Franz Grillparzer - Das goldene Vlies

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Inspiriert durch das antike Argonautenepos schuf Franz Grillparzer ein Meisterwerk, das man gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.Die Trilogie, welche die Erzählungen «Der Gastfreund», «Die Argonauten» und «Medea» beinhaltet, greift die griechische Mythologie auf. Dreh- und Angelpunkt der Geschichten ist das goldene Vlies eines Widders. Der Leser wird hineingezogen in eine fantastische Welt voller Intrigen und Rachegelüsten.-

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Franz Grillparzer

Das goldene Vlies

Dramatisches Gedicht in drei Abteilungen

Der Gastfreund - Die Argonauten – Medea

Saga

Das goldene Vlies

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1819, 2021 SAGA Egmont

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 9788726997293

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Der Gastfreund

Trauerspiel in einem Aufzug

Personen:

Aietes, König von Kolchis

Medea, seine Tochter

Gora, Medeens Amme

Peritta, eine ihrer Jungfrauen

Phryxus

Jungfrauen Medeens

Griechen in Phryxus' Gefolge

Kolcher

Kolchis. Wilde Gegend mit Felsen und Bäumen, im Hintergrunde das Meer. Am Gestade desselben ein Altar, von unbehauenen Steinen zusammengefügt, auf dem die kolossale Bildsäule eines nackten, bärtigen Mannes steht, der in seiner Rechten eine Keule, um die Schultern ein Widderfell trägt. Links an den Szenen des Mittelgrundes der Eingang eines Hauses mit Stufen und rohen Säulen. Tagesanbruch.

Medea, Gora, Peritta, Gefolge von Jungfrauen.

Beim Aufziehen des Vorhanges steht Medea im Vorgrunde mit dem Bogen in der Hand in der Stellung einer, die eben den Pfeil abgeschossen. An den Stufen des Altars liegt ein, von einem Pfeile durchbohrtes Reh.

Jungfrauen (die entfernt gestanden, zum Altare hineilend) .

Das Opfer blutet!

Medea (in ihrer vorigen Stellung) .

Traf's?

Eine der Jungfrauen.

– Gerad' ins Herz!

Medea (indem sie den Bogen abgibt) .

Das deutet Gutes; laßt uns eilen denn!

Geh' eine hin und spreche das Gebet.

Gora (zum Altar tretend) .

Darimba, mächtige Göttin

Menschenerhalterin, Menschentöterin

Die den Wein du gibst und des Halmes Frucht

Gibst des Weidwerks herzerfreuende Spende

Und des Todfeinds Blut:

Darimba, reine, magdliche

Tochter des Himmels,

Höre mich!

Chor.

Darimba, mächtige Göttin,

Darimba! Darimba!

Gora.

Sieh ein Reh hab' ich dir getötet

Den Pfeil schnellend vom starken Bogen

Dein ist's! Laß dir gefallen sein Blut!

Segne das Feld und den beutereichen Wald

Gib, daß wir recht tun und siegen in der Schlacht

Gib, daß wir lieben den Wohlwollenden

Und hassen den, der uns haßt.

Mach' uns stark und reich, Darimba,

Mächtige Göttin!

Chor.

Darimba, Darimba!

Gora.

Das Opfer am Altar zuckt und endet,

So mögen deine Feinde enden, Darimba!

Deine Feinde und die unsern!

Es ist Medea, Aietes' Tochter,

Des Herrschers von Kolchis fürstliches Kind

Die empor in deine Wohnungen ruft

Höre mich, höre mich

Und erfülle was ich bat!

Chor (mit Zimbeln und Handpauken zusammen schlagend) .

Darimba, Darimba!

Mächtige Göttin!

Eriho! Jehu!

Medea.

Und somit genug! Das Opfer ist gebracht,

Vollendet das zögernde Geschäft.

Nun Pfeil und Bogen her, die Hunde vor,

Daß von des Jagdlärms hallendem Getos

Der grüne Wald ertöne nah und fern!

Die Sonne steigt. Hinaus! hinaus!

Und die am schnellsten rennt und die am leichtsten springt

Sei Königin des Tags. –

Du hier Peritta? Sagt' ich dir nicht,

Daß du mich meiden sollst und gehn? So geh!

Peritta (knieend) .

Medea!

Medea.

Kniee nicht! Du sollst nicht knien!

Hörst du? In deine Seele schäm' ich mich.

So feig, so zahm! – Mich schmerzt nicht dein Verlust,

Mich schmerzt, daß ich dich jetzt verachten muß

Und hab' dich einst geliebt!

Peritta.

O wüßtest du!

Medea.

Was denn? – Stahlst du dich neulich von der Jagd

Und gingst zum Hirten ins Tergener Tal?

Tatst du's? Sprich nein! Du Falsche, Undankbare!

Versprachst du nicht du wolltest mein sein, mein

Und keines Manns? Sag' an, versprachst du's?

Peritta.

Als ich's gelobte wußt' ich damals –

Medea.

Schweig!

Was braucht's zu wissen, als daß du's versprachst.

Ich bin Aietes' königliches Kind

Und was ich tu' ist recht weil ich's getan.

Und doch, du Falsche! hätt' ich dir versprochen

Die Hand hier abzuhaun von meinem Arm

Ich tät's; fürwahr ich tät's, weil ich's versprach.

Peritta.

Es riß mich hin, ich war besinnungslos,

Und nicht mit meinem Willen, nein –

Medea.

Ei hört!

Sie wollte nicht und tat's! – Geh du sprichst Unsinn.

Wie konnt' es denn geschehn

Wenn du nicht wolltest . Was ich tu' das will ich

Und was ich will – je nu das tu' ich manchmal nicht .

Geh hin in deines Hirten dumpfe Hütte

Dort kaure dich in Rauch und schmutz'gen Qualm

Und baue Kohl auf einer Spanne Grund.

Mein Garten ist die ungemeßne Erde

Des Himmels blaue Säulen sind mein Haus

Da will ich stehn des Berges freien Lüften

Entgegen tragend eine freie Brust

Und auf dich niedersehn und dich verachten.

Hallo! in Wald! Ihr Mädchen in den Wald!

Indem sie abgeben will kömmt von der andern Seite ein Kolcher .

Kolcher.

Du Königstochter, höre!

Medea.

Was? Wer ruft?

Kolcher.

Ein Schiff mit Fremden angelangt zur Stund'!

Medea.

Dem Vater sag' es an. Was kümmert's mich!

Kolcher.

Wo weilt er?

Medea.

Drin im Haus!

Kolcher.

Ich eile!

Medea.

Tu's!

(Der Bote ab ins Haus.)

Medea.

Daß diese Fremden uns die Jagdlust stören!

Ihr Schiff, es ankert wohl in jener Bucht,

Die sonst zum Sammelplatz uns dient der Jagd.

Allein was tut's! Bringt lange Speere her

Und nahet ein Kühner, zahl' er's mit Blut!

Nur Speere her! doch leise, leise, hört!

Denn säh's der Vater wehren möcht' er es.

Kommt! – Dort das Mal von Steinen aufgehäuft

Seht ihr's dort oben? Wer erreicht's zuerst?

Stellt euch! – Nichts da! Nicht vorgetreten! Weg!

Wer siegt hat auf der Jagd den ersten Schuß:

So, stellt euch und wenn ich das Zeichen gebe

Dann wie der Pfeil vom Bogen fort! Gebt Acht!

Acht! – Jetzt! –

Aietes ist unterdessen aus dem Hause getreten, mit ihm der Bote, der gleich abgeht.

Aietes.

Medea!

Medea (sich umwendend aber ohne ihren Platz zu verändern) .

Vater!

Aietes.

Du, wohin?

Medea.

In Wald!

Aietes.

Bleib jetzt!

Medea.

Warum?

Aietes.

Ich will's. Du sollst.

Medea.

So fürchtest du, daß jene Fremden –

Aietes.

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