2.1 Die ganzheitliche Sichtweise
Bei unseren Vorfahren und in Teilen der heutigen Menschheit, die in schamanischen Stammeskulturen oder spirituell ausgerichteten Gesellschaften leben, war und ist dies anders: Nicht die materiellen Dinge sind wichtig, sondern genau die immateriellen, nicht wissenschaftlich erfassbaren Phänomene des Lebens.
Wir sind so unglaublich stolz auf die Epoche der Aufklärung, die uns aus dem finsteren Mittelalter herausgeführt hat in eine moderne Welt des Wissens jenseits des Aberglaubens. Phänomene wie Geister, Seele und Seelenwanderung, feinstoffliche Energien usw. werden den Kirchen und Randgruppen überlassen, die aber eher belächelt werden ob ihrer angeblichen Naivität und Rückständigkeit. Der moderne Mensch hält sich an Fakten – und die werden durch die Wissenschaft bestimmt. Erstaunlicherweise leiden jedoch immer mehr Menschen an sogenannten psychisch-seelischen Erkrankungen und Störungen, für die die Wissenschaft weder Ursachen findet noch tragfähige Erklärungsmodelle liefert.
Gleichzeitig nimmt das Interesse an nichtwissenschaftlichen Phänomenen und Anschauungen in westlichen Gesellschaften zu. Immerhin hat Yoga inzwischen den Sprung in den Mainstream geschafft. Akupunktur wird in der Medizin bei einigen Krankheitsbildern als Behandlungsmethode anerkannt, obwohl die alte Lehre von den Energiebahnen nicht wissenschaftlich beweisbar ist. Viele Menschen vertrauen mehr der Naturheilkunde und energetischen oder spirituellen Heilmethoden, bevor sie sich in einen Medizinapparat begeben, der immer öfter als seelenlos erlebt wird, weil der Einzelne mit seinen Nöten und Problemen zu einem Kostenfaktor degradiert wird, der mechanistisch repariert werden kann.
Im gesamten folgenden Text verwenden wir abweichend vom klassischen Körper-Geist-Seele-Schema ein etwas differenzierteres, auf schamanischen Grundlagen beruhendes Modell:
– Der Körperist das materielle Gefäß, in dem wir uns durch das Leben bewegen.
– Der Geist(höheres Selbst) ist unsere wahre Natur. Er ist in der Unendlichkeit zu Hause und begleitet das ganze Leben aus dieser Perspektive.
– Die Psychebezeichnet unser ganzes Innenleben, das sich aus dem Denken und Fühlen zusammensetzt.
– Die Seeleenthält alles, was wir für unseren Lebensweg benötigen: alle Erfahrungen, die wir jemals gemacht haben, unseren Weisheitsschatz, die Verbindung zu unserem göttlichen Ursprung und zum höheren Selbst.
Wollen wir den Menschen in seiner Ganzheit erfassen, ist zwar der wissenschaftliche Ansatz als Teil des Ganzen wichtig, aber bei Weitem nicht ausreichend. Indem wir die Schnittstellen zwischen Körper, Geist, Psyche und Seele betrachten, betreten wir Bereiche, die mit der Grundmethodik des wissenschaftlichen Ansatzes nicht erklärbar und erfassbar sind, weil der Mensch weit mehr ist als eine nach den immer gleichen Gesetzmäßigkeiten funktionierende »Maschine«.
Wie bereits erwähnt, stoßen wir mit der wissenschaftlichen Methodik bei der Betrachtung der Zirbeldrüse und ihrer Zusammenhänge mit den Chakras und den Phänomenen wie Hellsichtigkeit und Unsterblichkeit schnell an Grenzen. Hierfür gibt es einfach keine funktionierenden Erklärungsmodelle; die wissenschaftliche Vorgehensweise des objektiven, reproduzierbaren »Beweises« greift hier überhaupt nicht. Nichtsdestotrotz gibt es sowohl übersinnliche Phänomene als auch nicht erklärbare Spontanheilungen.
Als Autoren gehen wir deshalb einen anderen Weg. Es ist unser Bestreben, das Thema möglichst ganzheitlich zu erfassen. Bei vielen Aussagen stützen wir uns auf die wissenschaftliche Basis, obwohl es sich immer wieder zeigt, dass viele Studien im Bereich der Zirbeldrüse, der Hirnforschung und des Menschen an sich sehr widersprüchliche, teilweise gänzlich konträre Aussagen treffen. Wir bewegen uns in wissenschaftliche Grenzbereiche und darüber hinaus in philosophische, spirituelle und religiöse Betrachtungen und Erkenntnisse. Daraus zeichnen wir ein Bild, wozu wir Menschen fähig sind, wenn wir uns trauen, über unsere sehr beschränkte Alltagssichtweise hinauszugehen. So eröffnen sich am Horizont unseres Menschseins neue Sichtweisen und Möglichkeiten, wenn wir ihnen nur den Raum geben, sich zu zeigen.
2.2 Homo sapiens
Homo sapiens – aus dem Lateinischen übersetzt: der weise, kluge, vernünftige Mensch. Entwicklungsgeschichtlich gehören wir zu den höheren Säugetieren – genauer: zu den Primaten. Fossile Funde aus Afrika belegen, dass es seit über 300.000 Jahren Menschen gibt. Damit sich der Mensch mit seinen besonderen Eigenschaften, die ihn von anderen Lebewesen unterscheiden, überhaupt entwickeln konnte, war das Zusammenspiel einer Vielzahl genetischer, zerebraler (zum Gehirn gehörender), ökologischer, sozialer und kultureller Faktoren maßgeblich. Aber was unterscheidet uns neben anatomischen Besonderheiten nun von anderen Tieren oder auch von unseren nächsten noch lebenden Verwandten, den Schimpansen? Was macht uns wirklich aus und woher leiten wir im negativen Sinne das zweifelhafte Selbstverständnis und das Recht ab, andere Lebensformen für unsere Zwecke auszubeuten, zu quälen und – ganz allgemein – uns über sie zu erheben?
Die Hand mit der Fähigkeit des Daumens, den anderen Fingern gegenübergestellt zu werden, ist sicherlich eine Besonderheit, die wir allerdings mit den meisten Primaten und einigen anderen Tieren gemeinsam haben. Die Greifhand ermöglicht es uns, Dinge im wahrsten Wortsinn zu »begreifen«, Materie mit unseren Händen zu formen, Werkzeuge und Waffen herzustellen, zu schreiben, handwerkliche Tätigkeiten auszuführen usw.
Aber dies alles ist wiederum nur möglich aufgrund der Besonderheiten unseres Gehirns. Die Anzahl der Nervenzellen ist dabei nicht alleine entscheidend. So hat ein Mensch ca. 80–100 Milliarden Nervenzellen, ein Elefant dagegen ca. 250 Milliarden. Ein Grintwal hat alleine im Neokortex, dem entwicklungsgeschichtlich jüngsten Hirnbereich, ca. 40–45 Milliarden Nervenzellen und damit doppelt so viele wie ein Mensch in dieser Hirnregion.
Am menschlichen Gehirn ist die Großhirnrinde besonders stark ausgeprägt, und hier vor allem die Frontallappen. Dort sind vielerlei Funktionen beheimatet, zum Beispiel Impulskontrolle, emotionale Regulation, Aufmerksamkeitssteuerung, zielgerichtetes Initiieren und Sequenzieren (Bilden einer bestimmten Reihenfolge) von Handlungen, motorische Steuerung, Beobachtung der Handlungsergebnisse und Selbstkorrektur. Ebenso sind beim Menschen die Gehirnareale deutlich vergrößert, die für das Sehen und für die Sprache zuständig sind. 1
2.2.1 Was uns Menschen ausmacht
Entwicklungsgeschichtlich können wir feststellen, dass sich das Hirn im Lauf der Evolution den immer neuen Herausforderungen und komplexeren Lebensweisen auch anatomisch angepasst hat: Wie wir aus der modernen Hirnforschung wissen, besteht es aus unterschiedlich alten Abschnitten. Das menschliche Gehirn enthält alle Strukturen vom Reptilienhirn über das Säugetiergehirn bis hin zu jenen Merkmalen, die den Entwicklungssprung zum Menschen mit seiner Fähigkeit, zu reflektieren und sich selbst zu hinterfragen, kennzeichnen.
Eine weitere Besonderheit ist sicherlich die Sprachfertigkeit der Menschen, die dazu beigetragen hat, dass sich differenzierte Sprachen herausgebildet haben und wir trotz deren Unterschieden in der Lage sind, uns zu verständigen. Wir bilden soziale Gemeinschaften, spezialisieren unsere Fähigkeiten, und dank unserer Fantasie sind wir in der Lage, weit über die Grenzen des Möglichen hinaus zu denken und sogar das Unmögliche möglich zu machen. Die entscheidenden Punkte sind unser Bewusstsein »außerhalb der engen Determiniertheit des instinktiven Handelns« sowie die Distanzierung zur Natur, zu der wir außerdem selbst gehören. Wir sind in der Lage, durch unseren Geist eine beobachtende Distanz zu uns selbst herzustellen, uns also selbst zu beobachten, zu analysieren und unser Tun zu reflektieren.
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