1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 „Was macht ihr da?“, fragten sie.
„We’re looking for a screw.“ („Wir suchen nach einer Schraube.“)
Und zwei hysterische Comedians schlagen sich auf die Schenkel: Auf Englisch kann das nämlich auch klingen wie: „Wir würden uns gerne mal schrauben lassen!“
Der legendäre TV-Drehbuchautor Barry Cryer hatte mir als Mentor gedient, als ich ein junger Autor war – zusammen mit Dick Vosburgh bei The Frost Report. Er schien einen endlosen Vorrat an Gag-Sammlungen zu besitzen. Während Barry und ich für Ronnie Corbett schrieben, war Graham oft nicht dabei, weil er die 48 Show verfasste. Eines Tages riefen wir ihn an und baten darum, ihn zu sprechen. Wir hatten ein Problem mit dem Plot, zu dem wir seine Vorstellungen brauchten.
„Aber der ist doch bei dir“, meinte ein erstaunter Tim.
„Ähm, nein, der ist bei dir …“
Aber natürlich war er bei keinem von uns. Stattdessen hatte er sich nach Hampstead geschlichen, wo er einen geheimen Boyfriend versteckt hielt. Er war David Sherlock auf Ibiza begegnet, als er und John ein Filmdrehbuch entwickelten. Er hatte sich verliebt, war heimlich mit ihm in ein Apartment in Hampstead gezogen und hatte all dies ein ganzes Jahr geheim gehalten. Am Ende kam alles bei einer Coming-Out-Party ans Licht – die erste Person, die ich dort erblickte, war Grahams weibliche „Verlobte“. In Tränen aufgelöst.
„Dies ist der Mann, den ich liebte“, so stellte er mir David vor.
Na klar. Nun ergab das alles einen Sinn. Dort war er also gewesen! Leider hielt Graham meine Gedanken für Missbilligung und schrieb später, dass ich nicht zu wissen schien, was es mit Homosexuellen so auf sich hat. Ziemlich unwahrscheinlich nach zwölf Jahren Internat, drei Jahren in Cambridge, sechs Monaten im Repertoire-Theater, zwei Jahren bei der BBC und einem aktuellen Wohnsitz über der Gay News-Redaktion am Redcliffe Square. Ich erinnere mich genau an meine Gedanken. Du Miststück! Du warst da oben in Hampstead beim Poppen, während du eigentlich mit uns schreiben solltest. Wie auch immer, David Sherlock ist ein äußerst netter Mann, und Graham lebte glücklich mit ihm bis ans Ende seiner Tage. Marty rief uns am nächsten Tag an und meinte: „Hört jetzt bloß nicht auf, Schwulenwitze zu erzählen.“
Ein paar Jahre später bekam ich diesen Brief über Graham:
Liverpool
Merseyside
25/10/74
An Herrn E. Idle
Sehr geehrter Herr,
am 18. Juli 1960 war ich in der St. Elizabeth’s Kirche in Litherland, als mir Unser Herrgott Jesus Christus erschien. Er zeigte mir, wie Er uns erschuf, mit dem Mittelfinger Seiner linken Hand. Er zeigte auf eine weiße Staubwolke!
Da erschien ein Mann. Er nannte uns nicht seinen Namen, aber er sagte, er stamme aus Monty Python’s Fliegendem Zirkus. Er sagte, er werde gerade im Fernsehen interviewt, und fügte hinzu, er sei ein Homosexueller. Auf der Levitikus-Seite 102 der Heiligen Schrift spricht Gott in Absatz 20, Vers 13: „Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Greueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.“
„Gelobet seist Du, o Herr.“
Gott segne euch.
Mrs. B. Campbell
Ich schrieb zurück.
An Mrs. B. Campbell
BBC TV Centre
Shepherds Bush
London
24/11/1974
Liebe Frau Campbell,
vielen Dank für Ihren Brief.
Wir haben herausgefunden, wer es war, und ihn getötet.
Hochachtungsvoll
Eric Idle
Ein erneuter bedeutsamer Anruf von Humphrey Barclay sollte mein Leben ein weiteres Mal ändern. Ob ich gerne ein Sketch-Programm im Kinderfernsehen für die ITV schreiben und spielen würde? Klar, verdammt. Reine Schlauheit ließ mich fragen, ob ich Michael Palin und Terry Jones dabeihaben könne. Er war einverstanden, sie waren einverstanden, und plötzlich hatten wir Hauptrollen in unserer eigenen TV-Serie. Natürlich wandte die sich nur an Kinder, aber wir beschlossen, sie auf keinen Fall von oben herab zu behandeln, sondern nur das zu präsentieren, was wir witzig fanden. Humph brachte David Jason mit dazu, außerdem Denise Coffey und The Bonzo Dog Doo Dah Band, eine exzentrische Gruppe aus Kunststudenten, die verflucht schräge Songs brachte – mit Vivian Stanshall als Leadsänger und Neil Innes als Pianist. Ich bin mir sicher, dass Python durch die Begegnug mit den Bonzos – einem bizarren Dadaisten-Orchester – einen Wahnsinns-Schub bekam. Zwei komplette Staffeln hindurch kollidierten wir als Oxbridge Boys (Oxford & Cambridge) mit den Besten der britischen Kunsthochschulen, wenn sie dann von den Strapazen ihrer Tourneen in unseren Schminkraum rauschten, um das Kommando über die Haartrockner zu übernehmen. Ihre beknackte, schrullige, wunderbare Musik verknüpfte sich perfekt mit unserer Pokerface-Entschlossenheit, unser junges Publikum nicht überheblich anzugehen.
Eines Tages wollte uns ein schräg aussehender Amerikaner mit langem Haar nach der Show kennenlernen. Er sah ein bisschen aus wie John Denver und trug einen afghanischen Yak-Fell-Mantel. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich liebte diesen Mantel. Er lieferte uns eine exotische Freundin und einige Sketche, sowohl geschriebene als auch gezeichnete. John Cleese hatte ihn zu Humphrey Barclay geschickt, dem er in New York begegnet war. Nun wollte er bei unserer Show mitarbeiten. Mike und Terry hassten ihn sofort. Wofür in aller Welt brauchten wir einen weiteren Autor? Auch noch einen Amerikaner? War ich verrückt? Ich weiß nicht warum, aber ich war überzeugt, dass er das gewisse Etwas hatte, und es war nicht nur sein exotischer Mantel. Zum Glück hörten sie auf mich, und so trat Terry Gilliam in unser Leben. Schon bald entdeckte er sein Metier: kurze Trickfilme zu produzieren, einschließlich des großartigen Streifens Christmas Card (Weihnachtskarte), und eines noch ausgefalleneren mit dem Titel Elephants (Elefanten), dessen Erzähltechnik des Bewusstseinsstroms schon bald die Grundlage für Monty Python werden sollte.
Do Not Adjust Your Set (Justieren Sie nicht Ihr Gerät nach) erwies sich von Anfang an als Hit. Wir fingen bei Rediffusion-TV in Schwarz-Weiß an und gewannen den Prix Jeunesse in München. Und als der Sender seine Lizenz verlor, wurden wir von dessen Nachfolger Thames Television für eine zweite Staffel übernommen, dieses Mal in Farbe. Unsere Sendezeit um 17:25 Uhr hieß, dass wir nicht nur Kinder erreichten, sondern auch alle Londoner Kellner und einen ordentlichen Anteil Erwachsener, die früher von der Arbeit heimkehrten. Zwei von jenen, die stets ihre Arbeit unterbrachen, um uns zuzuschauen, waren John Cleese und Graham Chapman. Die hielten das für das Witzigste überhaupt im Fernsehen. Im Jahr 1969 fragten sie uns eines Tages, ob wir nicht Lust hätten, mit ihnen zusammen eine BBC-Show zu machen – eine schrullige TV-Option für Pub-Heimkehrer an den früh schließenden Sonntagabenden. Zu jener Zeit hatten wir ein bedeutendes Angebot des ITV für unsere eigene 90-Minuten-Show für Erwachsene zur Prime Time. Doch leider mussten wir achtzehn Monate lang auf ein Studio warten. Daher beschlossen wir, dieses BBC-Ding mit John und Graham dazwischenzunehmen, während wir auf unseren großen Durchbruch warteten …
So ging es mit Monty Python los.
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UND NUN ZU ETWAS EIN KLEIN WENIG KOMPLETT ANDEREM
Über Monty Python ist dermaßen viel geschrieben worden. Da stapeln sich Memoiren, Tagebücher, ganze Bände über die Pythons, Bücher von den Pythons über andere Pythons, Artikel über die Bücher von den Pythons, unzählige Interviews, Autobiografien, Dokumentarfilme … jede Menge Dokus. Ich glaube, es gibt mehr Stunden Doku-Material über die Pythons als Python-Sendeminuten. Also füge ich jetzt all diesen durch die Mangel gedrehten Erinnerungen meine eigenen konfusen, voreingenommenen und zutiefst zynischen Schilderungen dessen hinzu, wovon ich glaube, dass es passiert sein könnte? Klar tue ich das. Aber Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, die Sie sich bereits für dieses Buch von dermaßen viel Geld getrennt haben, steht es natürlich frei, gleich zu den versauten Stellen vorzupreschen.
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