EGON KRAUSE
Vorsicht! Unartige Notizen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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© 2021 by R. G. Fischer Verlag
Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main
Alle Rechte vorbehalten
Titelbild: © rudall30 – fotolia.de
ISBN 978-3-8301-9562-7 EPUB
ISBN 978-3-8301-9561-0 PDF
Musca domestica
Verborgenes
Kleidung
Schönheit und Hässlichkeit
Blick in eine Gemäldegalerie
Aufklärung
Spätentwickelt
Gedanken junger Mädchen und ihre Neugier
Fragen und Antworten
Originalbriefe
Gefährliche Begegnung
Beichte
Ansteckung
Briefe einer Mädchenclique
Folgen
Anschaulich
Pikante Beobachtungen
Genaue Betrachtung
Seltene Früchte
Vergebliche Liebesmüh
Bergwanderung
Zuschauer
Eine bemerkenswerte Statistik
Vermutung
Angebot
Instinkt
Eine Gymnastikstunde
Wundersam
Beobachtungen auf einer Fähre – A Ferry Tale
A Ferry Tale
Erforscht
Erotik beim Betrachten alter Fotografien
Seltsam
Wirkung des Wortes
Zögerlich
Platonisch
Erfolgreiche Begegnungen
Eine andere
Herausforderung
Irrtum
Vermittlung
Exotisches
Zwillinge
Frauenwünsche
Ausstrahlung
Abwechslung
Sommersprossen
Ansteckung
Verfolgung
Unnötige Abschreckung
Ohne Analyse
Analysiert
Überraschung
Zwei alte Gecken
Nerds
Alte Männer
Was Stimmen verursachen
Verdacht
Frauen werden stimuliert
Schwarze Interessen
Professionelle Stimmen
Weibliche Dominanz
Hochbegabt
Sapphismus
Der Anblick einer Frau oder eines Mädchens löst je nach ihrem Reiz bei Männern eine Kaskade von Gedanken aus. Sie werden auf Pfaden im Gehirn weiter verfolgt. Der Weg wird durch die in den Speichern des Hirns vorhandenen Erfahrungen bestimmt, die in den meisten Fällen erotischen Charakter haben. Sie geraten selten in die Außenwelt. Mädchen und Frauen haben wohl die gleichen Gedanken. Viele erscheinen unschicklich und bleiben verborgen.
Man kann es nur denken, wenn man etwas weiß.
Ein Sprichwort sagt, man solle nicht mit der Tür ins Haus fallen.
So eröffnen zuerst artige Notizen den Unartigen die Tür.
Um im Stil der heutigen Literatur zu beginnen, schaue ich auf die Uhr: Es ist fünf Uhr fünfzehn am Morgen. Früher musste ich um diese Zeit aufstehen, sechs Uhr Frühstück, sechs Uhr dreißig Abfahrt, sieben Uhr in der Klinik, bis zum Abend.
Jetzt drehe ich mich auf die andere Seite und schlafe bis sieben Uhr dreißig.
Mit Schwung setze ich mich auf den Bettrand, stelle mich auf die Füße und stakse, steif in den Knien, der Hüfte und dem Schultergürtel ins Bad.
Im Spiegel blicke ich mit meinen neuen Linsen, zu scharf eigentlich, in ein Gesicht bar jeder Mimik. Die schnurrende, rotierende Zahnbürste, versehen mit White-Shine-Zahnpasta, poliert mir meine Zähne, unten links hinten fehlen zwei, man sieht es nicht einmal beim Lachen, gibt nach einer bestimmten Zeit ihr Surren auf. Die mit Desinfektionsmittel getränkte Zwischenraumbürste rubbelt in den Zwischenräumen. Inzwischen kommt Bewegung in die Mimik, die sich dann später, nach der Behandlung mit dem Braun-Rasierer, zu einem Gesicht entwickeln wird. Unter die Dusche, nur keinen Tropfen kaltes Wasser von oben, Schauma schäumt, Body Sol macht die Haut glatt, man riecht nach Honig, der Haut schmeckt Honig auch. Die Bewegung unter der heißen Dusche, es müssen ja alle Stellen erreicht werden, vertreibt die Steifheit aus den Gelenken. Man steht danach frontal nackt vor dem Spiegel und betrachtet sich, oben geht es ja, wenn auch die Kontur der Oberarme nicht mehr die von früher ist, rechts drei Muskeln abgerissen, links zwei, kommt vom Tennis und vom Alter, jetzt muss man den Aufschlag mit Twist von unten machen. Aber das Wichtigste kommt noch. Seitlich stehend, wird die Wölbung des Bauches beurteilt: Ist sie weniger geworden oder mehr, alles kommt von innen, das erspart das Wiegen.
Man ist nie zufrieden damit und streckt sich ein bisschen, um eine geradere Linie zu erreichen. Einatmen, heben sich die Rippen noch oder ist der Thorax schon unbeweglich? Das einzige: Die Beine sind noch wohlgeformt, dank des Muskeltrainings. Die Stoppeln im Gesicht werden beseitigt, Braun hobelt, ein Bart entstellt und macht alt. Die nächste Entscheidung fällt schwer, soll man nun seine Übungen für Hals, Arme und Rücken machen oder nicht. Heute nicht.
Das Frühstück richtet sich nach dem Bauch, ist recht einfach, Sport-Müsli und Earl-Grey-Tee. Dabei Nachrichten im 100-Sekundentakt:
Die hungern, die töten andere, die töten sich, die schwätzen, die machen sich Probleme, die machen Gesetze, maßlos.
Isst du einen Riegel beim Sport, kommst du in den Knast. Klitschko schlägt einen fast tot und wird gefeiert.
Schaust du ein Kind an, das darfst du nicht, du bist ein potentieller Missbraucher, die Wege in deinem Gehirn werden vorgeschrieben, markiert, wie auf der Straße, wehe, du überschreitest den weißen Strich. Müssen sich Frauen auch danach richten? So wenig überlegt ist dies. XYKK, kein freier Körper mehr.
Bist du kein Moslem, kannst du es werden. X hat eine schöne Taille, Y Man-Power ohne Kopf.
Kolorierte Jungen sind ein beliebtes Ziel für weiße Polizisten in den USA. Ich sage es schon immer, nimm dich vor der Polizei in Acht, nicht immer ist sie dein Freund, und sag wie in den USA, wenn ein Cop dich anspricht und etwas will, immer: Yes Sir und sieh ihm nicht in die Augen, fass ja nicht in die Tasche, schon bist du ein toter Mann.
Alle 100 Sekunden das gleiche. Kann sich ja auch nicht ändern, der Mischmasch der Gene, immer dieselben Resultate: Gut, Böse, und etwas dazwischen.
Dienstag 11 Uhr, Tennis mit Trainer, musst ein Diclo nehmen, sonst knackt es, alter Knacker. Es ist schwierig, von unten aufzuschlagen, mit Twist gezielt platzieren. In der Halle auf Teppichboden, der Ball verspringt nicht, die Sonne stört nicht, kein Wind, kein Regen und sauber.
Freitags ein Doppel. Sauschlecht gespielt. Man lernt nichts dazu.
Einen Apfel zum Mittag.
Gegen vier Kaffee und Kuchen oder ein Butterbrötchen, das Beste vom Tag.
Czerny, man spielt ihn zu wenig, virtuos komponiert zum Lernen. Klaviermusik, die Töne wie Perlen, aber nur bei dem, der es versteht, sie schimmern zu lassen.
Viele Prospekte fliegen ins Haus, kein Wunsch zu Weihnachten? Du sollst möglichst viel essen und kaufen, es gibt keine Zinsen für Gespartes, wenn du mit Geld verdienen willst, leg es an, da hast du es schon aus der Hand und dem Kapital gegeben, ohne zu wissen, ob du es noch besitzt.
Es erinnert mich an den Kommunismus, jeder wird vom Staat bezahlt, keiner hat Besitz. Das Kapital ersetzt dieses System, du hast keinen Geldbesitz, das Kapital ist der Staat.
Die Sonne zeigt sich zwischen den Wolken, die Blätter sind gefärbt, gefallen. November, 24ter. Mir gefällt diese Jahreszeit, heimelig warm im Haus, Ruhe. Zeit zum Nachdenken.
Der Computer, mein Sklave, er muss tun, was ich will.
Meist benutze ich ihn zum Schreiben, unersetzlich mit einem Schreibprogramm. Das Internet unermesslich, fabelhaft. Ich bin gerade dabei, zwei Bücher sind gedruckt, am dritten und vierten zu arbeiten. Das Letztere mit vielleicht hundert Seiten, ihm fehlen noch einige. Wie kann ich die einzelnen Begebenheiten verbinden, nach und nach fällt es mir ein. Ein wenig pikant der Text, ich muss ihn entschärfen. Erotik ein Problem, nicht in der Realität, mehr beim Schreiben.
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