Nikolaus von Kues - Über die belehrte Unwissenheit

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"Wir nehmen an, kein Stern sei unbewohnt." NIKOLAUS VON KUES
Nikolaus von Kues gilt als der erste Philosoph der Renaissance und des Humanismus. Gerade sein Hauptwerk «Über die belehrte Unwissenheit» markiert einen Epochenbruch und weist in vieler Hinsicht auf die Moderne voraus. Unser Wissen bleibt immer hinter dem zurück, was gewusst werden kann. Der Erkennbarkeit der Wirklichkeit an sich setzt von Kues seine «Kunst der Mutmaßungen» entgegen. Damit wird er zum Wegbereiter Descartes', Kants und der modernen Wissenschaftstheorie. Bereits vor Kopernikus bestreitet er, dass die Erde Mittelpunkt des Universums sei, und wagt den kühnen Gedanken von der Unendlichkeit der Welt. Die Philosophie des Kusaners eröffnet den Raum, die Welt in ihrem «reinen Weltlichsein» zu erkunden. Einer bloß instrumentellen Ratio setzt er jedoch seine «schauende Vernunft» entgegen. Der zentrale Gedanke eines «Zusammenfalls der Gegensätze» in Gott ist die wohl bedeutendste und wirkungsmächtigste Einsicht seines Hauptwerks. Kein Geringerer als Hegel meinte, dass diese Idee den eigentlichen Gehalt alles Philosophierens überhaupt ausmache.

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NIKOLAUS VON KUES (ca. 1401–1464) hieß eigentlich Nikolaus Chryfftz oder Krebs und stammte aus dem heutigen Bernkastel-Kues. Er promovierte in Rom zum Doktor des kanonischen Rechts und gehörte bald zu den bedeutenden Humanisten. Berühmt wurde er durch die Entlarvung der »Konstantinischen Schenkung« als Fälschung. Als Kardinal war er mit höchsten diplomatischen Aufgaben betraut, unter anderem mit Gesprächen zur Wiedervereinigung mit der Ostkirche. Als Nikolaus von Kues als Bischof von Brixen starb, hinterließ er ein bis heute faszinierendes philosophisches Werk.

Der Herausgeber

DR. BRUNO KERN, geboren 1958, studierte Theologie und Philosophie in Wien, Fribourg, München und Bonn; er lebt zurzeit in Mainz und arbeitet als selbstständiger Lektor und Übersetzer. Für den marixverlag übersetzte er Marguerite Poretes Der Spiegel der einfachen Seelen .

Zum Buch

»Wir nehmen an, kein Stern sei unbewohnt.«

NIKOLAUS VON KUES

Nikolaus von Kues gilt als der erste Philosoph der Renaissance und des Humanismus. Gerade sein Hauptwerk Über die belehrte Unwissenheit markiert einen Epochenbruch und weist in vieler Hinsicht auf die Moderne voraus. Unser Wissen bleibt immer hinter dem zurück, was gewusst werden kann. Der Erkennbarkeit der Wirklichkeit an sich setzt von Kues seine »Kunst der Mutmaßungen« entgegen. Damit wird er zum Wegbereiter Descartes’, Kants und der modernen Wissenschaftstheorie. Bereits vor Kopernikus bestreitet er, dass die Erde Mittelpunkt des Universums sei, und wagt den kühnen Gedanken von der Unendlichkeit der Welt. Die Philosophie des Kusaners eröffnet den Raum, die Welt in ihrem »reinen Weltlichsein« zu erkunden. Einer bloß instrumentellen Ratio setzt er jedoch seine »schauende Vernunft« entgegen. Der zentrale Gedanke eines »Zusammenfalls der Gegensätze« in Gott ist die wohl bedeutendste und wirkmächtigste Einsicht seines Hauptwerks. Kein Geringerer als Hegel meinte, dass diese Idee den eigentlichen Gehalt alles Philosophierens überhaupt ausmache.

Als »ersten Denker der Renaissance« hat man den Kusaner immer wieder bezeichnet, und dies nicht zu Unrecht. Die großen Philosophen der Renaissance, allen voran Giordano Bruno, stehen erkennbar im Bann seines Denkens. Über den Aristotelismus der Hochscholastik ist Nikolaus von Kues in entscheidender Hinsicht hinausgegangen, und zentrale Einsichten seines Denkens verweisen auf die neuzeitliche Subjektphilosophie und die modernen Naturwissenschaften. Denker des Übergangs, wie es der Kusaner in eminentem Sinne war, sind immer besonders anregend. Die Festigkeit von Denksystemen beginnt sich aufzulösen, alte Gewissheiten zeigen Risse, ein Paradigmenwechsel kündigt sich an und lässt sich wenigstens im Rückblick nachvollziehen. Wahrscheinlich macht genau dies die aktuelle Faszinationskraft des Kusaners aus.

Nikolaus von Kues

Über die belehrte Unwissenheit

Nikolaus von Kues

Über die belehrte

Unwissenheit

In der Übersetzung von Anton Scharpff

Eingeleitet von Bruno Kern

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche - фото 1

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.deabrufbar.

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Alle Rechte vorbehalten

© by marixverlag in der Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden 2014

Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2014

Covergestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH

Hamburg Berlin

Bildnachweis: Andreas Cellarius, »Scenographica systematica Copernicani« 1510,

© akg-images GmbH, Berlin

eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0470-7

www.verlagshaus-roemerweg.de/Marix/

»Und doch ist selbst die größte Sammlung des Weltgeistes, das Zusammentragen der wichtigsten Gedankengüter, nur ein lächerlicher Ausschnitt aus der Unendlichkeit des Geistes selber. Also bedenke in Demut, mein Freund.«

Nikolaus von Kues

INHALT

Nikolaus von Cusa – Denker an der Epochenschwelle

Einleitung von Bruno Kern

Über die belehrte Unwissenheit / De docta ignorantia

Nicolaus von Cusa an den hochehrwürdigen Kardinal Julian, seinen Lehrer

Erstes Buch

1.–26. KAPITEL

Zweites Buch

1.–13. KAPITEL

Drittes Buch

1.–12. Kapitel

NIKOLAUS VON CUSA –

DENKER AN DER EPOCHENSCHWELLE

Als »ersten Denker der Renaissance« hat man den Kusaner immer wieder bezeichnet, und dies nicht zu Unrecht. Die großen Philosophen der Renaissance, allen voran Giordano Bruno, stehen erkennbar im Bann seines Denkens. Über den Aristotelismus der Hochscholastik ist Nikolaus von Kues in entscheidender Hinsicht hinausgegangen, und zentrale Einsichten seines Denkens verweisen auf die neuzeitliche Subjektphilosophie und die modernen Naturwissenschaften. Denker des Übergangs, wie es der Kusaner in eminentem Sinne war, sind immer besonders anregend. Die Festigkeit von Denksystemen beginnt sich aufzulösen, alte Gewissheiten zeigen Risse, ein Paradigmenwechsel kündigt sich an und lässt sich wenigstens im Rückblick nachvollziehen. Wahrscheinlich macht genau dies die aktuelle Faszinationskraft des Kusaners aus.

Nikolaus von Kues (Cusanus ist die latinisierte Herkunftsbezeichnung) wurde im Jahr 1401 als Nikolaus Chryfftz (= Krebs) an der Mosel, im heutigen Bernkastel-Kues, geboren. Sein Vater war als Schiffer ein relativ wohlhabender Kaufmann, und darüber hinaus ermöglichten adelige Gönner die wissenschaftliche Laufbahn des Cusanus. Diese begann zunächst in Heidelberg mit dem Studium der artes liberales , der »freien Künste«, wo er unter anderem nominalistisches Denken rezipierte. *In Padua wurde er zum Doktor des kanonischen Rechts promoviert, wo vor allem der Kontakt zu den italienischen Humanisten prägend für ihn wurde, und lehrte schließlich an der Universität zu Köln Kirchenrecht. Parallel zu seiner wissenschaftlichen Laufbahn begann die klerikale Karriere des Cusaners mit der Priesterweihe (etwa um 1440), seiner Teilnahme am Konzil von Basel, seinen diplomatischen Missionen im Auftrag des Papstes (zunächst in Deutschland, dann unter anderem in Konstantinopel bei der seit dem Schisma von 1054 von Rom getrennten orthodoxen Kirche), seiner Ernennung zum Bischof von Brixen und seiner Erhebung in den Kardinalsstand. Abgesehen von seinem philosophischen Werk erwarb sich Nikolaus von Kues Verdienste, indem er die sogenannte »Konstantinische Schenkung« aufgrund von philologischen Untersuchungen als Fälschung entlarvte. Zukunftsweisend ist auch seine religiöse Toleranzidee, die er im Gefolge von Raimundus Llullus vertrat. Seine intensive Auseinandersetzung mit dem Koran ist bis heute beispielgebend für jeden ernsthaften Religionsdialog.

Für das Verständnis seines philosophischen Denkens ist der Einfluss des Neuplatonismus, näherhin des Proklos und des (Pseudo-)Dionysius Areopagita nicht zu unterschätzen. Der Neuplatonismus war in der Spätantike höchst einflussreich, was ja schließlich kein Geringerer als der Kirchenvater Augustinus beweist. Es wäre allerdings verfehlt, von einer neuplatonischen Verfälschung des jüdisch-christlichen Glaubens zu sprechen. Trotz aller aus heutiger Sicht durchaus problematischer Auffassungen bewahrt Dionysius die wesentlichen christlichen Grundauffassungen etwa bezüglich des Schöpfungsglaubens. Alles Seiende, die gesamte Welt der Erscheinungen, fließt aus dem göttlichen Einen, dem ungeteilten Urgrund, hervor, der sich dabei aber nicht selbst verliert, sondern in diesem Ausströmen bei sich bleibt, da er dieses Aussich-Heraustreten gerade wesentlich

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