Damit ist der Vertrag geschlossen:Jeder kann vom anderen die Erfüllung der jeweils versprochenen Leistung verlangen.
Der Verkäufer schuldet Eigentumsverschaffung an der Uhr, § 433 Abs. 1 BGB.
Der Käufer schuldet Eigentumsverschaffung an dem Geld, Zahlung des Kaufpreises, § 433 Abs. 2 BGB.
4.3.2 Der Vertragsantrag
4.3.2.1 Begriff
Vertragsantragoder Vertragsangebotnennt man die Willenserklärung, durch die einem anderen die Schließung eines Vertrags angetragen wird (§ 145 BGB). Der Antrag kann vom Verkäufer oder vom Käufer ausgehen: Die zuerst geäußerte Erklärung ist der Antrag,mit der nachfolgenden Zustimmungserklärung wird der Antrag angenommen.
Ein Vertragsantrag liegt nur vor, wenn er inhaltlich so bestimmtist, dass er durch bloße Einverständniserklärung des Empfängers (z. B. durch Kopfnicken) angenommen werden kann.
Wenn A dem B lediglich erklärt, er wolle seinen Pkw verkaufen, ohne einen Preis zu nennen, so liegt darin kein Vertragsantrag. Die daraufhin geäußerte Zustimmung des B zum Kauf führt noch nicht zu einer vertraglichen Bindung der einen oder anderen Seite, weil eine Einigung über den Kaufgegenstand und dessen Preis erzielt werden muss.
4.3.2.2 Vertragsantrag und bloße Werbemaßnahme
Vom echten Vertragsantrag, dessen Annahme den Vertrag zustandebringt, sind solche „Angebote“ zu unterscheiden, die lediglich einen allgemein angesprochenen Personenkreis veranlassen sollen, mit dem Unternehmen in geschäftlichen Kontakt zu treten.
Dazu gehören Werbemaßnahmenwie Schaufensterauslagen, Kaufhausprospekte, Warensortimente von Onlineshops, Zeitungsanzeigenoder Speisekartenin Gaststätten. In all diesen Fällen handelt es sich schon deshalb nicht um rechtsgeschäftliche Vertragsanträge, weil sich der Anbietende doch jeweils noch vorbehalten will, mit wem er konkret in vertragliche Bindung treten will.
Wenn der ungepflegte mittellose S im Luxushotel Graf Zeppelin Platz nimmt und unter Bezugnahme auf die dort ausgelegte Speisekarte ein Menü bestellen will, so kann durch dessen Zustimmung mit der Speisenfolge in der Karte für den Hotelier noch keine vertragliche Bindung entstehen. Nicht das Auslegen der Speisekarte, sondern vielmehr die Bestellung des S ist das Angebot, das vom Hotelier selbstverständlich noch abgelehnt werden kann.
Dem Möbelhändler, der in seinem Verkaufsprospekt den Kauf von diversen Möbeln auf Raten anbietet, muss es noch möglich sein, das Geschäft mit einem total verschuldeten und wegen Betrugs vorbestraften Kaufinteressenten abzulehnen.
Deshalb sind die genannten Maßnahmen lediglich unverbindliche Werbeinstrumente,durch die der Geschäftsmann allgemein in Aussicht stellt, die angebotenen Waren zu den dort genannten Preisen verkaufen zu wollen. Sie stellen lediglich eine „Einladung“ an interessierte Kunden dar, „ihrerseits ein Angebot“ zu den bekannt gegebenen Konditionen zu machen (sog. invitatio ad offerendum= Einladung zum Geschäftsabschluss).
Dies gilt auch für die Preisschilderan den zum Verkauf aufgestellten Waren.
Im Kaufhaus hängen auf der Stange zehn gleiche Anzüge, die alle mit 400,– € ausgezeichnet sind. Der findige Kunde K entdeckt jedoch ein Exemplar, dessen Preisschild den Betrag von 200,– € ausweist. Er nimmt diesen Anzug zur Kasse, um den angegebenen Betrag zu bezahlen. Dort wird ihm von der aufmerksamen Kassiererin bedeutet, der Anzug koste wie alle anderen auch 400,– €. K ist demgegenüber der Ansicht, er habe das Angebot des Kaufhauses mit 200,– € angenommen und könne deshalb den Anzug zu diesem Preis beanspruchen. Zu Recht?
Ein Vertrag über 200,– € ist nicht zustande gekommen: K macht nämlich an der Kasse seinerseits erst dem Kaufhausinhaber ein Vertragsangebot, den Anzug für 200,– € kaufen zu wollen. Die Kassiererin „nimmt an“ zu 400,– €. Also fehlt es für einen Vertragsabschluss an den übereinstimmenden Willenserklärungen (vgl. dazu § 150 Abs. 2 BGB).
Selbstverständlich ist es dem Kaufhausinhaber nicht verwehrt, dem Kunden gleichwohl den Anzug für 200,– € zu überlassen, etwa um diesen, wenn er die wirkliche Rechtslage nicht einsehen mag, von negativen Äußerungen oder üblen Beschimpfungen abzuhalten.
Allerdings darf ein Geschäftsmann nicht systematisch dazu übergehen, durch extrem günstige Anpreisungen, zu denen er gar nicht stehen will, Kunden ins Geschäft zu locken. Ein solches Verhalten wäre ein Wettbewerbsverstoß,der nach den Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterbunden werden könnte (vgl. §§ 5, 16 UWG).
Ein echtes „Angebot an jedermann“ liegt in der Aufstellung und Inbetriebnahme eines Verkaufsautomaten.
4.3.2.3 Gebundenheit an den Antrag
Vor der bindenden Wirkung eines abgeschlossenen Vertrages steht zunächst einmal die Gebundenheit des Antragenden an seinen Antrag(§ 145 BGB). Grundsätzlich muss der Anbietende dem Empfänger seines Vertragsantrages Gelegenheit geben, auf das Vertragsangebot positiv oder negativ zu reagieren. So lange kann er seinen Antrag nicht ohne Weiteres annullieren, auch wenn er ihn inzwischen bereut.
Bei der Bindung an einen dem Empfänger wirksam zugegangenen Antragsind verschiedene Fallgestaltungen zu unterscheiden:
Kein Fall der „Bindung an ein Angebot“ ist der Fall des vorherigen oder gleichzeitigen Zugangs eines Widerrufs, weil in diesem Fall das Angebot erst gar nicht wirksam wird (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB).
> Ausschluss der Gebundenheit:Eine Bindung an den zugegangenen Antrag besteht überhaupt nicht, wenn der Antragende die Gebundenheit ausgeschlossen hat (§ 145 a. E. BGB). Dies kann durch den Angebots-Zusatz „freibleibend“ oder „unverbindlich“ geschehen. Die daraufhin erfolgende „Annahme“ ist dann eigentlich erst das Angebot, auf das der „freibleibend Anbietende“ seinerseits immer noch frei entscheiden kann, ob es durch seine Annahme zum Vertragsabschluss kommen soll.
> Bindung nur während Annahmefrist:Hat der Antragende für die Annahme eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen. Nach dem Ablauf der Frist ist die Annahme verspätet, der Antragende ist an sein Angebot nicht mehr gebunden (§ 148 BGB). Das Angebot ist erloschen (§ 146 BGB).
Im Übrigen ist zu unterscheiden, ob der Antrag an einen anwesenden Empfänger oder an einen abwesenden Empfänger gerichtet wird.
> Anwesender Antragsempfänger:Beim Angebot an einen Anwesenden – dazu zählt auch der Gesprächspartner am Telefon – muss der Antragsempfänger sogleich entscheiden, ob er annehmen will oder nicht. Nimmt er den Antrag nicht sofortan, so ist der Antrag erloschen (§ 146 BGB). Der Antragende ist dann nicht mehr an sein Angebot gebunden (§ 147 Abs. 1 BGB).
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