Auch etliche prominente amerikanische Wissenschaftler äußerten Kritik an der Studie im Lancet. Zwar sei die Metaanalyse des Berner Teams geeignet, Schlüsse über die Wirksamkeit der Schulmedizin zu ziehen, aber sie sei nur bedingt von Nutzen bei der Beurteilung der Homöopathie. Kriterien, wie sie für eine qualitativ hochwertige Homöopathie-Forschungsstudie notwendig wären und die das Wesen der homöopathischen Therapieweise berücksichtigten, wurden nicht beachtet. Man könnte es mit einer Studie vergleichen, die die Wirkung von Penicillin bei Patienten mit allgemeinen Symptomen einer Infektion testet. Selbst wenn die Qualität der Studie generell hochwertig wäre, sie würde nur bei einem sehr kleinen Teil der Patienten eine positive Wirkung zeigen, nämlich nur bei denen mit einer bakteriellen Infektion, die auf Penicillin anspricht. Eine Metaanalyse von solchen Studien zur Wirkung von Penicillin könnte hier dann auch nur unspezifische Placebo- oder Kontexteffekte nachweisen, da die Studien nicht die spezifische Natur des Wirkstoffs berücksichtigen, so Dr. Iris Bell von der Universität von Arizona.
Roy Rustum, renommierter Materieforscher der Penn State University, fand härtere Worte. Die Erörterungen zur Chemie seien wissenschaftlich falsch. »Der redaktionelle Inhalt des Lancet, soweit er sich auf die Homöopathie bezieht, stützt sich auf eine recht veraltete Idee aus dem neunzehnten Jahrhundert, dass die Aufnahme fremder Moleküle die einzige Art und Weise sei, wie die Eigenschaften von Wasser beeinflusst oder verändert werden können.« Das sei eine auf Avogadro beschränkte Erörterung der Chemie von Schulniveau. Damit bezieht er sich auf das schon erwähnte Argument, in der homöopathischen Hochpotenz könne gar nichts mehr wirken, da rechnerisch bei Verdünnungen über der Avogadro-Zahl (C12 / D24) keine Moleküle der Ausgangssubstanz zu finden sind. Rustum weiter: »Für einen Materiewissenschaftler ist diese Behauptung absurd, denn das fundamentale Paradigma der Materieforschung ist, dass die Beziehung zwischen Struktur und Eigenschaft das grundlegend Bestimmende für einfach alles ist.« Es sei einfach eine Tatsache, dass die Struktur von Wasser und damit auch sein Informationsgehalt auf zahllose Art und Weise geändert werden kann.8
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Metaanalyse von Shang et al. in Ausführung und Design zumindest problematisch war. Sie stützte sich zudem auf insgesamt nur acht Studien. Anhand dieser Daten forderte dennoch die Redaktion des Lancet das Ende der Homöopathie sowie das Ende weiterer Forschung zur Homöopathie und eine Aufklärung des Patienten über diese »Scheintherapie«. Was der Lancet aber verschwieg: Die Analyse wurde schon vorab im Rahmen des Schweizer PEK veröffentlicht, das fünf Jahre lang alternative Therapieverfahren getestet hatte. In deren Schlussbericht schnitt die Homöopathie durchaus positiv ab: Wirksamkeit, Sicherheit, Inanspruchnahme, Patientenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit seien zumindest eingeschränkt belegt. Dagegen fiel die Studie von Shang et al. und das Editorial des Lancet für die Homöopathie maximal rufschädigend aus. In diesem weltweit bekannten Fachblatt mit so starken redaktionellen Worten kommentiert, konnte man sich großer Verbreitung sicher sein. Und in der Tat griff die Presse »das Ende der Homöopathie« meist unkritisch auf und gab es weiter. War genau dies etwa beabsichtigt gewesen? War »der Tod der Homöopathie« weniger durch Fakten als durch Rufmord geplant gewesen? Doch wer zu solch drastischen Mitteln greift, hat oftmals Angst oder möchte etwas aus dem Weg räumen, was ihm zu unangenehm geworden ist.
So sei dann noch auf folgendes Paradoxon hingewiesen: Nur eine Woche nach der Veröffentlichung im Lancet stellten andere Forscher der Universität Bern, aus der ja auch die hier diskutierte Metaanalyse stammt, eine weitere, qualitativ hochwertige Studie vor, die zeigen konnte, dass bei hyperaktiven Kindern mit ADS (AufmerksamkeitsDefizit-Syndrom) die Homöopathie eindeutig hilft.9 Dies konnte nur bedeuten: Anders als für die Redakteure des Lancet ist für die Wissenschaftler der Universität Bern die Wirksamkeit der Homöopathie noch lange nicht ausgeschlossen! Und dann gab es in der Zwischenzeit auch noch die Studie der Berliner Charité, deren Professor Stefan Willich 2007 in der Berliner Zeitung schrieb: »Wir Schulmediziner müssen umdenken«. Eine Auswertung der Befunde von knapp 500 Patienten, die für ihre chronischen Beschwerden entweder homöopathisch oder schulmedizinisch behandelt wurden, deutet nämlich darauf hin, dass die Homöopathie bei vergleichbaren Kosten bessere Ergebnisse zeigt.10 Wobei dies nur eine von über 15 so genannten »Outcome«- oder Kohortenstudien war, die in den letzten Jahren alle eine deutliche Wirksamkeit der Homöopathie zeigen konnten.11 Und das Beste zum Schluss: 2008 kamen dann zwei Studien heraus12, die auf so deutliche Fehler der Metaanalyse von Shang et al. hinwiesen, dass selbst der Elsevier-Verlag, der das Journal The Lancet publiziert, in einer Pressemitteilung unter der Überschrift »Neue Beweise für die Homöopathie« mitteilte, die Metaanalyse, die behauptet hatte, die Homöopathie sei nur Placebo, wäre äußerst mangelhaft gewesen. Professor Egger, der federführend an der Lancet-Studie beteiligt war, habe es aber abgelehnt, zu diesen Ergebnissen Stellung zu nehmen.13
DIE WIRKUNG ULTRAHOHER VERDÜNNUNGEN BEI MENSCH UND TIER
Wirksamkeit homöopathischer Medikamente im Tierversuch – können das noch Placeboeffekte sein?
Wissenschaft auf dem Vormarsch
Auf den Gebieten der Biologie, Biochemie und Immunologie wurde in den letzten Jahren vermehrt untersucht, ob die ultrahohen Verdünnungen der homöopathischen Mittel wirksam sein könnten. In-vivo- und In-vitro-Studien und -Forschungsmodelle sind dabei für die moderne Wissenschaft von größter Bedeutung, da sie, losgelöst aus dem Kontext der Klassischen Homöopathie mit ihren methodischen und philosophischen Vorgaben, bei korrekter Durchführung in verschiedenen Laboratorien vergleichbare Ergebnisse hervorbringen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können dann nicht mehr einfach mit dem Argument abgetan werden, die Wirkung beruhe nur auf einem Placebo-effekt. Wie an den folgenden Studienergebnissen gezeigt werden soll, haben Wissenschaftler anhand von experimentellen Versuchen an Mensch und Tier erfolgreich nachgewiesen, dass homöopathisch zubereitete Substanzen in der Tat spezifische Wirkungen erzielen.
Studien an gesunden Menschen
Zuerst sei noch einmal an die Experimente an gesunden Testpersonen erinnert, die von Samuel Hahnemann in die Homöopathie eingeführt wurden und den Grundpfeiler dieser Heilweise darstellen: die Arzneimittelprüfungen, kurz AMP. Dabei wird einer Gruppe gesunder Testpersonen die zu prüfende Substanz so lange verabreicht, bis sich bestimmte Symptome ergeben. Auf diese Weise sind bis heute Hunderte von Substanzen homöopathisch untersucht worden. Viele dieser Mittel wurden mehrfach von unterschiedlichen Prüfern und verschiedenen Testgruppen mit ähnlichen Ergebnissen getestet. Auch drei moderne doppelverblindete homöopathische AMPs belegen, dass am Gesunden – im Vergleich zu den Placebogaben – spezifische Symptome hervorgerufen werden. Und dies nicht nur bei Tief-, sondern auch bei Hochpotenzen.1 Im Rahmen einer Studie brachten es die Forscher dann auf den Punkt: »Homöopathische Mittel produzieren andere Symptome als Placebos.« Selbst in der Schulmedizin sind solche »Prüfungen« bekannt, nur dass sie hier nicht mit derselben Akribie und Methodik durchgeführt worden sind. Meist waren es zufällige Erkenntnisse aus klinischen Studien.
1987 wurde beispielsweise bei gesunden Testpersonen eine paradoxe Wirkung von homöopathisch verabreichtem Aspirin® (Acetylsalicylsäure) beobachtet: Bekanntermaßen verlängert Aspirin in pharmakologischen Dosen von 50 bis 500 mg die Blutgerinnungszeit. Damit gehört es zu den »blutverdünnenden« Medikamenten. In diesem Versuch, der als ein Beweis für die Gültigkeit des homöopathischen Ähnlichkeitsgesetzes angesehen werden kann, verkürzte sich die Blutgerinnungszeit bei gesunden Testpersonen, denen Aspirin® in der homöopathischen Potenz C5 verabreicht wurde. Das Ergebnis war signifikant zur Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielt.2
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