»Armes Mädchen.« Courtney blickt über ihre Schulter hinüber zu Maddis Bett. Als ich ihr in Mitleidenschaft geratenes Kleid in Augenschein nehme, runzle ich die Stirn.
»Lass mich dir etwas anderes zum Anziehen holen.«
»Das ist nicht nötig. Ich fahre nach Hause und wechsle es dort.«
»Courtney, sie hat dich vollgespuckt. So lasse ich dich nicht gehen.« Ich nehme ihre Hand und führe sie zu meinem Schlafzimmer. Erst, als ich die oberste Schublade meiner Kommode öffne, gebe ich ihre Finger frei. Ich reiche ihr eines meiner T-Shirts, dann hole ich auch noch eine meiner Schlafhosen für sie hervor. »Du kannst gern die Dusche benutzen.« Ich nicke zur Badezimmertür. »Saubere Handtücher sind in einem Regal hinter der Tür. Benutze alles, was du willst.«
Bevor sie Einwände erheben kann, verlasse ich mein Schlafzimmer. Ich gebe mir Mühe, sie mir nicht nackt vorzustellen, habe aber trotzdem dieses Bild ihrer feuchten Haut vor Augen, sobald das Wasser angeht. Um meinen Fantasien keinen Spielraum zu lassen, lenke ich mich damit ab, das Geschirr und anderes Zeug wegzuräumen, was in den letzten Tagen liegen geblieben ist. Als Courtney aus meinem Schlafzimmer kommt – in meinen Klamotten –, fliegt tief in meinem Inneren eine Sicherung. Plötzlich sehe ich glasklar. Ich will sie, und da ist etwas zwischen uns – etwas von Bedeutung. Diese Art von Anziehungskraft ist mir völlig fremd. Noch nie wollte ich alles über eine Frau wissen, von den großen Dingen bis hin zu den kleinen Details.
»Danke, dass ich deine Dusche benutzen durfte.« Sie hält ihr zusammengeknülltes Kleid in der Hand und verstaut es in ihrer Tasche, bevor sie sich zu mir umdreht. »Ich sollte los.«
»Kommst du gut nach Hause?«
»Ja, ich nehme mir ein Taxi.« Sie lächelt, und ich gehe auf sie zu.
»Iss mit mir zu Abend.«
Sie zieht die Brauen zusammen und schaut zu Maddis Tür. »Ich ...«
»Nicht heute«, unterbreche ich sie. »Sobald sich Maddi besser fühlt.«
»Ich weiß nicht ...«
»Nur Abendessen. Ganz entspannt, als Freunde.« Auch wenn die letzten beiden Worte nicht der Wahrheit entsprechen, habe ich deswegen keine Gewissensbisse. Ich würde das Blaue vom Himmel herunterlügen, um sie dazu zu bewegen, mir eine Chance zu geben.
»Okay. Warum nicht«, stimmt sie zu. »Wenn du irgendetwas brauchen solltest, lass es mich wissen. Ich wohne nicht weit von hier. Wenn du also Hilfe brauchst, kann ich ziemlich schnell vor Ort sein.«
»Danke, das ist lieb. Und nochmals vielen Dank für deine Unterstützung heute.« Ich schiebe meine Hände in die Vordertaschen meiner Hose, um Courtney nicht zu packen und an mich zu ziehen.
»Das war keine große Sache.«
»Doch, das war es.«
»Ich habe nur gehandelt, wie es jeder andere auch getan hätte.« Sie hat keine Ahnung, wie falsch sie damit liegt. Während unserer Ehe hat sich Eva lieber mit ihren Freundinnen getroffen, als sich um Maddi zu kümmern, wenn diese krank war. Unter dem Vorwand, sie würde sich sonst anstecken. Was mich damals verdammt wütend gemacht hat, aber wie alles andere habe ich es ignoriert, um keinen Streit zu provozieren.
Ich erzähle Courtney jedoch nichts davon. Stattdessen mache ich einen Schritt auf sie zu. »Schreib mir, wenn du zu Hause bist, damit ich weiß, dass du gut dort angekommen bist.
»Mit dem Taxi sind es fünf Minuten, also mach dir keine Sorgen.«
»Schreib, wenn du zu Hause bist«, wiederhole ich.
Überraschung und Anerkennung flackern in ihren Augen auf, ehe sie nickt, sich ihre Tasche über die Schulter hängt und in ihre High Heels schlüpft.
Ich begleite sie zur Tür. Ehe ich diese öffne, beuge ich mich vor und berühre mit meinen Lippen sacht Courtneys Wange. »Gute Nacht, Courtney.«
»Dir auch eine gute Nacht, Lucas«, flüstert sie, kurz bevor sie die Wohnung verlässt.
Ich schaue ihr nach, bis sie außer Sichtweite ist, ehe ich die Tür schließe. Dann lehne ich meine Stirn gegen den Rahmen, inständig hoffend, dass mich mein Bauchgefühl nicht trügt, was diese Frau angeht. Dass Courtney wirklich so süß und perfekt ist, wie ich denke.
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