Andreas Unfried u. a.
XXL-Pfarrei
Monster oder Werk
des Heiligen Geistes?
Andreas Unfried u. a.
Monster oder Werk des Heiligen Geistes?
Die Bibelstellen wurden entnommen der Einheitsübersetzung
der Heiligen Schrift © 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.ddb.de› abrufbar.
© 2012 Echter Verlag GmbH, Würzburg
www.echter-verlag.de
Umschlag: wunderlichundweigand.de
(Foto: © zettberlin/photocase.com und © chocolatto/photocase.com)
Satz: Hain-Team, Bad Zwischenahn ( www.Hain-Team.de)
Druck und Bindung: Druckerei CPI – Clausen & Bosse, Leck
ISBN
978-3-429-03486-3 (Print)
978-3-429-04640-8 (PDF)
978-3-429-06050-3 (ePub)
Einleitung (Andreas Unfried)
TEIL I: Grundlegende Überlegungen
1. Warum nicht alles bleiben kann, wie es ist. Und warum es besser ist, den Wandel zu gestalten, als ihn zu erleiden( Andreas Unfried)
2. Gemeinde, Pfarrei, Pfarrgemeinde – eine babylonische Sprachverwirrung( Andreas Unfried)
3. Es war nicht immer so, wie es ist: Pfarrseelsorge im Wandel (Mathias Wolf)
4. Gefeierter Glaube, gegebenes Zeugnis, tätige Nächstenliebe, praktizierte Gemeinschaft: Wovon die Kirche lebt( Andreas Unfried)
5. Die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche: Was Kirche ist( Andreas Unfried)
6. In persona Christi capitis: Priesterliches Dienstamt (Andreas Unfried)
7. Diener eurer Freude – Vom Zusammenspiel der Dienste und Ämter (Mathias Wolf)
8. Der mitteleuropäische Sonderweg: Hauptamtliche Laien und arbeitsteilige Seelsorge( Andreas Unfried und Daniel Dere)
9. Die sitzende Kirche – Die Gremien: unser Untergang? (Andreas Unfried)
10. Beteiligung braucht neue Formen: Die Überwindung des Sitzungskatholizismus (Daniel Dere)
11. Wie kann’s weitergehen? – Ein Ausblick (Mathias Wolf)
TEIL II: Wie es trotz allem gehen kann: Ein Praxisbericht
12. „Wir wollen nicht. Aber wenn doch, dann schnell!“ – Die Ausgangslage (Andreas Unfried)
13. Projekt Pfarreiwerdung – Viele Köpfe denken besser (Andreas Unfried)
14. Nicht jeder kann alles, keiner kann nichts – Ein Team werden in der Seelsorge (Susanne Degen)
15. Wer nicht gegen uns ist, ist für uns – Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz (Daniel Dere)
16. Da könnte ja jetzt jeder kommen … – Vom Umgang mit bischöflichen Behörden (Andreas Unfried)
17. Gemeinsamer Weg, gemeinsame Verantwortung – Vom Segen des Synodalprinzips (Andreas Unfried)
18. Wir gehen doch nicht allein – Geistliche Gründung eines Wandlungsprozesses. Ein imaginärer Dialog (Susanne Degen und Clemens Olbrich)
19. „Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles“ – Verwaltung und Finanzen (Andreas Unfried)
20. Fazit: Warum das Neue besser ist als das Alte – und trotzdem noch lange nicht genug( Andreas Unfried )
TEIL III: Materialsammlung
I. |
„Geh deinen Weg …“ – Eine biblische Vergewisserung |
II. |
FAQ: Was ist eine „Pfarrei neuen Typs“? |
III. |
Konsenspapier des Pastoralteams: Künftige Aufgaben der hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger |
IV. |
FAQ: Ergebnisse der Beratungen in den Projektgruppen |
V. |
Präsentation: „Pfarrei neuen Typs“ für fünf öffentliche Veranstaltungen in den Gemeinden |
VI. |
Präsentation: Offener Klausurtag zum Prozess Pfarreiwerdung |
Gebet auf dem Weg zur Pfarreiwerdung
Guter Gott,
wir bitten Dich auf unserem Weg,
dass uns Dein Heiliger Geist begleitet,
der Geist der Geschwisterlichkeit,
der Geist der Kreativität,
der Geist der Beherztheit,
Dein Segen begleite uns in all unserem Tun.
Amen.
Dieses Gebet, das auf unserem Klausurtag entstanden ist, wurde am Folgetag in allen Gottesdiensten gebetet und hat uns auf dem weiteren Weg immer wieder begleitet, indem wir es vor Beginn oder am Ende von Sitzungen gebetet haben und die Gemeinden eingeladen haben, uns durch ihr Gebet zu Hause im Prozess zu unterstützen .
(von Andreas Unfried)
Es kommt nicht alle Tage vor, dass man von 311 deutschen Theologen als Missstand angeprangert wird. In dem vielbeachteten Memorandum: „Kirche 2011 – Ein notwendiger Aufbruch“ heißt es: „ Christliche Gemeinden sollen Orte sein, an denen Menschen geistliche und materielle Güter miteinander teilen. Aber gegenwärtig erodiert das gemeindliche Leben. Unter dem Druck des Priestermangels werden immer größere Verwaltungseinheiten – ‚XXL-Pfarren‘ – konstruiert, in denen Nähe und Zugehörigkeit kaum mehr erfahren werden können. Historische Identitäten und gewachsene soziale Netze werden aufgegeben. Priester werden ‚verheizt‘ und brennen aus. Gläubige bleiben fern, wenn ihnen nicht zugetraut wird, Mitverantwortung zu übernehmen und sich in demokratischeren Strukturen an der Leitung ihrer Gemeinde zu beteiligen.“
Was lässt sich groß sagen gegen den versammelten Sachverstand der deutschen Theologie? Oder gegen das ebenfalls verbreitete Urteil im Kollegenkreis oder in Diskussionsrunden mit kirchenkritischen Kirchenliebhaberinnen und -liebhabern, man sei bloß zu konfliktscheu und schafsdumm, um gegen solch offenkundige Fehlentwicklungen entschlossenen Widerstand zu leisten?
Wir haben im vergangenen Jahr einen Weg beschritten hin zu einer „Pfarrei neuen Typs“. Wir haben es nicht unserem Bischof zu Willen getan – wenngleich mit gehöriger Unterstützung durch die Diözese. Wir haben es getan aus der Überzeugung heraus, dass wir grundlegend etwas ändern müssen in der pfarrlichen Seelsorge und dass wir diese Änderungen lieber selber mit betreiben wollen, statt uns als Hindernis den Veränderungen in den Weg zu stellen (auf die Gefahr hin, überrollt zu werden). Es ist nicht so, dass wir schon in allem Bescheid wüssten, wie das Neue werden wird. Immer wieder gehen wir mit Hoffen und Bangen und oft genug navigieren wir bloß auf Sicht. Es ist auch nicht so, dass wir völlig frei von Selbstzweifeln wären. Geben wir zu viel vom Bewährten auf? Werden uns die Gemeindemitglieder folgen? Ist die Kirche, die am Ende entstanden sein wird, auch weiter die Kirche, von der ich geträumt habe, als ich mich einst entschlossen habe, mein Leben von ihr und der Botschaft, für die sie steht, prägen zu lassen?
Viele von uns sind in dieses Projekt mehr hineingestolpert, als dass sie es aktiv gewollt hätten. Wir haben uns auseinandersetzen müssen mit einer völligen Umgestaltung des beruflichen Umfelds und der vertrauten Gemeindestrukturen. Für viele von uns bedeutet der Prozess der Veränderung auch schmerzlichen Abschied von Liebgewordenem und Vertrautem. Dennoch haben Priester, hauptamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger und nicht zuletzt die synodalen Verantwortungsträger in den betroffenen acht Pfarrgemeinden unseres Pastoralen Raums mit großer Entschiedenheit den Weg zur Pfarreiwerdung beschritten. Wir sind diesen Weg von vornherein als gemeinsamen Weg gegangen, als Schicksalsgemeinschaft gewissermaßen. Und wir gehen ihn – bei unterschiedlichem Grad der Betroffenheit und unterschiedlicher Tiefe der Reflexion – als einen Weg, auf dem wir uns geführt vom Heiligen Geist erfahren. In unserer Perspektive ist das, was wir hier versuchen, nicht der Abgesang auf pfarrliche Seelsorge, sondern die konsequente Fortführung der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums. Es ist ein Ernstmachen damit, dass die Kirche wirklich Volk Gottes ist, in dem Laien und Priester gemeinsam Verantwortung tragen aufgrund gemeinsamer Berufung zum Allgemeinen Priestertum in Taufe und Firmung, und dass dieses Gottesvolk wiederum in sich gegliedert ist in eine Vielzahl und Vielfalt von Berufungen und Charismen, Ämtern und Diensten, unter denen dem priesterlichen Amt als dem Dienst an der Einheit und Apostolizität besondere Bedeutung zukommt.
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