Gleichzeitig kamen Studien zu dem Ergebnis, dass auch nur mithilfe der Psychotherapie das negative, pessimistische Denken vermindert werden konnte. Überraschend war, dass bestimmte psychotherapeutische Methoden sogar Einfluss auf den Gehirnstoffwechsel hatten.
Aktuelle Daten zeigen, dass während der Covid-19-Pandemie die Zahl der von Depressionen betroffenen Personen schnell angestiegen ist. Bei den Betroffenen können bereits Risikofaktoren für eine Depression vorgelegen haben, etwa eine schwierige Kindheit, genetische Veranlagung oder eine entsprechende Vorgeschichte. Eine Pandemie wie diese, die auch unabhängig von diesen anderen Risikofaktoren zu einer Depression führen kann, stellt uns vor einzigartige Herausforderungen. (Mehr Informationen über den Zusammenhang von Pandemien und Depression finden Sie in Kapitel 3.)
Auch in aktuellen Untersuchungen konnten keine spezifischen Ursachen der Depression aufgedeckt werden. Doch sie ergaben, dass sowohl körperliche als auch psychische Faktoren aufeinander einwirken.
Bipolare Störung: Ein Auf und Ab
Die bipolare Störung ist eine Gemütserkrankung, die sich von klassischen Depressionen unterscheidet, da Menschen mit einer bipolaren Störung auch Phasen ungewöhnlicher Euphorie erleben. Das bezeichnet man als Manie .
Bei einer bipolaren Störung schwankt die Stimmung zwischen extremen Höhen und Tiefen. Deshalb wird diese Störung anders behandelt als die meisten anderen Depressionen. Wir möchten Ihnen die Symptome vorstellen, damit Sie sich professionelle Hilfe holen können, falls Sie in Ihrer Depression manische Phasen bemerken, denn Selbsthilfe ist bei dieser Erkrankung nicht ausreichend.
Obwohl Menschen in einer manischen Phase fröhlich und glücklich wirken, werden Außenstehende bemerken, dass diese gute Stimmung ein wenig zu gut ist, um wahr zu sein. In manischen Phasen brauchen die Betroffenen nur sehr wenig Schlaf, sind ungewöhnlich kreativ und besitzen viel Energie und Begeisterungsfähigkeit. Das klingt doch nach einer guten Stimmung, oder? Wer möchte sich nicht so toll fühlen? Doch warten Sie ab, was noch dazugehört.
Das Problem an den manischen Phasen bei einer bipolaren Störung ist, dass dieses Stimmungshoch außer Kontrolle gerät. In dieser Phase werden gute Ratschläge in den Wind geschlagen. Menschen mit dieser Erkrankung …
geben häufig zu viel Geld aus.
spielen exzessiv.
treffen unsinnige Entscheidungen in ihrem Job.
lassen sich auf riskante sexuelle Ausschweifungen ein.
sprechen sehr schnell und aufgebracht.
glauben, dass sie besondere Talente oder Fähigkeiten besitzen.
In manischen Phasen besteht die Gefahr, dass die Betroffenen sich selbst oder ihre Familien ruinieren. Ihr Verhalten kann derart außer Kontrolle geraten, dass sie für einige Zeit in eine Klinik müssen.
Die meisten Menschen mit einer bipolaren Störung erleben auch leichte bis schwere depressive Phasen. Himmelhochjauchzend – zu Tode betrübt. Dieser Absturz kann sogar an einem einzigen Tag passieren. Die Depressionen, die einer manischen Phase folgen, treffen die Kranken unerwartet und werden als zerstörerisch empfunden. Der starke Gegensatz ist für die Betroffenen sehr schmerzhaft. Menschen mit einer bipolaren Störung haben das Gefühl, völlig außer Kontrolle geraten zu sein. Sie sind hilflos und ohne Hoffnung. Es überrascht deshalb nicht, dass das Selbstmordrisiko bei keiner anderen Depression so hoch ist wie bei der bipolaren Störung.
Auch wenn es sich bei der bipolaren Störung in der Regel um eine chronische Erkrankung handelt, kann sie sehr erfolgreich behandelt werden. Sowohl mithilfe von Medikamenten als auch mit Psychotherapie, meist in Kombination, können die meisten der Symptome gelindert werden. Wichtig ist insbesondere die Rückfallprophylaxe, also das frühzeitige Verhindern oder Minimieren von erneuten Episoden.
Eine bipolare Störung ist eine komplizierte und schwerwiegende Erkrankung. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie oder jemand, den Sie kennen, an einer bipolaren Störung leiden, benötigen Sie beziehungsweise die betreffende Person sofort professionelle Hilfe.
Sie sind sich sicher, dass Sie – oder jemand, der Ihnen nahesteht – unter einer Depression leiden. Doch was nun? Beobachten Sie, wie sich Ihre Stimmung von Tag zu Tag verändert. Das ist ein wichtiger Schritt, um wieder gesund zu werden. Warum?
Sie können ein gewisses Muster erkennen (vielleicht werden Sie jeden Montag sehr depressiv).
Sie können mögliche Auslöser Ihrer depressiven Stimmung erkennen.
Sie können Ihre Fortschritte besser einschätzen.
Sie bemerken schnell, wenn Sie keine Fortschritte machen. Das kann bedeuten, dass Sie professionelle Hilfe benötigen.
Wir empfehlen Ihnen, ein Stimmungstagebuch zu führen (siehe Tabelle 2.2). Es kann sehr nützlich sein, bestimmte Ereignisse und Gedanken zu notieren. Versuchen Sie das einige Wochen lang.
Bewerten Sie Ihre Stimmungslage jeden Tag auf einer Skala von 1 bis 100. Der Wert 100 würde bedeuten, dass Sie sich geradezu ekstatisch fühlen. Es geht Ihnen großartig, etwa so, als hätten Sie gerade eine Million Euro im Lotto gewonnen. Die Bewertung mit 50 Punkten würde bedeuten, dass Sie einen ganz normalen, durchschnittlichen Tag haben. Ihre Stimmung ist gut. Es gibt nichts Besonderes, nichts Schlechtes. Eine Bewertung mit nur einem Punkt beschreibt den schlimmstmöglichen Tag. Interessanterweise haben wir herausgefunden, dass die meisten Menschen, die nicht unter einer Depression leiden, ihre durchschnittliche Stimmung mit 70 Punkten bewerten. Trotzdem haben wir 50 Punkte als Mittelwert festgelegt.
Wenn Sie es einfach halten wollen, nehmen Sie am besten Ihren Kalender als Stimmungstagebuch und notieren täglich nur die entsprechende Zahl.
Machen Sie sich zusätzlich zu Ihrer Stimmung einige Notizen über Ihren Tag. Beachten Sie dabei alles, was sich auf Ihre Stimmung auswirken könnte. Dazu gehören:
Auseinandersetzungen mit Kollegen, Freunden oder mit dem Partner,
Problematische Zeiten am Tag,
Verlieben,
Finanzielle Probleme,
Einsamkeit,
Negative Gedanken oder Tagträume, die Ihnen durch den Kopf gehen,
Eine unerwartete Beförderung,
Tolles Wetter,
Probleme im Job.
Karstenvermutete, dass er depressiv sein könne. Aus diesem Grund beobachtete er seine Stimmungsveränderungen und entdeckte ein interessantes Muster. In Tabelle 2.2zeigen wir Ihnen einen Auszug aus Karstens Stimmungstagebuch.
Karsten wertete die Stimmungstagebücher einiger Wochen aus. Dabei stellte er fest, dass er sich vor allem sonntagnachmittags schlecht fühlte. Er stellte fest, dass er dann meistens allein war und über eventuelle Probleme der folgenden Woche grübelte. Er bemerkte außerdem, dass Vormittage nicht gerade die beste Zeit des Tages für ihn waren, da er sich über den Rest des Tages Sorgen machte. Seine Sorgen bestanden häufig darin, Probleme zu befürchten, die nur sehr selten eintrafen. Es ging ihm besser, wenn er ein Projekt in Angriff nahm, das er aufgeschoben hatte (wie zum Beispiel das Rasenmähen).
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