Der ungarisch-US-amerikanische Robert Capa (1913-1954), der eigentlich den Namen Andrei Friedmann trug, gehörte zu den berühmten Kriegsfotografen und Kriegsreportern (vgl. Tausk 1980). Es hatte sich aber nicht nur auf Kampfhandlungen konzentriert.
„Er hatte auch noch ein anderes Anliegen. Die eigentliche Wirkung seines Werkes bestand darin, dass er als humanistischer Fotograf über das Leiden der Zivilbevölkerung in den Kriegen, abseits der Schlachtfelder mit seinen Fotos berichtete.“ (Heine 2012, S. 49)
Capa war als 28-jähriger Berichterstatter am 6. Juni 1944 dabei, als die alliierten Truppen in der Normandie landeten. Seine elf unscharf erhaltenen Bilder am Omaha Beach sind im LIFE-Magazin veröffentlich worden. „Im Widerspruch zu den ersten offiziellen Verlautbarungen über die Leichtigkeit des Landungsmanövers dokumentiert Capas Aufnahme die physische Erfahrung des Chaos vor Ort.“ (Lethen 2014, S. 116f.) Capa, der mit der ersten Landungswelle der amerikanischen Truppen ins Wasser gestiegen ist, hat Lethen (2014, S. 117) zufolge in seinen Memoiren die Situation wie folgt skizziert:
„Das Licht der Morgendämmerung sei so grau gewesen, dass er die Konturen der Soldaten kaum von dem durch die Einschläge gepunkteten Wasser habe unterscheiden können. Optisch sei nur das 'surrealistisch' anmutende Design von Hitlers Anti-Invasions-Brain-Trust ins Auge gefallen, die grotesken Stahlhindernisse, die aus dem Wasser ragten. Er selbst habe, hin und hergerissen zwischen Fluchtreflex und dem professionellen Impuls, die Situation mit der Contax-Kamera festzuhalten, vor allem die Qualität des Lichts taxiert.“
Auf dem Bild ist ein einzelner Soldat zu sehen, der im Wasser an das Land robbt (vgl. Dubost 1998). Haydn Smith (2019, S. 93) gelangt hinsichtlich dieser Bilder zu der Einschätzung: „Es ist ein grausames Bild des Krieges, das aber den Menschen auf der ganzen Welt auch zeigte, dass die Alliierten im Kampf gegen die Nazis vorankamen.“
Abb. 3:
Buchtitel von Morvan u.a. 2015
Besonders umstritten ist das Foto Robert Capas aus dem spanischen Bürgerkrieg, das im September 1936 in verschiedenen Zeitungen in Europa publiziert worden ist. Es wird ein fallender Soldat gezeigt, der unmittelbar, nachdem er von einer Kugel getroffen worden ist, zu Boden fällt. Dem Fotografen wurde der Vorwurf gemacht, dass dieses Bild gestellt worden sei (vgl. Leifert 2007).
Capa starb, als er am 25. Mai 1954 im Kolonialkrieg in Vietnam während eines Einsatzes auf eine Tretmine trat (vgl. Museum Ludwig Köln 1998, Koetzle 2017).
Der französische Fotograf Willy Ronis (1919-2009) legte Aktstudien, Reportagen und Bilder der sogenannten Street Photography vor. Er arbeitete in der Mode-, Werbe- und Industriefotografie (vgl. Koetzle 2017). Ronis verfolgte mit seinen Sozialreportagen einen primär sozialkritischen Ansatz. Er war engagierter Kommunist, galt neben Henri Cartier-Bresson und Robert Doisneau als Vertreter der humanistischen Fotografie, machte Aufnahmen von den so genannten kleinen Leuten in Paris und der Provence, indem er das Alltagsleben dieser Menschen in ihren Arbeitervierteln festhielt und an Demonstrationen und politischen Veranstaltungen als Beobachter mit seiner Kamera teilnahm. Ronis war mit der Kamera dabei, als die Kriegsgefangenen 1945 nach Frankreich zurückgekehrt sind und machte nach dem Mauerbau Fotoreportagen in der DDR (vgl. Ronis 2005 und 2018).
Umstritten ist der als Helmut Neustädter geborene Fotograf Helmut Newton (1920-2004) gewesen, der zunächst für die Modemagazine VOGUE, ELLE und MARIE CLAIRE arbeitete. Er hat neben Porträts von Prominenten erotische Aufnahmen von Frauen in Domina-Posen als Aktfotografie präsentiert. Ihm wurde von Feministinnen vorgeworfen, dass seine Arbeiten sexistische, rassistische und faschistische Elemente enthalten würden. 1978 verklagte die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer den STERN wegen einer Abbildung der unbekleideten Grace Jones auf dem Titel der Zeitschrift, die Newton gemacht hat. Die Klage wurde abgewiesen (vgl. Hornbostel/Jockel 2002). Jens Dirksen (2020) beurteilt die Arbeit des Fotografen rückblickend wie folgt:
„Newtons Bilder sind von heute aus gesehen nicht in Bausch und Bogen zu beurteilen, selten liegen perfekte Ästhetik und Frauenverachtung, Frauenverehrung und der diskriminierende Blick so dicht beieinander wie dort. Die Gesellschaft, die Modebranche, verlangte nach seinem Talent zum Voyeur. Sie bekam es, und Newton trieb es auf die Spitze.“
In Berlin hat die Helmut Newton Stiftung das Museum für Fotografie eingerichtet, in dem seine Werke vom 19. bis 21. Jahrhundert zu sehen sind. Newton hat zahlreiche Preise und das Bundesverdienstkreuz erhalten (vgl. Newton 1987 und 1988, Heiting 2000, Stepan 2008, Koetzle 2017).
Der Maler und Modefotograf Guy Bourdin (1928-1991) arbeite u.a. für VOGUE, HARPER’S BAZAAR und drehte Werbekampagnen z. B. für Chanel. Er verwendete eine surreale Bildsprache und war von Künstlern wie May Ray inspiriert. Seine Bilder provozierten. Er machte Aufnahmen von seinen Mannequins in Schlachthöfen und ließ sie vor toten Tieren posieren. Sexuelle Anspielungen wurden für die Aufnahmen inszeniert. Gängige Schönheitsnormen und Konventionen wurden gebrochen. Nacktheit, Gewalt und Tod wurden in den Bildern thematisiert. Damit brach er mit den gängigen Konzeptionen der Modefotografie. Bourdin hat zudem als Armeefotograf in Dakar gearbeitet. Seine Werke wurden in renommierten Museen, u.a. in London, Paris, Peking und New York ausgestellt (vgl. Koetzle 2017).
Der deutsche Fotojournalist Robert Lebeck (1929-2014) war neben seiner beruflichen Tätigkeit Sammler von Fotografien des 19. Jahrhunderts (vgl. von Dewitz/Scotti 1997). Er arbeite für Illustrierte wie den STERN und war Chefredakteur des Magazins GEO. Neben Politikeraufnahmen von deutschen Bundeskanzlern und internationalen Staatschefs fotografierte er Künstler und Jazzkonzerte. Lebeck machte Auslandreportagen in der Sowjetunion, Italien, Spanien, Bolivien und Afrika. Dort hat er Bilder von hungernden Menschen gemacht. Er war ein überaus erfolgreicher Fotograf:
„Dabei ließ und lässt er keinen Reportertrick aus, um an sein Bild zu kommen. Im Gespräch nimmt er die geschmähte Riege der Paparazzi in Schutz. Zugleich ist von ihm kein Foto bekannt, das auf billige Art die Gier nach Sensation bedienen würde.“ (Koetzle 2008, S. 13)
Lebeck hat private Aufnahmen des SPD-Politikers Willy Brandt im Urlaub am Strand und am Pool veröffentlicht. Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Fotograf fotografierte insgesamt rund fünfzig Jahre lang u.a. die Beerdigungen von John F. Kennedy und Papst Pius XII. Seine Sammlung zur Geschichte der Pressefotografie wurde 2001 im Museum Ludwig in Köln ausgestellt (vgl. Lebeck/Dewitz 2001, Kayser/Lebeck 2008, Koetzle 2017).
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