Kay Löffler
(Herausgeber)
DIE DEN WEG FANDEN
Geschichten über den Jakobsweg
Pernobilis Edition
im Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2017
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
Dank an
Konrad Geiger (Übersetzer)
Regine Verbruggen
Lutz Nitzsche Kornel
und an die Autoren
für die uneigennützige Unterstützung und Mithilfe
an diesem Buch
Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag
© in dieser Zusammenstellung: Kay Löffler, 2017
© der Texte bei den jeweils genannten Autoren
© der Fotografien: Kay Löffler
www.kayloeffler.eu
Alle Rechte bei den Autoren,
in dieser Zusammenstellung bei Kay Löffler
Hergestellt in 2017, Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Cover
Titel Kay Löffler (Herausgeber) DIE DEN WEG FANDEN Geschichten über den Jakobsweg Pernobilis Edition im Engelsdorfer Verlag Leipzig 2017
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dank an Konrad Geiger (Übersetzer) Regine Verbruggen Lutz Nitzsche Kornel und an die Autoren für die uneigennützige Unterstützung und Mithilfe an diesem Buch Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag © in dieser Zusammenstellung: Kay Löffler, 2017 © der Texte bei den jeweils genannten Autoren © der Fotografien: Kay Löffler www.kayloeffler.eu Alle Rechte bei den Autoren, in dieser Zusammenstellung bei Kay Löffler Hergestellt in 2017, Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
Wie alles begann Wie alles begann Ich traf sie irgendwo zwischen den Feldern: Eine Filipina aus Südamerika, Mitte fünfzig. Irgendwie kamen wir ins Gespräch, wie es so oft passiert auf diesem Weg. Ich erfuhr etwas von ihrem Leben, sie von meinem. Wir zogen an seltsamen Hobbit-Häusern vorbei, erreichten ein Städtchen, kamen an eine Bar mit durchgeknalltem Inhaber, tranken einen Café Americano Grande. »Du schreibst?«, fragte sie. »Über den Jakobsweg?« »Nein, ganz bestimmt nicht. Es gibt mehr als genügend Bücher über den Camino.« »Ja«, sagte sie lächelnd. »Und sie sind alle gleich: Kapitel 1: Mit tut das linke Bein weh. Kapitel 2: Mir tut das rechte Bein weh. Kapitel 3: Ich will nach Hause.« »Manchmal ist es auch andersrum«, grinste ich. Und das war der Moment, in dem die Idee zu einer Anthologie in mir wuchs. Eine Sammlung von Kurzgeschichten über den Jakobsweg. Geschichten, die anders sind als diese üblichen Geschichten. Wir tranken unseren Kaffee, zahlten, gingen weiter, trennten uns. Hin und wieder begegneten sich unsere Wege in den nächsten Tagen: Ich blieb stehen, um etwas zu notieren auf einer Serviette, auf einem Fetzen Papier, in meinem Wanderbuch, und sie zog an mir vorbei: »Eine neue Idee?« Ich schrieb. Und holte sie bei nächster Gelegenheit ein, als sie sich den Schnürsenkel zuband. So ging das einige Male. Dann geschah es nicht mehr. Sie war weg. Oder ich war weg. Je nach Sichtweise. Wann ich sie das letzte Mal sah? Ich weiß es nicht. Es ist auch egal auf diesem Weg, denn er ist symbolisch wie das Leben: Man begegnet sich, die Wege kreuzen sich nur oder laufen kurz nebeneinander her, um sich dann wieder zu trennen. Manchmal für kurze Zeit, manchmal auf Dauer. Und manche Begegnungen hinterlassen Spuren, und seien sie noch so klein. Elsdorf, im Herbst 2017 Kay Löffler
Der alte Mann und der Weg Kay Löffler
Wohl und Wehe Isaban Sabine Römmer-Speer
El Camino – Auf dem Jakobsweg durch den Norden Spaniens Carmen Rohrbach
1 + 1 ist manchmal mehr als 2
Ein Pilger ist nie allein
Buen camino, Ingrid!
Magic Moment
Sucher
Der Bus
Die Herberge
Begegnungen
Von nun an ging’s bergab!
Auf weiter Flur
Miniaturen
Und ob ich schon wanderte
Wohin wir gehen
Schicksal
Nachhall
Ich bat um Liebe
Biografien
Weitere Bücher
Ich traf sie irgendwo zwischen den Feldern: Eine Filipina aus Südamerika, Mitte fünfzig. Irgendwie kamen wir ins Gespräch, wie es so oft passiert auf diesem Weg. Ich erfuhr etwas von ihrem Leben, sie von meinem.
Wir zogen an seltsamen Hobbit-Häusern vorbei, erreichten ein Städtchen, kamen an eine Bar mit durchgeknalltem Inhaber, tranken einen Café Americano Grande.
»Du schreibst?«, fragte sie. »Über den Jakobsweg?« »Nein, ganz bestimmt nicht. Es gibt mehr als genügend Bücher über den Camino.«
»Ja«, sagte sie lächelnd. »Und sie sind alle gleich:
Kapitel 1: Mit tut das linke Bein weh.
Kapitel 2: Mir tut das rechte Bein weh.
Kapitel 3: Ich will nach Hause.«
»Manchmal ist es auch andersrum«, grinste ich. Und das war der Moment, in dem die Idee zu einer Anthologie in mir wuchs. Eine Sammlung von Kurzgeschichten über den Jakobsweg. Geschichten, die anders sind als diese üblichen Geschichten.
Wir tranken unseren Kaffee, zahlten, gingen weiter, trennten uns. Hin und wieder begegneten sich unsere Wege in den nächsten Tagen: Ich blieb stehen, um etwas zu notieren auf einer Serviette, auf einem Fetzen Papier, in meinem Wanderbuch, und sie zog an mir vorbei: »Eine neue Idee?«
Ich schrieb. Und holte sie bei nächster Gelegenheit ein, als sie sich den Schnürsenkel zuband. So ging das einige Male. Dann geschah es nicht mehr. Sie war weg. Oder ich war weg. Je nach Sichtweise. Wann ich sie das letzte Mal sah? Ich weiß es nicht. Es ist auch egal auf diesem Weg, denn er ist symbolisch wie das Leben: Man begegnet sich, die Wege kreuzen sich nur oder laufen kurz nebeneinander her, um sich dann wieder zu trennen. Manchmal für kurze Zeit, manchmal auf Dauer. Und manche Begegnungen hinterlassen Spuren, und seien sie noch so klein.
Elsdorf, im Herbst 2017
Kay Löffler
Kay Löffler
Der alte Mann und der Weg
Allein.
Die staubige Römerstraße zieht sich in sechs- bis achthundert Metern Höhe schnurgerade dahin. Er erkannte Fußabdrücke, dann die Vertiefung von Hufen und hin und wieder auch die Abbildung einer mittelgroßen Hundepfote.
Die Hufabdrücke wirkten zu klein für die eines Pferdes. An den tiefsten Stellen war die Spur noch feucht. Nicht weit vor ihm mussten also die zwei Spanier mit ihren Maultieren sein.
Ein Blick auf seine Armbanduhr verriet ihm, dass er nun einundzwanzig Tage auf dem Jakobsweg unterwegs war. Etwas über vierhundert Kilometer hatte er hinter sich gelassen. »Ab zweihundert Kilometern«, hatte ein anderer Pilger gesagt, »ist man eingelaufen.« Da ist etwas dran. Automatisch setzt der Körper einen Fuß vor den anderen, spulen sich Kilometer um Kilometer unter den Sohlen ab. Nur sein rechter Fuß schmerzte noch etwas. Und seit zweihundert Kilometern warteten Tränen hinter seinen Augenlidern. Er aber wollte nicht weinen, ohne den Grund zu kennen. Er hatte seit dreißig Jahren nicht mehr geweint, warum sollte er ausgerechnet jetzt …? Andererseits: Er hatte dreißig Jahre nachzuholen. Wurde er sentimental?
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