Während meines Retreats erhaschte ich nur einen flüchtigen Einblick. Erst während der letzten Tage in der Ruhe und Gelassenheit der Alpha-Atmung verstand ich, dass Frieden entsteht, wenn ich mich nicht danach sehne, dass der gegenwärtige Moment anders ist, als er ist.
Indem ich nicht darum kämpfte, dieses oder jenes zu verbessern oder zu erreichen, wurde ich frei, all dem zu begegnen, was ist, in diesem Augenblick. In den Momenten, in denen ich friedlich auf dem Kissen saß und langsam atmete, fand ich mich in einer tiefen Zufriedenheit wieder. Ich sah, dass alles „was ist“ für sich allein vollkommen ist – und ich darin vollkommen bin.
Seitdem habe ich diese einfache Wahrheit tausend Mal vergessen und bin den Verlockungen endloser Wünsche erlegen. Nichts in unserer Kultur lehrt uns, uns mit dem zufriedenzugeben, was ist.
Im Gegenteil, wir werden in Versuchung geführt, immer wieder dazu verführt, neue Bedürfnisse zu entdecken, die befriedigt werden müssen, neue Wünsche, die erfüllt werden müssen, um endlich „glücklich“ zu sein.
Damit komme ich zum häufigsten Einwand, an solchen Experimenten teilzunehmen: Wir denken, dass wir einfach keine Zeit dafür haben.
Seien wir ehrlich: Die meisten von uns haben nicht die Zeit zum Sein! Wir laufen herum wie kopflose Hühner, mit To-Do-Listen, die länger sind, als wir realistisch annehmen können, sie jemals abzuarbeiten. Wann immer ich mir mehr Zeit für mich selbst nehmen wollte, war da diese Stimme: „Du musst verantwortungsbewusst sein, deine Miete bezahlen, dies und das tun.“
Hier ist die von mir entwickelte Strategie: Ich nehme mir drei Tage frei, aber ich verspreche, danach erledige ich alles, was zu tun ist. Vielleicht muss ich einen zusätzlichen Helfer in mein Leben einladen oder meinen Assistenten bitten, Überstunden zu machen. Danke für die Warnung. Ich werde mich nicht im Stich lassen.
Das Ergebnis: Ich habe mir die Zeit genommen und es gab keinerlei Probleme. Das nächst Mal habe ich die Zeit von drei Tage auf eine Woche verlängert, bald auf einen Monat oder auf drei Monate ausgedehnt. Es ist alles nur eine Frage der Vorbereitung und Verhandlung – und der Entwicklung neuer Strategien zur Bewältigung der Arbeit. Alles ist machbar.
„Was ist mit den Rechnungen, die bezahlt werden müssen?“, wird jemand fragen. Nun, wie wäre es, wenn Sie Ihre Ausgaben reduzieren und jemand suchen, der Ihre Wohnung in der Zwischenzeit mietet? Denken Sie daran, wo ein Wille ist, ist normalerweise auch ein Weg.
Heute sagen mir immer mehr Freunde: „Wir haben uns ein Sabbatical genommen. Wir konnten den Stress nicht mehr ertragen.“
Die Gründe für ein spirituelles Retreat sprechen für sich. Es bietet die Chance, sein wahres Wesen zu berühren, die Quelle des Seins, herausfinden, wer man wirklich ist – jenseits der Egopersönlichkeit. Dazu kommt der Eindruck einer neuen Freiheit, man begreift, dass man nicht die Person sein muss, die andere in dir sehen wollen.
Vielleicht erkennen wir auch, dass die meisten unserer religiösen und moralischen Überzeugungen wie die heiligen Kühe sind, die in den Straßen Indiens leben. Sie sind da und nagen an unserer Energie, weil wir sie für wahr halten. Sie kontrollieren und begrenzen uns, und wir sind uns dessen nicht einmal bewusst. Aber sie sind nicht heilig; sie sind eine Illusion.
Einige Beispiele: „Wir sind mit der Erbsünde geboren“, „Wir sollten nicht zwei Liebhaber zur gleichen Zeit haben“, „Eine Frau muss Jungfrau bleiben, bis sie heiratet“, „Meine Eltern waren arm, also werde ich arm bleiben“.
Wir machen ein Retreat, um zu erkennen, dass die meisten von uns in einer anti-ekstatischen Gesellschaft leben, die uns zwingt, gegen den Strom der Glückseligkeit zu schwimmen, der genau hier, unter der Oberfläche, liegt.
Ein Retreat ist der nächste Schritt. Es geht nicht nur darum, dass wir uns auf uns selbst besinnen müssen, um entspannt und nicht mit der Welt identifiziert zu sein. Wir müssen den Schlüssel finden, um in dieser inneren Ruhe zu bleiben, um diese innere Loslösung von allem zu stabilisieren, was uns im Stresszustand hält.
Die Praxis: Das Dunkelheits-Retreat
Die Vorbereitung
Bevor Sie „in sich gehen“ und Ihr Retreat starten, sollten Sie festlegen, wie lange dieser Rückzug dauern wird. Beginnen Sie mit einem Tag, später erweitern Sie ihn auf drei Tage und so weiter.
Schalten Sie alle elektronischen Geräte aus. Sie haben sich zu einer schwierigen Sache entschlossen: den Ausstieg aus dem Netz unserer kollektiven globalen Technosphäre, die durch das Internet, Mobiltelefone, Computer, Fernsehen, Radio, Zeitungen usw. gespeist wird.
Wir verfangen uns in diesem Netz, denken, Informationen bringen Erleuchtung. Dem ist nicht so. Also lassen Sie die Finger davon, nur für eine Weile. Es ist an der Zeit, in Ihren natürlichen Zustand zurückzukehren und Ihrem Nervensystem eine Pause zu gönnen.
Nun, der Deal ist, dass Sie den Rückzugsraum während der ganzen Zeit nicht verlassen. Das ist Ihre heilige Verpflichtung.
Bevor Sie beginnen, besorgen Sie sich eine Augenbinde und Ohrstöpsel, Decken, viele Kissen, Früchte und Wasser. Stellen Sie sicher, dass Ihr Raum Vorhänge, Jalousien oder Rollläden zur Verdunklung hat. Wichtig ist auch eine Toilette in der Nähe.
Reinigen Sie den Retreat-Raum. Verbrennen Sie Weihrauch, lassen Sie Glöckchen erklingen und singen Sie heilende Klänge, um alte Energien zu vertreiben, die dort noch verweilen könnten, wie z. B. die Stimmung, als Sie deprimiert waren oder schlechte Nachrichten erfuhren oder letzte Woche einen Streit dort hatten.
Beseitigen Sie das alles. Verabschieden Sie sich schließlich von Ihren Lieben.
Wie Sie sich zurechtfinden
Hier ein paar hilfreiche Vorschläge für Ihren Retreat:
1 Stellen Sie sicher, dass Sie genügend Kissen haben, damit Sie bequem sitzen, oder wählen Sie einen komfortablen Sessel.
2 Konzentrieren Sie sich auf Ihren Atem. Wussten Sie, dass es fast unmöglich ist, gleichzeitig auf Ihren Atem und Ihre Gedanken zu achten? Seit Jahrtausenden werden besondere Atemtechniken für die Meditation genutzt, um wachsam und präsent zu bleiben.
3 Lassen Sie Ihren Verstand außen vor. Stellen Sie sich vor, er ist wie ein kleines Kätzchen. Setzen Sie es in Ihrer Vorstellung in eine schöne kleine Schachtel mit Löchern, damit es atmen kann. Binden Sie die Schachtel mit einem roten Band zu und positionieren diese auf einer Fensterbank oder im Garten. Sagen Sie Ihrem Verstand: „Bitte mach eine Pause. Es ist gut für dich. Geh schlafen, ich bin gleich wieder da.“
4 Entspannen Sie sich, tiefer und tiefer. Wenn die Gedanken kommen, sagen Sie „Danke“ und „später“ und konzentrieren Sie sich dann wieder darauf, Ihren Atem zu beobachten und Ihren Körper zu entspannen.
5 Hören Sie auf die Stille zwischen Ihren Gedanken. Erweitern Sie die Stille. Beobachten Sie sie. Können Sie unterscheiden, wann Sie beobachten und atmen und wann Sie denken? Was wählen Sie? Nähern Sie sich der Stille geschickt, nicht kämpfend, sondern annehmend und weitergehend.
6 Atmen Sie langsam und sanft ein und visualisieren Sie, dass Sie Prana, Lebensenergie, in sich aufnehmen. Wie fühlt sich diese Energie in Ihnen an? Hat sie eine Farbe? Ist sie ein Geräusch? Erlauben Sie dem Prana, Ihren ganzen Körper auszufüllen.
7 Atmen Sie ein und halten dann den Atem für einige Sekunden an. Spüren Sie, dass Sie in die Ewigkeit eintreten. Sie sind jetzt jenseits des Lebens, gehen über den Tod hinaus, keine Vergangenheit, keine Zukunft. Nur dieses unaufdringliche JETZT. Überschreiten Sie die Grenzen des Tuns und Denkens, während Sie sich zwischen dem eingehenden und dem ausgehenden Atem entspannen.
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