»Du verdammtes Flittchen!« Dirk folgte ihr in die Wohnung und ließ hinter sich die Tür zufallen *wham!*. »Du mieses kleines Hurenstück!«
»Dirk, was soll das? Ich …« Er schlug zu. Sie wurde herumgeschleudert, glitschte aus und stürzte zu Boden. Halbnackt lag sie jetzt vor seinen Füßen. Verächtlich blickte er auf sie herab, noch immer die Mündung der Waffe zwischen ihre Brüste gerichtet.
»Du Dreckstück! Macht dir das Spaß, ja? Einerseits meine treue Verlobte zu spielen und dich andererseits im Internet von allen möglichen Cyber-Perversen elektronisch ***** und quälen zu lassen?Ich hab gedacht, ich werd nicht mehr, als ich dich auf meinem Bildschirm gesehen habe, geil, mit weit offenen Beinen und schreiend vor Lust.«
»Dirk, ich bitte dich, wir können doch darüber …« Er trat sie in die Seite, mit voller Wucht. Jasmin schrie auf. Tränen schossen ihr in die Augen.
»Hast du dir mal überlegt, wie das ist, wenn dich einer meiner Freunde so im Netz sieht? Einer, der dich kennt? Der denkt, wir gehören zusammen, und dann lässt du dich da life vor aller Welt durchknallen? Was soll der denn von mir halten? Dass ich mich von einer Nutte verarschen lasse?«
»Dirk, hör zu, das ist doch nicht … das ist doch …« Von heftigem Schluchzen geschüttelt, bekam sie keinen klaren Satz zusammen. Furcht, Scham und Schmerz hatten sie überwältigt. Sie versuchte davonzukriechen, aber Dirk blieb über ihr.Er trat ihr ein weiteres Mal so heftig wie möglich in die Seite. Wieder schrie sie auf.
Dann ließ er sich auf sie fallen, mit all seinem Gewicht. Jasmin blieb für einen Moment die Luft weg. Er nagelte sie am Boden fest, ein Bein rechts, eines links von ihr, so hockte er auf ihr. Die Pistole war nur Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Jasmin wimmerte.
»Na?« sagte er. Seine freie Hand hatte eine ihrer Brüste gepackt und machte sich grob daran zu schaffen, presste und drehte.Aus Jasmins Mund drangen Geräusche, die sich nach einer Mischung aus Jammern, Stöhnen und Würgen anhörten. In seinen Augen lag nur Hass. »Du mieses kleines Luder ! Du willst gequält werden? Den Gefallen kann ich dir gerne tun, meine Liebe. Aber nein … du widerst mich viel zu sehr an dafür.« Er spuckte ihr ins Gesicht. »Bringen wir es am besten so schnell wie möglich hinter uns.«
Jasmin versuchte noch einmal etwas zu sagen, aber da hatte sie bereits den Lauf der Waffe zwischen ihren Zähnen.
»Die Show ist vorbei«, erklärte ihr Dirk. »Standbild. Ausblende.«
Dann drückte er ab. *wumpf!*
Zwischen seinen Schenkeln explodierte Jasmins Kopf.Blut, Gewebe, Knochen und Hirnmasse spritzten in alle Richtungen davon.
Währenddessen schritt Fox durch die Fußgängerzone.
Ihr Herz schlug immer noch bis zum Hals. Jeden Windhauch, jedes Lüftchen spürte sie zwischen ihren Beinen und an ihrer so offen liegenden Muschi. Sie hatte das sie bis ins Innerste durchdringende Gefühl, dass jeder der anderen Passanten sie kaum verhohlen anstarrte und auf den ersten Blick erkannte, dass sie unter ihrem Shirt nichts anderes mehr trug. Schon nach wenigen Sekunden kam sie sich wie eine geistesgestörte, notgeile Schlampe vor, und der Puls hämmerte in ihren Schläfen.
Wieder und wieder musste sie sich ins Bewusstsein rufen, dass ihr Anblick für Uneingeweihte zwar etwas ungewöhnlich sein mochte, aber doch längst nicht offen obszön. Viele Frauen waren in ähnlicher Aufmachung am Strand und in Schwimmbädern zu sehen. Dass Fox unter ihrem Shirt splitternackt war, wusste ja niemand. Niemand außer ihr selbst.
Und das war genau der Punkt: Sie selbst wusste es. Ihr war klar, dass nur ein plötzlicher Windstoß ihr Shirt hochwirbeln, dass sie sich nur vorzubeugen oder umzuknicken brauchte, und schon würde es auch für jeden anderen offensichtlich sein.Außerdem war sie eben nicht am Strand, sondern mitten in der Fußgängerzone, und sie trug auch keinen kurzen Rock, sondern lediglich ein etwas längeres Hemd. Sie konnte sich einfach nicht beherrschen und zerrte wie unwillkürlich wieder und wieder daran, versuchte verzweifelt, es nur ein wenig mehr in die Länge zu dehnen. Aber recht schnell wurde ihr klar, dass sie damit erst recht die Blicke auf sich zog.
Es war früher Nachmittag, und in der Fußgängerzone tummelte sich bereits die Bevölkerung der Stadt. Fox gab ihr Bestes, um mit hocherhobenem Kopf, leerem Gesicht und nach vorne gerichteten Blick voranzuschreiten und so wenig wie möglich um sich herum wahrzunehmen. Und vor allem mit niemandem einen Blickkontakt einzugehen! Aber gleichzeitig war sie für alles, was um sie herum vorging, hypersensiblisiert. Vor einem Straßencafé saßen ein paar marxistische Maskulisten mit ihren unverkennbaren roten Halstüchern um einen Tisch und lachten schallend – worüber? Über sie? Der alte Mann mit der Einkaufstüte dort drüben: Starrte er sie wirklich so intensiv an? Zog diese übergewichtige Mutter, die ihr entgegenkam, ihr Kind ihretwegen in eine andere Richtung oder hatte sie lediglich in einem der Schaufenster etwas Interessantes erspäht? Fox stellte fest, dass ihr der Schweiß zwischen den Brüsten herabrann.
marxistische Maskulisten
Zu Beginn des dritten Jahrtausends begann sich zunächst im Internet und vereinzelten Druckwerken eine neue Männerbewegung herauszubilden, die jetzt von ihrer Seite soziale und politische Gleichstellung für das männliche Geschlecht forderte. Lange Zeit wurde diese Strömung von den Medien ignoriert, die sich nicht dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit durch Propagierung dieser Positionen aussetzen wollten. Allerdings wurde die maskulistische Bewegung bald von einer so großen Menge weiblicher Anhänger unterstützt, dass auch dieses Tabu gebrochen werden und Männerpolitik ein Thema werden konnte. Leider führten bereits die ersten Erfolge auch zu ersten Grabenkämpfen innerhalb des Maskulismus, so dass es zu Erodierungen und Spaltungen in Konservative, Liberale und andere Strömungen kam. Einer der neu entstandenen Untergruppen, den marxistischen Maskulisten, zufolge kann Kritik an der Frauenherrschaft immer nur in Verbindung mit Kapitalismuskritik gedacht werden. Das weibliche Geschlecht könne seine Wünsche nicht etwa deshalb durchsetzen, weil es die meisten Wähler stelle und den größten Einfluss auf die Medien nehme, wie es der bürgerliche Maskulismus noch behauptet hatte, sondern weil es zumindest in der westlichen Welt die größte Kundengruppe darstelle und über den größten Teil sämtlicher privaten Vermögen verfüge. Wenn männliche Körper also etwa durch Kriegsdienst oder gesundheitlich ruinöse Berufe sich selbst entfremdet, ausgebeutet und letztlich vernichtet würden, dann sei das auf gleichermaßen kapitalistischen wie sexistischen Ursachen begründet. Obwohl sich hier eine gewisse Logik nicht leugnen lässt, wird der marxistische Maskulismus selbst unter dem linken Flügel der Männerbewegung mit dem Argument abgelehnt, die Aufspaltung und das Gegeneinander-Hetzen von Männern und Frauen sei ja gerade der Trick, mit dem die reaktionären Machthaber in dieser Gesellschaft von einer Debatte über die wahren Probleme im Zusammenhang mit Unterdrückung und Ausbeutung ablenken wollten.
Sie versuchte, ihre Gedanken in andere Bahnen zu zwingen. Schließlich musste sie sich ohnehin mit der Frage beschäftigen, wie sie bis zum Ende des Spiels mit nicht mehr als einem Shirt mitten in der Stadt überleben sollte. Natürlich hatte sie kurz vor Beginn der Jagd ausgiebigst gespeist, so dass sie zumindest die nächsten Stunden über erst einmal nicht von Hunger geplagt sein würde. Bis dahin hatte sie sich hoffentlich an ihre Situation gewöhnt und würde genügend Mut und Nervenstärke aufbringen können, um in einer Bäckerei oder auf dem Markt die Verkäufer darum zu bitten, dass sie ihr kostenlos die Reste überließen, die sonst weggeworfen worden wären. Ob sie in ihrer Aufmachung als Bettlerin besonders überzeugend wirkte, wusste sie nicht zu sagen. Aber ihre Attraktivität hatte ihr schon oft geholfen, von anderen Leuten Hilfe zu erhalten. Ihre Notdurft würde sie im Kurpark und in anderen versteckten Winkeln verrichten können. Schließlich verfügten zum Beispiel auch die Kaufhäuser über kostenlose öffentliche Toiletten. Die Nächte würde sie vermutlich unter freiem Himmel verbringen müssen, aber es war August, und bei diesen Temperaturen bestand zumindest keine gesundheitliche Gefahr. Ein Obdachlosenasyl aufzusuchen, hielt sie in ihrer Aufmachung für eine weniger gute Idee. Zudem hatte sie sich immer schon vor diesen Quartieren geekelt und war trotz gelegentlicher Überredungsversuche ihrer Clique nicht einmal zum City-Rafting bereit gewesen, eines von ihnen aufzusuchen.
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