Fast alle Zellen unseres Körpers unterliegen einem ständigen Erneuerungsprozess, der je nach Funktion und Gewebeart unterschiedlich schnell abläuft. Jede Sekunde sterben ca. 50 Millionen Zellen und werden durch neue ersetzt. Die Zellen unserer Magenschleimhaut werden z.B. ca. 1 Woche alt, Dünndarmzellen 1–2 Tage, die roten Blutkörperchen 120 Tage und Knochenzellen 10–30 Jahre. Während der Embryonalzeit bilden sich die unterschiedlichen Zellarten aus den Stammzellen, differenzieren sich und schließen sich dann zu sinnvollen Zellverbänden zusammen, aus denen die einzelnen Organe entstehen. Damit unsere Organsysteme sinnvoll arbeiten können, ist also eine reibungslose Funktion der einzelnen Zellen erforderlich, wobei die Mitochondrien für die nötige Energie sorgen.
Aufbau einer typischen menschlichen Zelle
Bis auf wenige Ausnahmen bestehen menschliche Zellen aus der Zellmembran und dem Zytoplasma, in dem sich die unterschiedlichen Zellorganellen mit dem Zellkern befinden. Die roten Blutkörperchen, die im Knochenmark gebildet werden, sind kernlos und können sich deshalb auch nicht mehr teilen.
Die Zellmembranbildet die äußere, begrenzende, formgebende Hülle der Zelle, die »Hauswand«. Sie sorgt für einen kontrollierten Stoff- und Gasaustausch zwischen dem Zellinnenraum und der Umgebung. Sie ist nur für bestimmte Stoffe durchlässig und kann über verschiedene Mechanismen steuern, was wann in welcher Menge durchgelassen wird. Diese Fähigkeit wird auch als »Permeabilität« bezeichnet.
Der Grundbaustoff der Zellmembran sind Fette/Lipide. Diese bilden eine flüssige Lipid-Doppelschicht, die wiederum in eine Protein-/Eiweiß-Struktur eingebunden ist. Es handelt sich also um eine Doppelmembran.
Die Zellmembran umschließt das Zytoplasma.
Aufbau der Zelle
Das Zytoplasmaist eine flüssige, gelartige Substanz innerhalb der Zellmembran, die den Hauptbestandteil der Zelle ausmacht. Im Zytoplasma befinden sich das Zytosol, das Zytoskelett, der Zellkern und die Zellorganellen – weitere Funktionseinheiten der Zelle.
Das Zytosolbesteht zu 70 Prozent aus Wasser, in dem unterschiedlichste Stoffe wie Ionen, Nährstoffe, Kohlenhydrate, Mineralsalze, Aminosäuren und Enzyme gelöst sind. Hier laufen zahlreiche Stoffwechselreaktionen ab.
Das Zytoskelettsitzt innerhalb des Zytoplasmas und sorgt für die notwendige Stabilität der Zelle und für die intrazellulären Stofftransporte. Es setzt sich aus Mikrotubuli, Aktin- und Intermediärfilamenten zusammen und durchzieht die ganze Zelle in einem dreidimensionalen Netzwerk.
Der Zellkern (Nukleus)wird von der Kernmembran umhüllt und enthält das Chromatingerüst, das die codierte Erbinformation in Form von DNA beinhaltet. Er ist die Steuerzentrale der Zelle.
Der Nukleolus,das Kernkörperchen innerhalb des Zellkerns, besteht vorwiegend aus DNA, RNA (bzw. RNS/Ribonukleinsäuren) und Protein. Die Nukleoli (oder auch Nukleolen) sind für die Produktion der verschiedenen Untereinheiten der Ribosomen zuständig.
Die Mitochondrien,die Kraftwerke der Zelle, dienen hauptsächlich der Energiegewinnung durch Zellatmung. Daneben besitzen sie weitere Funktionen bei der Bildung von Baumaterial und der Entsorgung von Ammoniak sowie dem programmierten Zelltod (Apoptose). Zusätzlich dienen sie als intrazellulärer Kalziumspeicher. Sie sind wie der Zellkern von einer Doppelmembran umschlossen, besitzen eine eigene DNA und vermehren sich unabhängig von der Mutterzelle.
Das endoplasmatische Retikulumzieht sich als Gangsystem durch die gesamte Zelle und stellt eine Erweiterung der Kernmembran dar. Die Grundsubstanz, das glatte endoplasmatische Retikulum, ist für die Fettsäureproduktion, Speicherung von Kalzium und Entgiftung der Zelle zuständig. Durch Anlagerung von Ribosomen entsteht das raue endoplasmatische Retikulum, zu dessen Aufgaben die Protein-Biosynthese zählt.
Die Ribosomenerfüllen eine der wichtigsten Funktionen der Zelle – die Protein-Biosynthese – und liegen verstärkt auf der Kernmembran und dem rauen endoplasmatischen Retikulum. Hier werden unterschiedliche Aminosäuren zu Proteinen verknüpft. Die Verknüpfungssequenz der Aminosäuren ergibt sich aus dem genetischen Code der menschlichen DNA.
Der Golgi-Apparatstellt den Ort dar, an dem die vom rauen endoplasmatischen Retikulum und den Ribosomen produzierten Proteine und Stoffe gespeichert und modifiziert werden. Im Golgi-Apparat werden zudem Transport-Vesikel (in der Zelle gelegene Bläschen) gebildet (eine Art Schutzhülle um die Proteine und Stoffe) und damit in der Zelle transportiert, verteilt oder ausgeschleust.
Die Lysosomenenthalten Enzyme und bauen damit zelleigene und zellfremde Stoffe ab. Ihr pH-Wert ist extrem sauer (4,5 bis 5).
Die Peroxisomesind besonders in Leber und Nieren zu finden und dienen dem Abbau von Fettsäuren mittels Oxidation. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Verstoffwechselung von zellulären Abfall- und Zwischenprodukten und ermöglichen die Entgiftung von reaktiven Sauerstoffverbindungen (Wasserstoffperoxid), die zu Zellschäden führen können.
Jede Zelle bildet also einen eigenen, kleinen Mikrokosmos und ein eigenständiges, lebensfähiges System. Durch die intelligenten, sinnvoll aufeinander abgestimmten biochemischen Prozesse in der Zelle und durch das perfekt aufeinander abgestimmte Zusammenspiel der verschiedenen Zellorganellen stellt die Zelle die Grundlage des Lebens dar. Durch den Zusammenschluss von Milliarden einzelner, intelligenter Zellen entstehen hoch komplexe Systeme (Gewebe, Organe, Organsysteme), und daraus formt sich der Mensch mit seinem eigenen Bewusstsein sowie seiner Fähigkeit, zu denken, zu fühlen und zu handeln.
Prokaryoten und Eukaryoten
In der Natur finden sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Zellarten, die sich vor allem darin unterscheiden, dass bestimmte Zellbestandteile vorhanden sind oder fehlen.
Prokaryoten (Bakterien, Archaen) sind in der Regel Einzeller und sehr klein (ca. 1–2 µm). Eukaryoten sind meist mehrzellige Organismen (es gibt Ausnahmen), deren Zellen deutlich größer sind (10–100 µm) als die der Prokaryoten. Prokaryoten sind Lebewesen, deren Zellen keinen Zellkern aufweisen und hinsichtlich ihrer Architektur einfach organisiert sind. Die Erbinformation, die DNA, befindet sich bei Prokaryoten frei im Zellplasma, während sie bei Eukaryoten im Zellkern sitzt. Zusätzlich besitzen sie DNA in Form von Plasmiden. Prokaryotische Zellen enthalten im Gegensatz zu Eukaryoten keine Zellorganellen und Kompartimente. Aus dem Zusammenschluss von prokaryotischen Zellen sind im Lauf der Evolution komplexe eukaryotische Zellen hervorgegangen (➧ Teil 1 ➧ »Die Endosymbionten-Theorie«).
Zellforschung am Rand der etablierten Wissenschaft
Sind wir durch unsere Gene bestimmt? Die Geheimnisse unserer Gene werden wissenschaftlich immer weiter entschlüsselt; wir wissen immer mehr über die Informationen, die sie enthalten. Wissenschaft und Schulmedizin sehen in der Genetik die riesige Chance, um langfristig bestimmte genetisch mitbestimmte Krankheiten frühzeitig zu erkennen und mittels gezielter Eingriffe in das Erbgut Krankheiten zu verhindern und zu heilen. In verschiedenen Ländern werden im Rahmen groß angelegter Studien (z.B. seit 2018 die »Estonian Personalized Medicine Initiative« in Estland) die genetischen Informationen der Bevölkerung erforscht, um zugleich Daten über Gendefekte, genetische Krankheitsdispositionen usw. zu erhalten. Genetische Risiken sollen frühzeitig erkannt sowie der Ausbruch der Krankheiten mithilfe gezielter Maßnahmen zur Lebensführung zumindest verzögert werden.
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