etwas. Ich befand mich in einem Zustand von hadewa – unmittelbarem Gewahrsein – und es war unmöglich, meine Gefühle zu beschreiben. Jedes folgende ra des ra ra ra am Ende des Liedes wurde von der ganzen Versammlung einstimmig immer lauter und lauter gesungen, und das letzte ra wurde kraftvoller gesungen als das Röhren von 1000 Donnerschlägen. Mit diesem Eindruck erwachte ich. Das war das erste Mal, dass ich das Vajra-Lied hörte. Seither erinnerte ich es klar. Das Lied entsteht immer wieder klar in meinem Geist und manchmal höre ich spontan seine wunderschöne Melodie.“ Chögyal Namkhai Norbu
ist mit freundlicher Genehmigung von Chögyal Namkhai Norbu frei übersetzt aus: „Dream Yoga and the Practice of Natural Light“, 2002, Snow Lion, S. 95 ff.
Personen und Handlungen des Romans sind frei erfunden.
Dr. Ema Engererstudierte Diplom-Psychologie, Psychiatrie und Philosophie und befasst sich seit früher Jugend mit den Weltreligionen und Fragen zum Leben und seinem Sinn. Seit mehr als zwanzig Jahren arbeitet sie als Psychotherapeutin mit Jugendlichen und Erwachsenen. In ihrer freien Zeit schreibt sie oder reist durch die Welt.
Windpferd Taschenbuch Originalausgabe
10083
1. Auflage 2014
© 2014 by Windpferd Verlagsgesellschaft mbH, Oberstdorf
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