Wenn die Difficulty plötzlich so hochspringt, werden natürlich jede Menge Spezialisten auf diesen Umstand aufmerksam. Viele kluge Köpfe beobachten das System, nehmen Daten auf, lassen eigene Applikationen auf der Bitcoin-Blockchain laufen oder betreuen Miner, die seit einigen Tagen nichts mehr einnehmen und jetzt plötzlich gar nicht mehr mitkommen. Eine solche Änderung wird dann von vielen Teilnehmern wahrgenommen und zwar zuerst von den technischen Experten, die relativ schnell herausfinden können, was passiert ist.
Bitcoin ist ja keine Blackbox, zu der nur eine vorher definierte Gruppe Zugang hat, sondern ein offenes System. Die Program-mierung ist offen einsehbar als sogenannter „open source“. Die Blocks selbst sind offen einsehbar und können von jedem analysiert werden. Im Grund ist alles offen einsehbar und niemand kann irgendeine Funktion verstecken. Wenn ein solch neues Verhalten auffällt, werden sofort eine Vielzahl von Experten sofort reagieren. Sie nutzen dann auch einfach GPU-Miner und nach und nach wird die gesamte Rechenpower zwar massiv erhöht, aber dann auch von vielen, dass das System wieder dezentralisiert im Wettbewerb betrieben wird. Der Herzschlag ist synchronisiert bei zehn Minuten, die Hash-Power ist wieder ausgeglichen und das System ist stabil wie eh und je.
Der Vorteil des ersten Ingenieurs hat ihm zwar im Idealfall 14 Tage lang die überwiegende Mehrheit der Belohnung eingebracht, aber hat der Ingenieur, der das ausgetüftelt hat, nicht auch eine Belohnung verdient? Über die Höhe kann man trefflich streiten. Bei zum Beispiel 1.800 von 2.016 Blocks waren das mal damals 50 BTC pro Block, immerhin 90.000 BTC und damit, bei 1 Dollar immerhin 90.000 Dollar oder 90.000.000 Dollar bei 1.000 Dollar pro BTC und 900 Millionen bei 10.000 Dollar pro Bitcoin. Zu viel?
Das kann man sehen wie man will. Auf jeden Fall wurde damit das gesamte System weiterentwickelt, es wurde sicherer. Seitdem braucht man sehr viel mehr Rechenpower, um Änderungen zu veranlassen. Damit wurde das gesamte System doch viel wertvoller. Wenn man es mit einer Erfindung wie dem Dübel oder dem MP3-Dateiformat vergleicht, dann liegt die Entlohnung im vertretbaren, wenn auch im sehr hohen Bereich, besonders seit der Bitcoin die 10.000er Marke durchbrochen hat. Das setzt aber auch voraus, dass der Experte die Bitcoin auch aufgehoben hat und nicht den Private Key verloren hat, weil er als begeisterter Technikfans immer die neuesten Festplatten einbaut und die mit den Privat Keys irgendwie verschollen ist. Man weiß es eben nicht.
Das System kann Ausnahmesituationen ausgleichen — schwarze Schwäne haben keine Chance
Die zuvor genannten Beispiele sind natürlich Ausnahmesituationen, die auch nur ganz selten vorkamen, nämlich beim Umstieg auf die GPU und dann wieder bei den ersten ASICs, also den speziell fürs Mining hergestellten Chips mit ihren speziellen Baugruppen.
In der Regel sind die Schwankungen nur marginal und entstehen durch die Anzahl der angeschlossene Miner. Steigt der Bitcoin-Preis, wie zum Beispiel im ersten Halbjahr 2017 von 1.000 Dollar pro Bitcoin auf fast 3.000 Dollar pro Bitcoin, dann springen mehr Leute auf den Zug auf und betreiben Miner — auch zu höheren Stromkosten — weil es trotz des hohen Strompreises wirtschaftlich wird.
Mehr Miner bedeuten mehr Rechenpower im gesamten System, das bedeutet mehr Hash-Power im gesamten Netzwerk, was wiederum bedeutet, dass die Blocks schneller gefunden werden können. Das führt zu einer höheren Difficulty nach 2016 Blocks, also nach circa zwei Wochen und dann wird das System eingebremst, sodass die höhere Gesamtleistung sich wieder auf die durchschnittlichen zehn Minuten einpendelt, nur eben auf einem höheren Niveau.
Das ist somit ein positiver Aspekt, denn dadurch wird es für einen Angreifer, der Daten manipulieren möchte, wieder sehr viel schwieriger und sehr viel teurer, weil er noch mehr Rechenpower aufbringen muss, um diese Änderungen durchzusetzen.
Das alles ist dann im Grunde ein ökonomisches Problem, denn wenn eine Manipulation weniger einbringt als es kostet, diese vorzunehmen, wenn man also 100.000 Dollar einnehmen kann, aber 150.000 Dollar ausgeben muss, dann macht es einfach keinen Sinn. Wie viel man einnehmen kann, hängt wieder vom Preis der Bitcoins ab und da das System immer mehr Teilnehmer gewinnt, je höher der Preis ist, desto höher wird die Hash-Power und desto teurer wird ein Angriff. Das alles in einem System mit einer limitierten Anzahl von Coins muss zwangsläufig zu höheren Preisen pro BTC führen. Bei näherer Betrachtung also ein geniales System.
Bliebe noch die Problematik, dass sich die Anzahl der Miner verringert, sobald die Preise sinken. In diesem Fall werden Miner möglicherweise deaktiviert, weil zu wenig durch die Belohnung erzielt werden kann und die Stromkosten zu hoch werden. Dann sinkt die gesamte Hash-Power und die verbleibenden Miner brauchen im Durchschnitt mehr als zehn Minuten, um die Blocks zu berechnen, weil die Difficulty so hoch ist. Auch hier wird das Problem nach längstens zwei Wochen gelöst, weil die Difficulty dann heruntergesetzt wird und die Formel dadurch mit weniger Versuchen zu errechnen ist, also wieder zurück zu zehn Minuten pro Block im Durchschnitt geht.
So regelt sich das System immer wieder selbst und wächst durch Innovationen in Hard- und Software mit.
Angriffe durch Abschalten von Minern
Das System der Difficulty stellt — neben dem Ausgleich der Hash-Power bei schwankender Anzahl der Miner — auch noch eine weitere Sicherheitskomponente dar. Wenn man diesen Difficulty-Mechanismus weiter untersucht, findet man eine zusätzliche Bremse nach unten. Die Difficulty kann niemals um mehr als 25 Prozent gesenkt werden. Das ist im Kernalgorithmus so unver-änderlich festgelegt und verhindert eine Manipulation, wenn sich zu viele Miner in einer Hand befinden.
Angenommen, einer Gruppe von Minern gehören so viele Masch-inen, dass sie 40 Prozent der Hash-Power bereitstellen und sie dann vorsätzlich ihre Maschinen ausschalten würden. Dann würde sich — vereinfacht gerechnet — die Difficulty um 40 Prozent redu-zieren, weil die anderen Miner sehr lange brauchen würden, um die Blocks zu berechnen. Direkt nach der Korrektur der Difficulty würden besagte Miner ihre Power wieder einschalten und könnten nun natürlich sehr schnell Blocks berechnen, weil die Difficulty nicht der tatsächlichen Rechenpower entspräche.
Diese Gruppe von Minern hätte in so einem Fall zwei Wochen lang enorme Macht, könnte das System destabilisieren und tatsächlich schnell ein paar neue Daten einschleusen. Dabei geht es nicht unbedingt um reine Transaktionen, sondern auch um Veränder-ungen der systembestimmenden Algorithmen. Diese können tatsächlich, bis zu einem gewissen Grad, verändert werden. Dazu später mehr, wenn es um die Konsens-Mechanismen geht.
Die maximale Reduktion der Difficulty wirkt also wie ein weiteres Hemmnis, um die Sicherheit des Systems zu gewährleisten und das Bitcoin-Netzwerk zu stabilisieren. Alles in allem eine wohl durchdachte Sache.
Die Vergangenheit kann nicht mehr verändert werden
Die Bitcoin-Blockchain wird also von Minern abgesichert, die mit aufwendigen Rechenverfahren im Schnitt zehn Minuten brauchen, um eine Reihe von Transaktionen in einem Datenblock zu verschließen. Sie werden mit neu geschaffenen Bitcoins entlohnt, eben diesem Vorgang, den man auch „minen“ beziehungsweise im Deutschen „schürfen“ nennt.
Im Bitcoin-Netzwerk stehen dabei viele Miner in direkter, inter-nationaler Konkurrenz und wenn ein Block gefunden wurde, starten sie gleich mit der Berechnung des nächsten Blocks. Aber von wem erfahren sie, dass ein neuer Block gefunden wurde?
Wenn ein Miner erfolgreich das Puzzle gelöst hat, berichtet er das sofort an die an ihn angeschlossenen Nodes. Das sind die Rechner, die die bisherige Blockchain lokal gespeichert haben. Der Miner sendet ihnen den neuen Block mit der Bitte diesen Block an die lokal gespeicherte Kette anzuhängen. Die Nodes prüfen, ob der errechnete Hash richtig ist und wenn dem so ist, dann hängen sie diesen neuen Block lokal an ihre gespeicherte Kette an. Gleich-zeitig propagieren sie auch den neuen Block zu ihren Peers, also zu dem Nachbarknoten, mit denen sie verbunden sind.
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