Geordnete Gemeinschaft:
Familie Mautner beim Essen, Zweiter von links ist Isidor Mautner.
Foto von Ferdinand Schmutzer, um 1905.
IMPRESSUM
ISBN: 9783990401842
© 2013 by Styria premium in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG
Wien · Graz · Klagenfurt
Alle Rechte vorbehalten
Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop
Covergestaltung: Bruno Wegscheider
Produktion und Gestaltung: Alfred Hoffmann
Reproduktion: Pixelstorm, Wien
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
Cover
Titel
Impressum IMPRESSUM ISBN: 9783990401842 © 2013 by Styria premium in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG Wien · Graz · Klagenfurt Alle Rechte vorbehalten Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop Covergestaltung: Bruno Wegscheider Produktion und Gestaltung: Alfred Hoffmann Reproduktion: Pixelstorm, Wien 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
Zitat Ein „Amerikaner in Österreich“: Karl Wittgenstein verdiente sein Vermögen mit Eisen und Stahl. Foto von Ferdinand Schmutzer, um 1908. „Wenn man Zeit hat, und in der Laune ist, baut man Fabriken, erobert Länder, schreibt Symphonien, wird Millionär … aber glaube mir, das ist doch alles nur Nebensache. Die Hauptsache – seid ihr! – ihr – ihr! … “ Arthur Schnitzler, Das weite Land, 1910
Vorwort
TEIL I: REICH SEIN
Eine Ein-Promille-Gesellschaft
929 Millionäre
TEIL II: REICH WERDEN
Der Reichste der Reichen
Vom Bankier zum Banker
Die letzte Blüte der Privatbankiers
Die Macht der Bankdirektoren
Handel macht reich
Die Holz- und Kohlenhändler
Alles ist Handel
Textilhändler und Warenhäuser
Abenteurer und Imperialisten
Industrielle und Innovatoren
Die Königin der alten Industrie
Brauherren und Zuckerbarone
Produzieren im Jugendstil
Innovation Elektrizität
Papier und Schreibwaren
Kreise um Wittgenstein
Rüsten für den Krieg
Das Zeitalter der Maschinen
Der aufgehende Stern der Autoindustrie
Die galizischen Ölmillionäre
Der große Bauboom
Von Tellerwäschern zu Millionären
Nobeladvokaten und Rechtsvertreter
Reiche Professoren und ein paar nicht arme Studenten
Kunst und Geld
Die Zeitungszaren
Reiche „arme“ Staatsdiener
TEIL III: REICH ERBEN
Außer Konkurrenz – die Habsburger
Der alte Adel – die „erste“ Gesellschaft
Der neue Adel – die „zweite“ Gesellschaft
Lustige Witwen und reiche Töchter
Jüdischer Reichtum
TEIL IV: REICH BLEIBEN
Die Religionen und der Geist des Kapitalismus
Kapitalismus als Religion
Reichtum und Bildung
Reichtum und Mobilität – Schmelztiegel Wien
Quinquin – Heirat und Sexualität im Umbruch
Alles Netzwerke und Seilschaften!
„Orden sind mir wurscht!“
Aussteiger und Schwarze Schafe
Das große Steuerunrecht
Der Aufstand der Armen
Die Politik der Reichen
TEIL V: REICH LEBEN
„O, wie herrlich lebten sie!“
Die Orte der Reichen
Jagdergebnisse und Jagderlebnisse
Bergeroberungen
Millionäre auf dem Rad
Herrenreiter
Herrenfahrer
Polo und Golf – die neuen Spiele der Reichen
Tennisbeziehungen und Tennisduelle
TEIL VI: REICH STERBEN
Reich zu sterben ist eine Schande
Leben und Weiterleben
Das Buddenbrook-Syndrom
Wachsen und Zerstören
„Wenn das Haus fertig ist, kommt der Tod“
Die Katastrophe des Holocaust
TEIL VII: AUSBLICK
Die Wiederkehr der Ungleichheit
Anmerkungen
Literatur
TEIL VIII: DIE 929 REICHSTEN WIENER IM JAHR 1910
Kurzbiographien
Geldeinheiten und Umrechnungen
Personenregister
Bildnachweis
Ein „Amerikaner in Österreich“: Karl Wittgenstein verdiente sein Vermögen mit Eisen und Stahl. Foto von Ferdinand Schmutzer, um 1908.
„Wenn man Zeit hat, und in der Laune ist,
baut man Fabriken, erobert Länder,
schreibt Symphonien, wird Millionär
… aber glaube mir, das ist doch alles nur Nebensache.
Die Hauptsache – seid ihr! – ihr – ihr! … “
Arthur Schnitzler, Das weite Land, 1910
Wien um 1910: Die Reichshaupt- und Residenzstadt hatte die Zweimillionengrenze überschritten und träumte von vier Millionen, in einem Reich, das auf 52 Millionen Einwohner angewachsen war. Wien war zur siebtgrößten Stadt der Welt und viertgrößten Europas geworden: ein Schmelztiegel der Nationen, eine Hochburg der Künste und Wissenschaften, eine Stadt der Träume, aber auch der harten sozialen und nationalen Gegensätze, zugedeckt von schmelzenden Operettenmelodien und verzopftem Hofzeremoniell. Für die einen war es die „gute alte Zeit“, das „Zeitalter der Sicherheit“ und ein „letzter Glanz der Märchenstadt“, für die anderen ein „Tanz auf dem Vulkan“, ein „Völkerkerker“ und ein Warten auf die „letzten Tage der Menschheit“. Noch regierte der alte Franz Joseph, Kaiser von Österreich und König von Ungarn, König von Böhmen, Markgraf von Mähren, Erzherzog von Österreich, Herzog von Steiermark, Kärnten und Krain, gefürsteter Graf von Tirol, König von Galizien und Lodomerien. Immer noch auch mit dem Titel eines Königs von Jerusalem und – merkwürdig genug im Lichte der späteren Geschichte – eines Herzogs von Auschwitz. Es war Klimts Wien, Mahlers Wien, Schnitzlers Wien, Wittgensteins Wien, Freuds Wien, Herzls Wien, Rothschilds Wien, Luegers Wien. Hitlers Wiener Jahre begannen 1908, Trotzki lebte hier von 1906 bis 1914 und Stalin recherchierte im Jahr 1913 in Wien. Josip Broz, später Tito genannt, wohnte im selben Jahr in Neudörfl und arbeitete in den Daimler-Werken in Wiener Neustadt.
Es war eine spannende Zeit, in der Wissenschaft, in der Kunst, in der Technik, in der Politik. Wien glänzte als Mekka der Medizin. Die Grundlagen von Physik und Chemie wurden neu definiert. In Geschichte, Ökonomie, Soziologie, Rechtswissenschaften, überall wurden Höchstleistungen vollbracht. Die Kunst war in raschem Umbruch. Noch dominierten die historisierenden Stile. Aus heutiger Sicht aber ist es die Zeit des Jugendstils. Hans Makart hatte eine ganze Epoche geprägt. John Quincy Adams malte die feudalen Eliten, Gustav Klimt die modischen Aufsteiger, besser gesagt deren Frauen und Töchter. Josef Hofmann richtete ihre Villen ein. Adolf Loos provozierte den Kaiser mit seinem direkt vor die Hofburg platzierten Haus ohne Schnörkel und Verzierungen. Arthur Schnitzler, der einflussreichste und umstrittenste Dichter der Epoche, provozierte Theaterskandale, Arnold Schönberg provozierte mit neuer, nie gehörter Musik, Sigmund Freud provozierte mit der Analyse der Seele. Die Wiener Könige der Silbernen Operette feierten internationale Erfolge. Gustav Mahler war, von der Leitung der Staatsoper resigniert, nach Amerika gegangen und todkrank zurückgekehrt. Man unterhielt sich glänzend, in der Hofoper und im Burgtheater, auf den Flaniermeilen am Ring und auf den Rennplätzen im Prater, in den Separées im Sacher und bei der Heurigenmusik in Grinzing. „Die Frauen sind schön und elegant. Und überhaupt alles ist verteufelt elegant“, schrieb Anton Tschechow anlässlich seines Aufenthalts über das Wien des Fin de Siècle.1 Die Wortwahl „verteufelt“, beim Wortsinn genommen, lässt die dunkle Ahnung von einem bevorstehenden Verderben mitschwingen.
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