Wenn RBZ Sauerstoff aus der Lunge aufgenommen haben, ist das Blut leuchtend rot. Wenn der Sauerstoff in das Körpergewebe abgegeben worden ist, hat das Blut eine dunklere Farbe. Für die rote Farbe des Blutes ist das Hämoglobin in den roten Blutzellen verantwortlich.
Hämoglobin
Hämoglobin ist ein rotes eisenhaltiges Protein in roten Blutkörperchen, das Sauerstoff bindet und so dessen Transport aus der Lunge in die Zellen des Organismus sowie die Rückführung von Kohlendioxid (dem Abbauprodukt des Sauerstoffs) aus dem Gewebe in die Lunge ermöglicht. 2Außerdem trägt Hämoglobin dazu bei, die Form der roten Blutkörperchen aufrechtzuerhalten. Hat es eine veränderte Struktur (z. B. eine Sichelform, wie sie in der Sichelzellanämie vorliegt), kann die Form der roten Blutkörperchen krankhaft verändert und ihre Funktion und Bewegung durch die Blutgefäße behindert sein.
RBZ-Antigene
Normalerweise ist ein Antigen eine Substanz auf einem Pathogen, etwa einem Bakterium oder Virus, deren reines Vorhandensein das Immunsystem stimuliert, aktiv zu werden und spezifische Antikörper im Plasma anzulocken, um das Antigen zu neutralisieren. Doch jede rote Blutzelle trägt ebenfalls Antigene auf ihrer Oberfläche, die entweder aus Zucker oder aus Eiweiß bestehen. Der Zweck der meisten dieser RBZ-Antigene ist unklar, und meist werden sie vom Immunsystem ignoriert. Allerdings gibt es zwei spezifische Typen von RBZ-Antigenen, die sich von den anderen unterscheiden. Sie wurden als A-Antigen und B-Antigen identifiziert.
Wenn sich auf Ihren roten Blutkörperchen A-Antigene befinden, dann enthält Ihr Plasma B-Antikörper, die eine erwünschte Immunreaktion auslösen, wenn sie B-Antigenen aus fremdem Blut ausgesetzt sind. Falls sich im umgekehrten Fall B-Antigene auf Ihren RBZ befinden, dann greifen die A-Antikörper in Ihrem Plasma die A-Antigene aus fremden Blutquellen an. Die Entdeckung dieser Antigene und ihrer Auswirkungen führte zu der wichtigen Klassifikation von Blut gemäß unterschiedlichen Blutgruppen (→ »Antigene und Blutgruppen« auf Seite 20f.).
Zwar ist der Zweck von RBZ-Antigenen nach wie vor unklar, doch wir wissen, dass sie eine Antikörperreaktion auslösen, wenn sie in Kontakt mit inkompatiblen roten Blutkörperchen kommen. Wenn jemand mit einer bestimmten Blutgruppe eine Bluttransfusion derselben Blutgruppe erhält, reagieren die Plasma-Antikörper nicht, und das Immunsystem erkennt die eintretenden Antigene als Freunde und nicht als Feinde. Wenn hingegen jemand Blut aus einer Blutgruppe erhält, die nicht seiner eigenen entspricht, dann werden die Antikörper im Plasma des Betreffenden aktiv, und sein Immunsystem wird das übertragene Blut ablehnen, da es dessen Antigene als fremde Invasoren betrachtet. Diese Reaktion kann zu katastrophalen Ergebnissen führen. Eine erfolgreiche Bluttransfusion hängt also von einer sorgfältigen Bestimmung der Blutgruppe und der serologischen Verträglichkeit (Kreuzprobe) ab. Kurzum: Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein spezifischer Antigene auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen eines Menschen bestimmt, welche Blutgruppe die Blutspende haben muss, damit er sie verträgt (→ Tab. 1.2 auf Seite 22).
Antigene und Blutgruppen
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts begannen Ärzte, Blut von einer Person auf eine andere zu übertragen in der Hoffnung, das verlorene Blut eines Patienten zu ersetzen. Das hatte leider häufig tödliche Folgen. Erst 1900 entdeckte der österreichische Wissenschaftler Karl Landsteiner die Ursache für solche Reaktionen: unverträgliche Blutgruppen. Er fand heraus, dass jeder Mensch eine bestimmte genetisch bedingte Blutgruppe hat, basierend auf den RBZ-Antigenen, und dass eine Transfusion mit einer fremden Blutgruppe tödlich sein kann.
Noch einmal zur Erklärung: Wenn Sie das A-Antigen geerbt haben, dann gehören Sie zur Blutgruppe A, und Ihr Plasma weist B-Antikörper auf. Wenn Sie beide Antigene geerbt haben, dann gehören Sie zur Blutgruppe AB, und Ihr Plasma weist weder A- noch B-Antikörper auf. Wenn Sie weder das A- noch das B-Antigen geerbt haben, die Oberfläche Ihrer RBZ also »leer« ist, dann gehören Sie zur Blutgruppe 0, und Ihr Plasma weist sowohl A- als auch B-Antikörper auf. Zusätzlich zu dieser auf Buchstaben basierenden Klassifikation spielt der Rhesus-Faktor eine Rolle: Wenn Sie das sogenannte Rh-Faktor-Antigen geerbt haben, ist Ihr Blut Rh-positiv. Ist dies nicht der Fall, dann ist Ihr Blut Rh-negativ. Das wird normalerweise mit dem Zusatz Plus [+] oder Minus [−] dargestellt – nach Ihrer AB0-Blutgruppe (z. B. A+, 0 −). Insgesamt führt die An- oder Abwesenheit dieser Antigene zu acht unterschiedlichen Blutgruppen: A+, A−, B +, B −, AB +, AB −, 0 + und 0 −. Manche Blutgruppen kommen häufiger vor als andere. In der folgenden Tabelle 1.1 wird die Prävalenz jeder Blutgruppe in den USA in Zusammenhang mit ihrer ethnischen Zugehörigkeit dargestellt.
Tabelle 1.1. Übliche Blutgruppen in den USA, aufgeschlüsselt nach ethnischer Zugehörigkeit
Blutgruppe |
Kaukasier |
Afro-Amerikaner |
Hispano-Amerikaner |
Amerikaner mit asiatischen Wurzeln |
0 + |
37 % |
47 % |
53 % |
39 % |
0 − |
8 % |
4 % |
4 % |
1 % |
A + |
33 % |
24 % |
29 % |
27 % |
A − |
7 % |
2 % |
2 % |
0,5 % |
B + |
9 % |
18 % |
9 % |
25 % |
B − |
2 % |
1 % |
1 % |
0,4 % |
AB + |
3 % |
4 % |
2 % |
7 % |
AB− |
1 % |
0,3 % |
0,2 % |
0,1 % |
Zum Vergleich: Verteilung der Blutgruppen in Deutschland
Blutgruppe |
Gesamt |
Rhesus+ |
Rhesus− |
0 |
41 % |
0 + 35 % |
0 − 6 % |
A |
43 % |
A + 37 % |
A − 6 % |
B |
11 % |
B + 9 % |
B − 2 % |
AB |
5 % |
AB + 4 % |
AB− 1% |
|
100 % |
85 % |
15 % |
Menschen mit der Blutgruppe 0 können jedem Blut spenden. AB kann nur anderen Menschen aus dieser Gruppe gespendet werden, obwohl Träger der Blutgruppe AB als Universalspender von Plasma gelten. Außerdem sind Menschen mit der Blutgruppe AB Universalempfänger, sie können also RBZ aus jeglicher Blutgruppe empfangen. Diese Regel wird allerdings durch Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des Rhesus-Faktors beeinträchtigt. Rh-negatives Blut wird ausschließlich Rh-negativen Patienten übertragen, Rh-positiven Patienten kann Rh-positives oder Rh-negatives Blut übertragen werden.
Tabelle 1.2. Kompatibilität der Blutgruppen
Blutgruppe des Patienten |
Antigen auf der RBZ-Oberfläche |
Antikörper im Plasma |
Blutgruppe des Spenders |
A |
A-Antigen |
B-Antikörper |
A, 0 |
B |
B-Antigen |
A-Antikörper |
B, 0 |
AB |
A- und B-Antigene |
weder A- noch B-Antikörper |
A, B, AB, 0 |
0 |
weder A- noch B-Antigene |
A- und B-Antikörper |
0 |
Weiße Blutkörperchen
Weiße Blutkörperchen bzw. weiße Blutzellen (WBZ), die sogenannten Leukozyten, machen zwei Prozent des Blutes aus und liefern Hinweise auf den Zustand Ihres Immunsystems. Es gibt fünf Arten von Leukozyten, die den Körper vor Bakterien und anderen schädlichen Substanzen schützen. 3 4Wie die roten Blutzellen reifen auch sie aus unreifen Stammzellen im Knochenmark heran. Wenn sie in den Blutkreislauf gelangen, überdauern weiße Blutzellen zwischen dreizehn und zwanzig Tagen. Die fünf Typen von weißen Blutkörperchen – neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten – erfüllen unterschiedliche Aufgaben im Immunsystem.
Читать дальше