„Die Validität sagt etwas darüber aus, wie gut die gewählte Methode geeignet ist, eine Forschungsfrage zu beantworten bzw. ein bestimmtes Merkmal zu messen. In Bezug auf eine Forschungsfrage fragt man sich also, ob die gewählte Methode bzw. das Instrument wirklich das misst, was gemessen werden soll“, sagte Nora. „Aspekte der Kundenloyalität kann ich nicht unkritisch mit Hilfe irgendeiner Theorie der Kundenbindung ergründen. Das ist selbstverständlich. Aber ich möchte noch mal auf schwierigere Sachen, z. B. die Messung von etwas, was man nicht direkt beobachten kann, zurückkommen. Die Herausforderung bei der Sicherstellung der Validität besteht darin, dass man manche Dinge einfach nicht direkt beobachten und messen kann. Wenn ich zum Beispiel wissen will, ob Studierende motiviert sind, muss ich Annahmen darüber treffen, woran ich die Motivation festmache. Der Rückschluss von Beobachtungen auf die Motivation muss valide sein, d. h. ich muss sicherstellen, dass das was ich überprüfe, auch tatsächlich das ist, was ich überprüfen möchte.“ Kevin unterbrach sie: „Also mit einfachen Worten: Ich muss ständig prüfen, ob meine Literatur, meine Definitionen, meine Methoden und das, was ich schreibe, exakt zum Thema passen.“ Nora antwortete: „Genauso ist es. Das ist mit ‚Validität‘ gemeint. Schau, hier sind wieder ein paar Beispiele.“
Thema:Auswirkungen der Servicequalität auf die Kundenloyalität |
Nicht valide: |
Valide: |
In den Grundlagen wird Kundenbindung statt Kundenloyalität definiert. |
Kundenloyalität wird exakt definiert und von ähnlichen Begriffen (z. B. Kundenbindung) klar abgegrenzt. |
In den Grundlagen werden theoretische Ansätze zur Erklärung der Servicequalität beschrieben. |
In den Grundlagen werden theoretische Ansätze zur Erklärung der Determinanten der Kundenloyalität beschrieben. |
Thema:Rechtschreibkenntnisse von Studierenden mit Migrationshintergrund |
Nicht valide: |
Valide: |
Bei der Befragung wird die Zeichensetzung überprüft. |
Bei der Befragung werden Rechtschreibkenntnisse überprüft. |
Alle Studierenden werden befragt. |
Ausschließlich Studierende mit Migrationshintergrund werden befragt. |
Thema: Probleme beim wissenschaftlichen Arbeiten – eine Studierendenbefragung |
Nicht valide: |
Valide: |
Bei der Datenerhebung werden Freunde und Bekannte befragt. |
Bei der Datenerhebung wird eine repräsentative Auswahl unter den Studierenden durchgeführt. |
Es werden willkürliche Aspekte erhoben und irrelevante Fragen gestellt. |
Es werden nur Aspekte erhoben, die zur Fragestellung passen. |
Tab. 4: Beispiele zur Validität
Annkathrin las sich die Beispiele langsam durch und hatte einen Aha-Moment: „Aha, das heißt, dass zwecks Bestimmung der Länge eines Tisches das Maßband ein reliables Instrument ist. Wenn das Ziel meiner Forschung aber die Untersuchung der Stabilität des Tisches ist, dann muss ich mir Gedanken darüber machen, ob hierfür überhaupt die Länge des Tisches oder andere Merkmale, z. B. die Anzahl an Tischbeinen beobachtet werden muss.“ „Korrekt!“, stimmte Nora zu.
„ Validität sollte man nicht nur auf das Thema beziehen, sondern auch auf einzelne Abschnitte der Arbeit. Wenn ein Gliederungspunkt einer Arbeit z.B. Definition und Ziele heißt, dann dürft ihr im Textteil zu diesem Gliederungspunkt nur die Begriffserläuterung und die Ziele beschreiben. Wer im gleichen Kapitel zusätzlich schon Vorteile, Nachteile, Anwendungsbereiche etc. erläutert, dessen Ausführungen sind in diesem Abschnitt nicht valide“, stellte Nora fest .
„Sicherheitshalber habt ihr hier noch eine Zusammenfassung.“
Merke!
» Die Objektivität bezieht sich darauf, werdie wissenschaftliche Arbeit schreibt. Hier ist die Objektivität der durchführenden Person im Fokus.
» Die Reliabilität prüft, wiedie wissenschaftliche Arbeit durchgeführt wurde. Hier steht die Zuverlässigkeit der Methode im Vordergrund.
» Die Validität prüft, wasüberhaupt untersucht wird. Hier wird betrachtet, was die gewählte Methode überhaupt messen kann.
Die drei technischen Ansprüche bedingen sich gegenseitig. Ohne Objektivität gibt es keine Reliabilität und ohne Reliabilität kann es keine Validität geben.
Die vier Freunde lehnten sich entspannt zurück und dachten eine Weile nach. Schließlich unterbrach David die Stille: „Die technischen Ansprüche an die Wissenschaftlichkeit habe ich jetzt verstanden, aber ich habe die Sorge, dass ich das alles während des Schreibens meiner eigenen Arbeit wieder vergesse.“ „Geht mir auch so“, meinte Annkathrin. „In unserem Kurs wurde dazu eine Checkliste aus einem Buch empfohlen – die habe ich mal für uns alle kopiert.“ Sie gab jedem ein Blatt. David guckte darauf und meinte: „Super! Solche Checklisten sollten wir zu jedem Thema haben – dann kann nichts schief gehen!“
Checkliste!
Technische Ansprüche an die Wissenschaftlichkeit
Objektivität:Bezieht sich darauf, wereine wissenschaftliche Arbeit schreibt. Eine Arbeit ist objektiv, wenn keine ungewollten Einflüsse durch involvierte Personen entstehen.
» Persönliche Empfindungen und Interessen sind in meine Arbeit nicht eingeflossen.
» Bei der Durchführung und Auswertung meiner Arbeit, habe ich standardisierte Regeln und Kriterien angewendet.
» Zwischenmenschlicher Kontakt mit den Befragten/Beobachteten wurde bestmöglich vermieden.
» Bei Interviews und Befragungen habe ich auf Suggestivfragen und persönliche Beeinflussung verzichtet.
Reliabilität:Bezieht sich darauf, wieeine wissenschaftliche Arbeit durchgeführt wurde. Eine Arbeit ist reliabel, wenn sie bei wiederholter Durchführung unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse liefert.
»Eine umfassende Literaturrecherche habe ich durchgeführt.
»Alle wesentlichen Aspekte sind in der Arbeit berücksichtigt.
»Alle Personen erhalten den gleichen Fragebogen.
»Fragestellungen sind idealerweise standardisiert.
»Durchführung der Befragung wird exakt beschrieben.
»Stichprobe wird exakt beschrieben.
»Bei der Auswertung werden statistische Verfahren angewendet.
»Ort und Zeitpunkt der Befragung werden bekannt gegeben.
Validität: Bezieht sich darauf, wasuntersucht wurde. Eine Vorgehensweise ist valide, wenn sie tatsächlich das behandelt, was behandelt werden muss.
»Die Begriffe des Themas werden exakt definiert und von ähnlichen Begriffen klar abgegrenzt.
»Die gewählten Theorien und Aspekte sind zur Beantwortung der Forschungsfrage geeignet.
»Es werden nur Aspekte dargestellt, die zum Thema bzw. zur Forschungsfrage passen und somit relevant sind.
»Bei Befragungen ist die Datenerhebung anonym.
»Bei der Datenerhebung findet eine repräsentative Auswahl statt.
»Die gewählte Messmethode ist für die Untersuchung eines speziellen Zusammenhanges geeignet.
„Die formalen Ansprüche beziehen sich auf die wissenschaftliche Spracheund die Zitierweise. Bezüglich der Ausdrucksweise sind wir uns einig, dass wir präzise und eindeutige Formulierungen nutzen, richtig? Ich denke, dass wir alle Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion beherrschen und eine fehlerfreie Arbeit hinkriegen, oder?“, fragte Annkathrin. „Ja, das kriegen wir schon hin, zumal die Arbeit ja auch vor der Abgabe Korrektur gelesen wird. Ich vertraue da voll auf Noras Kenntnisse. Aber das mit der Wissenschaftssprache macht mir etwas Sorgen“, antwortete David. „Wieso, ist doch easy. Du überlegst bei jeder Formulierung, ob du präzise und eindeutig formulierst und auf jegliche Metaphern etc. verzichtest“, meinte Nora. „Wir haben so etwas doch schon im Deutschunterricht in der Schule gehabt. Aber wenn ihr wollt, erzähle ich euch an einem anderen Freitag noch, was in meinem Buch dazu steht und was wir im Begleitseminar haben – das Thema soll wohl relativ früh zur Sprache kommen, wenn ich mir die Seminargliederung so angucke. Das müsste noch vor der Themenvergabe klappen.“
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