Bastian Reitze
Der Chor in den Tragödien des Sophokles
Person, Reflexion, Dramaturgie
Narr Francke Attempto Verlag Tübingen
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8233-0051-9
in memoriam amici
Marc Baum
1985–2014
Das vorliegende Buch ist die geringfügig überarbeitete Fassung der gleichnamigen Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie, die dem Fachbereich 07 Geschichts- und Kulturwissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im November 2015 vorgelegt wurde; das Promotionskolloquium fand im Juli 2016 statt.
Es ist mir eine freudige Pflicht, an dieser Stelle einer Reihe von Personen meinen Dank auszusprechen. Allen voran danke ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Jochen Althoff (Mainz), der das Entstehen dieser Arbeit sowie meine Studien im Ganzen stets mit besonderem Interesse, persönlichem Einsatz sowie Rat und Hilfe begleitet und gefördert hat.
Frau PD Annemarie Ambühl (Mainz/Leiden) danke ich für die Übernahme des Korreferats sowie manchen wertvollen Hinweis. Auch den weiteren Gutachtern, den Mainzer Professoren Wilhelm Blümer, Tamara Choitz und Ulrich Volp, gilt mein besonderer Dank.
Herrn Prof. Bernhard Zimmermann (Freiburg) danke ich sehr für die unkomplizierte Aufnahme der Arbeit in die DRAMA-Reihe; dem Narr Verlag Tübingen, im Besonderen Herrn Tillmann Bub, bin ich für die reibungslose Zusammenarbeit bei der Realisierung des Buchs, der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses sehr dankbar. Mein Dank gilt zudem allen ehemaligen Lehrern, Freunden und Bekannten, die mir beim Korrekturlesen der Arbeit geholfen haben.
Besonders verbunden bin ich darüber hinaus dem Gymnasium an der Stadtmauer, Bad Kreuznach, den Damen und Herren Karl-Ulrich Nordmann, Johannes Th. Thormaelen, Etta Engelmann, Dr. Hans Lier, Renate Peukert, Gunthard Müller und Benedikt Kloppenborg – sowie freilich dem ganzen Mainzer ‚Seminar für Klassische Philologie‘, im Besonderen Frau Dr. Rebekka Schirner, Frau Simone Arzt sowie meinen collegis maioribus und Freunden Günter Böckeler und Dr. Wolfram Brinker.
Für ihren Rat, ihren Zuspruch und ihre Freundschaft (weit über die Angelegenheiten des Verfahrens hinaus) danke ich einer Reihe lieber Menschen, im Besonderen Tobias Chr. Weißmann, Jacqueline Beisiegel und Ina Maria Theile.
Von Herzen danke ich schließlich meiner Mutter Claudia Reitze sowie meiner Frau Johanna Reitze, ohne deren Unterstützung, Geduld und Rückhalt dieses Buch, wie so vieles, nicht hätte entstehen können.
Gewidmet ist die Arbeit dem Andenken meines Schul- und Studienfreundes Marc Baum. Nur allzu gerne würde ich mit ihm noch einmal über Literatur, Philosophie und die Gegenstände dieses Buches sprechen. Sein Humor, sein wacher Verstand und sein unglaublich feines Gefühl für Sprache und Dichtung bleiben mir unvergessen.
Mandel, im Juni 2017 Bastian Reitze
A Einleitung: Thema, Instrumentarium, Methode
I. Vorbemerkung: Struktur der Einleitung
In dieser Einleitung soll mit dem tragischen Chor das Thema der Untersuchung, das der Interpretation zu Grunde liegende Konzept sowie die im Hauptteil angewandte Methode vorgestellt werden. Aufgabe dieser Einleitung ist es dabei einzig, den Rahmen der eigentlichen Untersuchungen abzustecken; sie ist dementsprechend möglichst kurz gehalten und verweist regelmäßig auf weitere Forschungsliteratur, die bei weitergehenden Fragestellungen oder dem Wunsch nach thematischer Vertiefung im Einzelnen konsultiert werden kann.
Der Forschungsabriss (II) sucht dabei, die vorliegende Arbeit innerhalb der wissenschaftlichen Beschäftigung zu verorten und benennt grundlegende Ansichten und Konzepte, die dieser Arbeit zu Grunde liegen. Im Sinne einer thematischen Hinführung soll der folgende Abschnitt (III) zunächst die Verankerung des Phänomens „Chor“ in der griechischen bzw. attischen Lebenswelt, dann die Eigenheiten der chorischen Dichtung, schließlich die Verbindung zwischen Chor und Tragödie kurz aufzeigen. Mit dem Chor als festem Formteil der Tragödie, wie sie uns vorliegt, beschäftigt sich der letzte Unterabschnitt.
In Abschnitt IV sollen daraufhin die für die Einzelanalysen zentralen Konzepte chorischer Reflexion und ihrer basalen dramaturgischen Funktionalisierung ausgeführt werden, bevor der die Einleitung beschließende Abschnitt V konkret das Ziel und die Methode der Arbeit formuliert und einige praeliminaria angibt.
II. Meinungen zum Chor: Forschungsabriss1
In ihrer „Introduction“2 gibt KITZINGER einen kenntnisreichen und konzisen Überblick der neuesten (hauptsächlich der angelsächsischen Forschung entstammenden) Positionen hinsichtlich des Chors und seiner Verwendung in der attischen Tragödie. Entsprechendes leistet GRUBER in seinem umfangreichen Methodenkapitel mit speziellem Blick auf die deutschsprachige Forschung.3 Eine besonders weite Perspektive nimmt GOLDHILL in seinem Abriss zur modernen Forschungsgeschichte ein.4 Auf diese Überblicke sei hier besonders verwiesen. Einen speziellen Fokus auf die Aufarbeitung des neunzehnten Jahrhunderts legt SILK5, der sich mit Hegel und Nietzsche einem über die eigentliche altphilologische Beschäftigung hinausgreifenden Rahmen zugewendet hat.
Als prägend für die allgemeine Beschäftigung mit dem Phänomen „Chor“ innerhalb der Tragödie (und dort im Besonderen für die deutsche Forschung) hat sich die auf KRANZ zurückgehende Angabe dreier „Funktionen“ des Chors erwiesen.6 Dem Chor, so die von MÜLLER zitierte Version, wird dabei zugeschrieben, „erstens Person des Stücks zu sein, zweitens Instrument zur Begleitung, Gliederung, Vertiefung und drittens ‚Organ des dichterischen Ich‘“.7 Auch wenn diese griffige Dreiteilung weder der Komplexität des Phänomens „tragischer Chor“ noch der umfangreichen wissenschaftlichen Auseinandersetzung gerecht zu werden vermag,8 bietet es sich an, an ihr als einem Leitfaden einige wesentliche Deutungsansätze auszuführen und die vorliegende Arbeit im Kontext der Sekundärliteratur zu verorten.9
Es erscheint ratsam, die von KRANZ als letzte aufgeführte Funktion des Chors hier in aller Kürze als erstes zu behandeln: Die auf im Wesentlichen Schlegel und Schiller zurückzuführende Anschauung des Chors als „Sprachrohr des Dichters“ bzw. als „idealisiertem Zuschauer“10 trennte die lyrischen Partien des Chors vom eigentlichen Handlungsverlauf. Als Sprecher der innerhalb der Deutung auf ihr reflektorisches Moment reduzierten Chorpassagen erscheint dabei letztlich der Dichter selbst, der qua Chor zu seinem Publikum spricht, es ermahnt oder unterweist und ihm so den gedanklichen Rahmen zum Verständnis des jeweiligen Stücks (und darüber hinausgehender Sachverhalte) an die Hand gibt. Wenn auch dieses Verständnis der reflektorischen Qualität einzelner Chorlieder gerecht zu werden scheint, läuft es dennoch Gefahr, in einer methodisch nicht haltbaren Weise Aussagen des Chors für Äußerungen des Dichters zu halten. Rekonstruktionen der Anschauungen des Dichters, gar seiner Theologie anhand der Chorpartien einer bestimmten Tragödie sind daher mit äußerster Vorsicht zu handhaben; dem Verständnis des Einzelstücks als eines dramatischen Kunstwerks dienen die Ansätze der Sprachrohr-Theorie nur selten.
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