»Sie würden nichts an dem Entwurf ändern? Gar nichts?«, fragt er und mustert mich.
»Absolut nicht, nein.« Ich schüttle den Kopf und betrachte noch einmal das Bild des Hauptbadezimmers. »Wie gesagt, ich liebe es.«
»Ich habe noch keine Frau kennengelernt, die so einfach zu haben ist wie Sie.« Seine Augen weiten sich und eine leichte Röte überzieht seine Wangen. »Ich meine ...«
»Schon gut.« Ich stoße ein unbeholfenes Kichern aus. »Ich weiß, was Sie meinten. Was glauben Sie, wie lange die Umsetzung Ihrer Pläne dauern wird?« Ich deute auf den Laptop, den er noch immer in der Hand hält.
»Ich schätze, ungefähr acht Monate. Vielleicht auch ein bisschen länger, falls das Bauunternehmen etwas findet, das repariert werden muss, ehe die Mitarbeiter die Wände einsetzen können.«
»Acht Monate.« Ich seufze enttäuscht, auch wenn mir natürlich klar ist, dass ein solches Werk unmöglich über Nacht zu schaffen ist. Dennoch wünschte ich, dass es machbar wäre. »Da Rom auch nicht an einem Tag erbaut wurde, sollte ich nicht annehmen, dass es bei meinem Haus anders wäre.«
»Wenn es erst einmal fertig ist, wird sich das Warten gelohnt haben.«
»Sie haben recht«, stimme ich zu. »Also, wie geht es weiter?«
»Sie müssen nur den Vertrag für die Änderungsvorschläge unterzeichnen. Dann nehme ich Kontakt mit den Bauunternehmern auf und lasse ihnen meine Pläne zukommen. Sobald das erledigt ist, werden wir uns auf die Suche nach passenden Geräten und Oberflächenausführungen machen. Erfahrungstechnisch ist es am besten, wenn Klienten die Möglichkeit bekommen, die Dinge vor dem Kauf anzufassen.«
»Cool.« Lächelnd versuche ich, meine Freude darüber, ihn wiederzusehen, im Zaum zu halten.
»John meinte, Sie seien neu in der Stadt?«
»Ja, ich lebe seit etwa vier Monaten hier«, antworte ich und beobachte, wie er aufsteht und zu seinem Schreibtisch zurückgeht.
»Wo haben Sie vorher gewohnt?«
»In Boston, ein kleines Stück außerhalb der Stadt.«
»Was hat Sie hierhergeführt?«, fragt er und macht irgendetwas an seinem Computer, was dafür sorgt, dass ein Drucker daneben in rascher Abfolge mehrere Dokumente ausspuckt.
»Ich habe einen Job in einer Anwaltskanzlei in der Stadt bekommen ... und ich brauchte eine Veränderung.«
»Sie sind Anwältin?«
»Nein, ich arbeite als Rechtsanwaltsgehilfin.«
Er nimmt den Stapel Papiere aus dem Drucker.
»Ich glaube, John hat erwähnt, dass Sie ebenfalls erst seit Kurzem in der Stadt leben.«
»Tja, ich nehme an, man betrachtet mich noch immer als Neuling, auch wenn ich schon eine Weile hier wohne.«
»Gefällt es Ihnen?«
»Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich eingewöhnt hatte, aber mittlerweile, ja. Dass mein Bruder und seine Frau auch hier sind, hilft natürlich, weil ich einen Teil meiner Familie nah bei mir habe. Wie sieht es bei Ihnen aus, haben Sie Familie hier?«
»Nein, ich bin auf mich allein gestellt«, entgegne ich.
Er nickt, schnappt sich einen Stift und setzt sich wieder neben mich – direkt neben mich – so nah, dass sein muskulöser Oberschenkel gegen meinen drückt. Nur durch den dünnen Stoff meiner weit geschnittenen schicken Hose voneinander getrennt. Ich kann sogar den dezenten Duft seines Aftershaves riechen.
»Das hier sind die Bilder, die wir uns angesehen haben. Sie müssen nur jede Seite unterzeichnen, genauso wie die Blaupause.«
Ich nehme ihm die Papiere und den Stift ab, lehne mich vor und lege den Stapel auf dem Kaffeetisch ab, um seiner Bitte nachzukommen. Kurz darauf bin ich fast fertig, aber kann mir nicht noch mehr Zeit nehmen, weil es wirken würde, als würde ich das Ganze in die Länge ziehen. Ich erinnere mich daran, dass ich erst vor Kurzem geschieden wurde und dass der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen wollte, mich ziemlich heftig hintergangen hat. Woraufhin ich meinen Namen ein wenig schneller auf die Blätter kritzle. Sobald alles unterschrieben ist, gebe ich ihm die Papiere zurück und greife nach meiner Handtasche.
»Vielen Dank. Ich finde Ihre Entwürfe großartig«, sage ich und vermeide es, ihm dabei in die Augen zu sehen. Stattdessen fixiere ich einen Punkt knapp über seinem Ohr. »Ich freue mich darauf, wieder von Ihnen zu hören.«
Ich gehe zur Tür, und als ich die Hitze seines Körpers in meinem Rücken spüre, stockt mir der Atem. Mit der Hand streift er meinen Arm, als er an mir vorbei nach der Klinke greift.
»Hat Sam Ihre Nummer?«
Ich drehe mich um und schaue ihn an. »Ich glaube schon.«
»Lassen Sie mich diese notieren, nur zur Sicherheit.«
Ich beiße mir auf die Lippe, als er sein Handy rausholt. Nachdem ich rasch meine Nummer eingetippt habe, bedenke ich ihn mit einem unbeholfenen Lächeln und eile aus seinem Büro. Ich schwöre, ich kann fühlen, wie sich sein Blick in meinen Rücken brennt.
»Lief alles gut?«, erkundigt sich die Rezeptionistin, als ich an ihrem Schreibtisch vorbeikomme.
»Großartig. Alles lief super. Nochmals vielen Dank für die Schuhe.«
»Kein Problem. Ihnen noch einen schönen Tag.« Sie lächelt und winkt mir zu.
»Gleichfalls«, erwidere ich und gehe schnurstracks zum Fahrstuhl, wo ich mehrmals die Ruftaste drücke. Gott sei Dank dauert es nicht lange, bis er kommt. Nachdem ich eingestiegen bin und die Türen zugleiten, atme ich das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder auf. Mein Herz hämmert heftig gegen meinen Brustkorb, als wäre ich kilometerweit gerannt.
Weil es so ist – vielleicht nicht physisch, aber insgeheim flüchte ich vor Mr Fremont. Einem gutaussehenden Mann, dessen Augen leuchten, wenn er über seine Tochter spricht. Dessen Wangen sich vor Verlegenheit rot färben, wenn er einen vermeintlich unangemessenen Kommentar macht.
Ja, vor einem Mann wie ihm nehme ich Reißaus. Denn früher habe ich auch geglaubt, dass Tom zu gut wäre, um wahr zu sein – und ich weiß, wohin mich das geführt hat.

»Wie fühlst du dich?«, erkundigt sich Abby während unseres gemeinsamen Abendessens. Für eine Anwältin ist sie jung. Oder zumindest für eine, die so erfolgreich ist. Auch wenn Abby nur ein wenig jünger ist als ich mit meinen vierunddreißig Jahren, sieht sie maximal aus wie fünfundzwanzig. Ihr dunkles Haar ist zu einem eleganten Bob geschnitten, der perfekt zu ihrem elfengleichen Gesicht passt. Die Leute, gegen die sie bei Gericht vorgeht, wissen erst, was ihnen blüht, wenn sie ihren inneren Pitbull von der Leine lässt.
Ich nehme einen Schluck Wein. »Gut, sehr gut sogar. Ich fühle mich frei, um ehrlich zu sein«, antworte ich und sehe, wie ein verständnisvoller Ausdruck auf ihr Gesicht tritt.
Ich hätte nie gedacht, dass wir so mühelos zu unserer alten Freundschaft zurückfinden würden, aber genau das ist passiert. Seit ich sie anrief und bat, mich rechtlich zu vertreten, sind wir wieder wie früher. Mit der Ausnahme, dass die Rollen vertauscht sind: Abby ist diejenige, die sich in letzter Zeit um mich gekümmert hat.
»Gut.« Sie nimmt ihr eigenes Glas und nippt daran. »Hast du jemanden kennengelernt, seit du hier bist? Wenn nicht, würde ich dir gern ein paar Männer vorstellen.«
»Ich glaube, so weit bin ich noch nicht.« Ich lächle. »Keine Ahnung, wann ich wieder dazu bereit bin, mich in den Sattel der Dating-Welt zu schwingen. Worüber ich allerdings wirklich nachdenke, ist, mir einen Hund anzuschaffen, der mir Gesellschaft leistet.«
»Welchen denn?«, fragt sie, beugt sich vor und wirkt aufgeregt angesichts meiner Idee. Wahrscheinlich, weil sie selbst drei Hunde hat.
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