»Einen kleinen, der kein Problem damit hat, in meiner aktuellen Wohnung zu leben.« Ich lache.
Sie verzieht das Gesicht. Schließlich weiß sie alles über meine Untermieter-Situation. »Wie läuft es mit der Renovierung?«
Ein Flattern geht durch meine Magengegend. Das Meeting mit Mr Fremont – der darauf bestand, dass ich ihn Lucas nenne – ist kaum sieben Tage her, dennoch hat er mich schon einige Male kontaktiert. In seinen Nachrichten ging es vor allem um Updates zu den Bauunternehmen, damit ich auf dem Laufenden bin. Eine einzige drehte sich darum, ein Treffen für nächste Woche zu vereinbaren. Er möchte mir ein paar Sachen zeigen, die er ausgesucht hat.
»Es läuft, aber es wird einige Zeit in Anspruch nehmen.«
»Ich kann es kaum erwarten, das Endergebnis zu sehen.«
»Geht mir genauso. Ich denke, ich werde mich angekommener fühlen, sobald ich eingezogen bin. Dann kann ich wirklich anfangen, mich hier in der Stadt häuslich einzurichten.«
»Das ist verständlich«, erwidert sie sanft. »Hast du noch irgendetwas von Tom gehört?«
»Er hat ein paarmal angerufen, aber ich bin nicht rangegangen. Ich möchte nicht mit ihm reden. Allerdings habe ich mit seiner Mutter gesprochen.«
»Wie war das?« Abby weiß von meiner Beziehung zu Toms Familie, insbesondere zu seiner Mom.
Ich stoße ein Seufzen aus. »Sie ist weiterhin enttäuscht, weil ich gegangen bin. Sie versucht, mich davon zu überzeugen, dass Tom alles wieder in Ordnung bringt, wenn ich ihm nur eine zweite Chance gebe.« Ich trinke einen weiteren Schluck Wein, ehe ich fortfahre. »Sie ist die einzige Mutterfigur, die ich je gekannt habe. Von daher ist es ätzend, dass sich meine Trennung von Tom belastend auf meine Beziehung zu ihr auswirkt.«
»Sie versteht bestimmt, dass die Dinge nicht mehr so sind, wie sie einmal waren«, sagt Abby leise, und ich zucke mit den Schultern, weil ich mir nicht sicher bin, ob sie recht hat.
»Keine Ahnung. Mir ist klar, dass sie hin- und hergerissen ist und das Gefühl hat, zwischen mir und ihrem Sohn wählen zu müssen. Letzten Endes wird sie sich aber immer auf Toms Seite schlagen. Als ich von seiner Affäre erfuhr und deswegen zu ihr gegangen bin, hat sie mir geraten, am besten die Augen davor zu verschließen, was ihr Sohn treibt.«
»Ja, ich erinnere mich.« Sie verdreht die Augen. »Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass viele wegsehen. Das kommt zu oft vor. Aber mal ehrlich, welche Frau fände es okay, dass ihr Mann mit einer anderen schläft, nachdem er sich ihr, und zwar nur ihr, versprochen hat?«
»Ich auf jeden Fall nicht.«
»Ich ebenso wenig, Süße.« Sie hebt ihr Glas, ich folge ihrem Beispiel und wir stoßen an. »Ich weiß, dass ich das nicht laut sagen sollte, aber wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre ... Ich hätte ihm mehr abgeknöpft als ein bisschen Geld. Ich würde ihm seine Männlichkeit abschneiden, sie mit Bronze überziehen und als Trophäe an meinen Rückspiegel hängen. Als Warnung für jeden Typen, der glaubt, mir Unrecht tun zu können.«
Bei dieser Vorstellung muss ich lachen. »Es muss doch ein paar gute Kerle da draußen geben, oder?«
»Gott, ich hoffe es. Ich bin äußerst vorsichtig, was das andere Geschlecht angeht. Kein Wunder nach allem, was ich im Zuge meiner Arbeit gesehen und gehört habe.«
»Ich weiß nicht, ob ich einem Mann je wieder vertrauen kann«, gebe ich traurig zu.
Keine Ahnung, ob ich es noch einmal glauben würde, wenn mir einer erzählt, dass er nur mich will.
»Das kann ich dir nicht verübeln. Aber wie meine Mutter mir immer sagt: Wenn man tief genug im Dreck wühlt, findet man immer etwas Wertvolles.«
»Ich denke nicht, dass ich so bald damit anfangen werde«, entgegne ich und ignoriere das Bild von Lucas, das mir in den Sinn kommt. Seit unserer Begegnung schwirrt er mir zu oft im Kopf herum.
»Na dann, darauf, dass wir Single in dieser Stadt sind.« Sie grinst, und wir stoßen lachend an.
Hilfe in der Not
Lucas
Sobald ich das Depot in New Jersey erreiche, mache ich mich auf den Weg zum Haupteingang. Ich sollte mich nicht derart auf das Treffen mit Courtney freuen, aber ich kann nicht leugnen, dass ich es schon seit Tagen tue.
Ich betrete das Gebäude und sofort fällt mein Blick auf Courtney. Als ich sehe, was sie anhat, muss ich mir ein Stöhnen verbeißen. Das letzte Mal trug sie eine schicke schwarze Hose, die ihren Po umschmiegte, und ein durchscheinendes Top mit einem Spitzen-Bustier darunter, das hervorblitzte, wann immer sie sich nach vorne beugte. Dieses Outfit fand ich bereits verdammt sexy, aber das hautenge schwarze Kleid von heute, das ihre vollen Brüste, ihre schmale Taille, ihre wohlgeformten Hüften und ihre langen Beine zur Geltung bringt, ist möglicherweise das Heißeste, was ich je an einer Frau gesehen habe – im und außerhalb des Schlafzimmers. Einzig allein ihre Frisur würde ich ändern wollen. Sie hat ihre Haare zu einem engen Knoten geschlungen, der ihren zarten Hals und ihre sanften Gesichtszüge betont. Aber ich mag es, wenn sie ihre Haare offen trägt; sie reichen ihr fast bis zur Taille und wirken so weich, dass es mich in den Fingern juckt, sie zu berühren und meine Hand darin zu vergraben, während ich sie küsse. Die Strähnen an meiner Haut zu spüren, während Courtney mich reitet, oder diese wie einen Fächer ausgebreitet auf meinem Kopfkissen zu sehen, während sie schläft.
Als ich auf Courtney zugehe, muss ich mich davon abhalten, sie in meine Arme zu ziehen, denn sie mustert mich genauso intensiv wie ich sie. »Ich hoffe, du wartest noch nicht lange.«
»Ich bin gerade erst gekommen.« Sie lächelt. Dann zieht sie scharf die Luft ein, als ich ihren Oberarm umfasse und sie mit einem sachten Kuss auf die Wange begrüße. Dabei steigt mir ein Hauch ihres blumigen Parfums in die Nase.
»Gut.« Ich lehne mich zurück und umschließe mit den Fingern ihren Ellenbogen, um sie ins Innere des Ausstellungsraumes zu führen. »Wie ist es dir ergangen? Wie läuft es bei der Arbeit?«
»Bei mir ist alles in Ordnung. Arbeit ist Arbeit. Irgendetwas Spannendes passiert immer, aber in Anbetracht der Fälle, die Abby annimmt, ist das kein Wunder.«
Ich senke den Blick, um ihr in die Augen zu sehen. Dass ich immer noch deutlich größer bin als sie, selbst wenn sie hohe Schuhe trägt, gefällt mir verdammt gut. »Ist Abby deine Chefin?«
»Ja.«
»Welche Art von Anwältin ist sie?«
»Sie hat sich auf Scheidungsrecht spezialisiert, daher auch die ereignisreichen Fälle.«
»Darauf wette ich.«
Zum Glück musste ich bei meiner Scheidung von Eva um nichts kämpfen. Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass die Angelegenheit äußerst hässlich und langwierig geworden wäre, hätte sie nicht bereits einen anderen gehabt.
»Und wie geht es dir? Und deiner Tochter?«, erkundigt sich Courtney, wobei ihre Stimme bei der zweiten Frage einen sanften Klang annimmt.
»Gut, und ihr auch. Eine von Madelines Klassenkameradinnen veranstaltet am Samstag eine Übernachtungsparty und sie war bisher noch nie auf einer, von daher ist sie tierisch aufgeregt.«
»Das klingt spaßig.«
»Für sie und ihre Freundinnen, ja. Für die Eltern des Mädchens vermutlich nicht, wenn man bedenkt, dass sie zehn Sechsjährige in ihrem Haus haben werden. Da ist eine Menge Chaos vorprogrammiert.« Ich lächle, und sie quittiert meine Worte mit einem Lachen. Anschließend geleite ich sie zur Abteilung mit den Holzböden und ziehe das Muster heraus, das ich für ihr Eigenheim ausgesucht habe. »In echt ist es schöner als auf dem Bild, was ich dir auf meinem Laptop gezeigt habe.«
Sie streicht mit ihren Fingern über die raue Oberfläche. »Ich finde toll, dass es nicht dunkel ist. In meinem letzten Haus war das anders, und man konnte jedes Staubkorn sofort sehen. Jetzt muss ich nicht mehr ständig saubermachen, damit die Leute nicht denken, ich sei ein Schmutzfink, wenn sie irgendwo Hundehaare entdecken.«
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