Mika Beek
Klimanotstand
Sind wir noch zu retten?
Unsere Gesellschaft im Klimawandel
Dürren und Waldbrände, Regenbrüche und Überschwemmungen, Stürme und Gewitter von einer Stärke, die wir nie zuvor gesehen haben: Das Wetter scheint verrückt zu spielen. Die Gletscher schmelzen und Eisbären hungern, die Wälder sterben, die Obstbäume tragen nicht genug Früchte, die Schifffahrt kommt wegen des zu niedrigen Wasserstandes zum Erliegen und die Zahl der Toten durch Vibrio-Infektionen steigt. Weltweit schlagen Wissenschaftler Alarm, weltweit gehen Menschen auf die Straße. Und doch wird nichts so kontrovers diskutiert wie das, was hinter diesem Wort steckt: Klimawandel.
Anmerkung: Vibrio-Infektionen werden durch Bakterien der Gattung Vibrio hervorgerufen. Vibrio cholerae, der Auslöser der Cholera, ist das bekannteste Bakterium aus der Gattung der Vibrionen. Die Erreger kommen in Salz- und Süßwasser vor und vermehren sich bei Temperaturen ab 20 Grad Celsius besonders stark.
Was ist das Klima?
Alle reden über das Wetter. Sie reden über Sonnenschein und Regen, über Hitze und Kälte. Im kühlen Norden erscheinen uns drei Grad zusätzlich auf dem Thermometer eher wie ein Segen als eine Katastrophe. Doch wenn wir über das Wetter reden, meinen wir fühlbare Schwankungen zwischen den Wetterlagen, nicht jedoch das Klima als solches, denn Wetter und Klima sind nicht dasselbe. Das Klima stellt einen mit meteorologischen Methoden ermittelten Durchschnitt der dynamischen Prozesse in der Atmosphäre dar. Dabei bezieht man sich auf eine Region und betrachtet diese Prozesse im Jahresverlauf. Es wird nicht nur auf die physikalischen und chemischen Abläufe innerhalb der Atmosphäre geschaut, sondern auch auf die Einflüsse und Wechselwirkungen der Hemisphären. Die Datensätze werden immer in 30-Jahre-Schritten zusammengefasst, um dadurch mehr Aussagekraft zu erhalten. Der aktuelle und zugleich letzte Vergleichszeitraum umfasst die Jahre von 1961 bis 1990. Nach 2021 wird unsere jetzige Periode von 1991 bis 2020 zur Referenzperiode.
Man kann also sagen, das Klima stellt das durchschnittliche Wetter dar, ohne selbst ein Wetterereignis zu sein. In die Klimastatistik gehen somit Regen als auch Sonne, Hitze als auch Kälte und Wind als auch Flaute ein. Die Statistiken beinhalten ebenso alle Extreme. Wenn man aber von Klimazonen spricht, gelten dort normalisierte – also Durchschnittswerte.
Das Klima wird unterteilt in Mikroklima, Mesoklima und Makroklima. Das Mikroklima wird auch Kleinklima genannt, weil es sich auf den Bereich der bodennahen Luftschichten von etwa zwei Metern Höhe beschränkt. Das ist das Klima, welches wir als Mensch im Alltag wahrnehmen. An der See herrscht zum Beispiel ein Mikroklima, das deshalb als gesund gilt, weil der Aerosolanteil hoch ist. Das Mikroklima verändert sich kaum: Der Salzgehalt der Luft ist nicht abhängig von Sonne und Regen oder Wind und Temperatur. Klima ist also eigentlich etwas sehr Stetiges, es kann sich aber durch Eingriffe ändern. Zum Beispiel ist das Mikroklima in einem Passivhaus anders als das in einer Lehmhütte.
Das Mesoklima ist eine Zusammenfassung zweier Einzelklimate, die eine Ausdehnung von einigen hundert Kilometern besitzen. So misst man beispielsweise das Klima des Regenwaldes oder das Klima im Ökosystem einer Stadt. Berlin hat ein anderes Mesoklima als Schwerin.
Das Großklima nennt sich Makroklima und umfasst großräumige, atmosphärische Zirkulationsmuster von mehr als 500 Kilometern Ausdehnung. Hierzu gehören auch Meeresströmungen und Windsysteme, wie der Passat oder der Monsun.
Weil die Erde eine Kugel ist, treffen die Strahlen der Sonne mit unterschiedlicher Intensität auf die Erdoberfläche. An den Polen kommen die wenigsten der wärmenden Strahlen an und um den Äquator die meisten. Da die Erdachse leicht geneigt ist, verlaufen die Klimazonengrenzen nicht parallel zu den Koordinatenlinien, und weil auch die Ozeane das Klima stark beeinflussen, variieren die Grenzlinien. Ganz klare Grenzen gibt es nicht. Wie wir noch sehen werden, können sich Klimazonen auch verschieben, denn Klimazonen sind keine Rahmen, innerhalb deren Grenzen ein bestimmtes Klima herrscht. Vielmehr sind sie ein Abbild des herrschenden Klimas innerhalb einer global betrachteten Region. Der Geowissenschaftler Wladimir Köppen hat 1936 eine objektive Klimaklassifizierung der Erde vorgenommen. Daran orientiert man sich noch heute, fasst aber zur Vereinfachung die Zonen zusammen. Es lohnt sich jedoch, diese Zonen genau anzusehen, um zu verstehen, was eine auch nur geringfügige Verschiebung der Klimazonen für die betroffenen Länder bedeutet. Darum macht es Sinn, die Länder in den jeweiligen Klimazonen mit aufzuführen.
In der Polaren Zone ist es immer kalt, es herrschen fast immer Minusgrade und selbst an den wärmsten Tagen im Jahr wird es selten wärmer als 10 °C. Allerdings gibt es verschiedene Zonen innerhalb dieser Zone. Einerseits ist es am Südpol im Schnitt kälter als am Nordpol und andererseits gibt es auch in den Polargebieten eine Abstufung. In der Antarktis können in Meeresnähe zum Beispiel Pinguine leben, während in Polnähe Temperaturen von -20 bis -40 und sogar bis zu -85°C alles gewöhnliche Leben unmöglich machen. Am Nordpol gibt es eine Kältesteppe – Tundra genannt – in der bei geringem Niederschlag kleine Pflanzen bis hin zu Sträuchern gedeihen. In der Kältewüste hingegen können nur Moose, Flechten und flache Gräser wachsen. Andere Pflanzen haben auf dem Permafrostboden bei unwesentlichen Niederschlägen keine Chance zu gedeihen. Insgesamt ist die Luftfeuchtigkeit gering, die seltenen Niederschläge fallen nur als Schnee, die Temperaturen sind permanent im Minusbereich. Eine negative Strahlungsbilanz ergibt sich dadurch, weil der Einstrahlwinkel der Sonne niedrig ist. Es gibt hier keine Jahreszeiten und die Vegetationsperiode dauert nur einen bis drei Monate. Als einzig messbare Größen gibt es die Polarnacht und den Polartag. Das bekannteste Phänomen dieser Klimazone ist das Polarlicht. In der Polaren Zone liegen Alaska, Kanada, Grönland, Island und die nördlichsten Teile Norwegens, Schwedens und Finnlands.
Die Subpolare Zone ist ebenfalls sehr kalt und im Winter auch trocken, aber im Sommer fallen mehr Niederschläge als in der Polaren Zone. Die Sonneneinstrahlung ist flach, es gibt praktisch keine Jahreszeiten und die Permafrostböden verhindern ein Versickern von Niederschlägen. Die Luftfeuchtigkeit ist gering, die Verdunstungsrate niedrig und die Vegetationsperioden sind kurz. Pflanzen wachsen langsam, wodurch Tundren entstehen. Die Subpolare Zone teilt viele Eigenschaften der Polaren Zone, sie bildet einen Übergang zwischen der Polaren Zone und der Gemäßigten Zone. In ihr liegen die größten Teile Norwegens, Schwedens, Finnlands und der Russischen Föderation.
In der Gemäßigten Zone gibt es in Meeresnähe ausgeglichene Temperaturen, doch landeinwärts sind starke Schwankungen zu verzeichnen. Man teilt diese Zone ein in nemoral (warmgemäßigt) und boreal (kaltgemäßigt). Gemäßigt bedeutet jedoch nicht, dass das Klima überall gleich ist. Der Begriff bezieht sich nur auf die Jahres-durchschnittstemperatur, die mit 10°C eben nicht arktisch-kalt und auch nicht tropisch-heiß ist. In der Mitte des Kontinents gibt es heiße Sommer und kalte Winter mit Temperaturunterschieden von bis zu 30°C. Man nennt es das "Kontinentalklima". An den Küsten und auf den Inseln ist über das Jahr mehr Niederschlag messbar als im Landesinneren. Die Gemäßigte Zone zeichnet sich zudem durch klar erkennbare Jahreszeiten und eine große Artenvielfalt aus. In dieser Zone liegen Deutschland und seine unmittelbaren mittel-, ost- und westeuropäischen Nachbarländer, also Polen, Dänemark, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Österreich, der größte Teil der Schweiz, die Tschechische und die Slowakische Republik und die nördliche Hälfte Frankreichs sowie Großbritannien und Irland.
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