Bringt es hierher in dieser Mauern Umfang
Als Grundstein eines neuen, festern Glücks.
Aietes (zu Medea) .
Des Fremden Schwert!
Medea.
Wozu?
Aietes.
Sein Schwert sag' ich!
Medea (zu Phryxus) .
Gib mir dein Schwert!
Phryxus.
Was sagst du holdes Kind?
Aietes.
Fremd ist dem Mädchen eurer Waffen Anblick
Bei uns geht nicht der Friedliche bewehrt.
Auch ist's euch lästig.
Phryxus (zu Medeen) .
Sorgest du um mich?
(Medea wendet sich ab.)
Sei mir nicht bös! Ich weigr' es dir ja nicht!
(Er gibt ihr das Schwert.)
Den Himmlischen vertrau' ich mich und dir!
Wo du bist da ist Frieden. Hier mein Schwert!
Und jetzo in dein Haus, mein edler Wirt!
Aietes.
Geht nur, ich folg' euch bald!
Phryxus.
Und du Medea?
Laß mich auch dich am frohen Tische sehn!
Kommt Freunde teilt die Lust wie ehmals die Gefahr!
(Ab mit seinen Gefährten.)
(Medea setzt sich auf eine Felsenbank im Vorgrunde und beschäftigt sich mit ihrem Bogen, den sie von der Erde aufgehoben hat. Aietes steht auf der andern Seite des Vorgrundes und verfolgt mit den Augen die Diener des Phryxus, die Gold und reiche Gefäße ins Haus tragen. – Lange Pause.)
Aietes.
Medea!
Medea.
Vater!
Aietes.
Was denkst du?
Medea.
Ich? Nichts!
Aietes.
Vom Fremden mein' ich,
Medea.
Er spricht und spricht;
Mir widert's!
Aietes (rasch auf sie zugehend) .
Nicht wahr? Spricht und gleißt
Und ist ein Bösewicht,
Ein Gottverächter, ein Tempelräuber!
Ich töt' ihn!
Medea.
Vater!
Aietes.
Ich tu's!
Soll er davon tragen all den Reichtum
Den er geraubt, dem Himmel geraubt?
Erzählt' er nicht selbst, wie er im Tempel
Das Vließ gelöst von der Schulter des Gottes,
Des Donnerers, Perontos,
Der Kolchis beschützt.
Ich will dir ihn schlachten Peronto!
Rache sei dir, Rache!
Medea.
Töten willst du, den Fremden, den Gast?
Aietes.
Gast?
Hab' ich ihn geladen in mein Haus?
Ihm beim Eintritt Brot und Salz gereicht
Und geheißen sitzen auf meinem Stuhl?
Ich hab' ihm nicht Gastrecht geboten,
Er nahm sich's, büß' er's der Tor!
Medea.
Vater! Peronto rächet den Mord!
Aietes.
Peronto gebeut ihn.
Hat der Freche nicht an ihm gefrevelt?
Sein Bild beraubt in der Delpherstadt?
Führt der Erzürnte ihn nicht selbst her
Daß ich ihn strafe, daß ich räche
Des Gottes Schmach und meine?
Das Vließ dort am glänzenden Speer,
Des Gottes Kleid, der Kolcher Heiligtum
Soll's ein Fremder, ein Frevler entweihn?
Mein ist's, mein! Mir sendet's der Gott
Und Sieg und Rache geknüpft an dies Pfand
Den Unsern werd' es zu Teil!
Tragt nur zu des kostbaren Guts!
Ihr führet die Ernte mir ein!
Sprich nicht und komm! daß er uns nicht vermißt
Gefahrlos sei die Rach' und ganz!
Komm, sag' ich, komm!
(Beide ab ins Haus.)
Ein Kolchischer Hauptmann mit Bewaffneten tritt auf.
Hauptmann.
Hierher beschied man uns. Was sollen wir?
Ein Kolcher (aus dem Hause) .
Heda!
Hauptmann.
Hier sind wir!
Kolcher.
Leise!
Hauptmann.
Sprich! Was soll's?
Kolcher.
Verteilt euch rechts und links und wenn ein Fremder –
Doch still jetzt! Einer naht! – Kommt! hört das Weitre!
(Alle ab.)
Phryxus (mit ängstlichen Schritten aus dem Hause) .
Ihr Götter! Was ist das? Ich ahne Schreckliches.
Es murmeln die Barbaren unter sich
Und schaun mit höhn'schen Lächeln hin auf uns.
Man geht, man kommt, man winkt, man lauert.
Und die Gefährten, einer nach dem andern
Sinkt hin in dumpfen Schlaf; ob Müdigkeit,
Ob irgend ein verruchter Schlummertrank
Sie einlullt weiß ich nicht. Gerechte Götter!
Habt ihr mich hergeführt, mich zu verderben?
Nur eines bleibt mir noch: Flucht auf mein Schiff.
Dort samml' ich die Zurückgebliebenen,
Und dann zur Rettung her, zur Hilfe – Horch!
(Schwertgeklirr und dumpfe Stimmen im Hause.)
Man ficht! – Man tötet! – Weh mir, weh! – zu spät!
Nun bleibt nur Flucht. Schnell eh die Mörder nahn!
(Er will gehn.)
Krieger (mit gefällten Spießen treten ihm entgegen) .
Zurück!
Phryxus.
Ich bin verraten! – Hier!
(Von allen Seiten treten Bewaffnete mit gesenkten Speeren ihm entgegen.)
Gewaffnete.
Zurück!
Phryxus.
Umsonst! Es ist vorbei! – Ich folg' euch Freunde!
(An den Altar hineilend.)
Nun denn, du Hoher, der mich hergeführt,
Bist du ein Gott, so schirme deinen Schützling!
Aietes mit bloßem Schwert aus dem Hause. Medea hinter ihm. Gefolge .
Aietes.
Wo ist er?
Medea.
Vater, höre!
Aietes.
Wo, der Fremdling?
Dort am Altar. Was suchst du dort?
Phryxus.
Schutz such' ich!
Aietes.
Gegen wen? Komm mit ins Haus!
Phryxus.
Hier steh' ich und umklammre diesen Altar,
Den Göttern trau' ich; o daß ich es dir!
Medea.
O Vater höre mich!
Phryxus.
Du auch hier Schlange?
Warst du so schön und locktest du so lieblich
Mich zu verderben hier im Todesnetz?
Mein Herz schlug dir vertrauensvoll entgegen,
Mein Schwert, den letzten Schutz gab ich in deine Hand
Und du verrätst mich?
Medea.
Nicht verriet ich dich!
Gabst du dein Schwert mir, nimm ein andres hier
Und wehre dich des Lebens.
(Sie hat einem der Umstehenden das Schwert entrissen und reicht es ihm.)
Aietes (ihr das Schwert entreißend) .
Törichte!
Vom Altar fort!
Phryxus.
Ich bleibe!
Aietes.
Reißt ihn weg!
Phryxus (da einige auf ihn losgehen) .
Nun denn, so muß ich sterben? – Ha, es sei!
Doch ungerochen, klaglos fall' ich nicht.
(Er reißt das Panier mit dem goldenen Vließ aus der Erde und tritt damit in den Vorgrund.)
Du unbekannte Macht, die her mich führend,
Dies Pfand der Rettung huldvoll einst mir gab
Und Sieg und Rache mir dabei verhieß;
Zu dir ruf' ich empor nun! Höre mich!
Hab' ich den Sieg durch eigne Schuld verwirkt,
Das Haupt darbietend dem Verräternetz
Und blind dem Schicksal trauend statt mir selber
So laß doch Rache wenigstens ergehn
Und halte deines Wortes zweite Hälfte!
Aietes.
Was zauderst du?
Phryxus.
Aietes!
Aietes.
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