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Welches Menschenbild stimmt?
Nun fragen Sie sich, welches der vorgestellten Menschenbilder seine Richtigkeit hat. Die Unzulänglichkeiten der einzelnen Sichtweisen wurden beschrieben. Die ersten drei beschriebenen Menschenbilder haben jeweils einen klaren Fokus. Es sind Daumenregeln, die immer mal wieder passen, aber oft auch zu Fehleinschätzungen führen. Daher ist das vierte Menschenbild, der »komplexe Mensch«, zu bevorzugen. Die meisten aktuellen Erkenntnisse der Psychologie sind diesem Menschenbild zuzuordnen. Das Menschenbild stellt eine gute Grundlage für die Annäherung an den Menschen als Konsumenten oder Mitglied eines Unternehmens dar. Nur: Es erfordert sehr viel Mühe, so individuell hinzuschauen. Daher begnügen wir uns in der Praxis sehr viel häufiger damit, eine Daumenregel anzuwenden als eine tiefgreifende Analyse. Aber auch das ist menschlich, wie wir sehen werden.
Das fünfte Menschenbild, die aktuellste Sichtweise, kann auch als komplexer Mensch gesehen werden, der aber durch die Vielzahl von Optionen und die Flüchtigkeit von Bindungen noch weniger »eingefangen« werden kann, sei es nun als Mitarbeiter oder als Konsument. Und wenn doch, müssen zumindest digitale Kanäle genutzt werden.
Kapitel 2
Soft-Skill-Techniken – Schlüsselkompetenzen als Türöffner
IN DIESEM KAPITEL
Kommunizieren: andere verstehen und verstanden werden
Präsentieren: Inhalte so aufbereiten, dass sie ankommen
Moderieren: anderen helfen, miteinander Ziele zu erreichen
Coachen: unterstützen, damit es besser läuft
Karriere machen selten diejenigen, die ein Maximum an Fachwissen haben, aber darüber hinaus keine weiteren Kompetenzen. Fachwissen ist wichtig, aber heute bei Weitem nicht mehr alles.
Soft Skills umfassen alle Kompetenzen, die neben der Fachkompetenz den beruflichen sowie privaten Erfolg beeinflussen. Sie umfassen eine Reihe persönlicher Eigenschaften, Einstellungen und Fertigkeiten aus Bereichen wie Kommunikation, Motivation, Präsentation und Moderation sowie Zeit- und Konfliktmanagement.
Im Studium erlernen angehende Wirtschaftspsychologen in den ersten drei Semestern die wichtigsten Soft Skills, damit sie sie selbst anwenden und ihren Kunden beibringen können. Einiges davon lässt sich – gleich vorneweg gesagt – nicht mal eben erlernen, sondern ist eine Sache von Lebens- und Berufserfahrung. Vieles allerdings lässt sich trainieren und erfolgreich in die Praxis umsetzen. Weil soziale, kommunikative und methodische Fähigkeiten heute äußerst wichtig sind und immer vielfältiger werden, lohnt es sich für Sie, wenn Sie Zeit in die Entwicklung Ihrer eigenen Soft Skills investieren. Und das Beherrschen verschiedener Soft-Skill-Techniken bietet über die Zeit hinweg in unterschiedlichen Arbeitsbereichen Vorteile. Non scholae, sed vitae discimus – Sie lernen also nicht nur für die Schule, sondern für das Leben.
Soft Skills können Sie lernen; sie stehen aber erst in heutiger Zeit auf dem Lehrplan der Hochschulen. Warum kam man nicht schon früher auf die Idee? Weil man meinte, das bringt einem das Leben schon bei, oder das kann man entweder oder man kann es nicht.
Grundlagen der Kommunikation
»Man kann nicht nicht kommunizieren.« Dies ist kein Druckfehler, sondern ein berühmter Satz von Paul Watzlawick, der meint: Wir kommunizieren auch dann, wenn wir nichts sagen; selbst wenn wir gar nicht beabsichtigen, etwas von uns zu geben. Wer aber gezielt kommunizieren will, muss ein paar Dinge über Kommunikation wissen – und über sich selbst.
Kommunikation hat zunächst einmal verbale Anteile, aber das ist noch lange nicht alles.
Verbale Kommunikation besteht aus den Worten, die zur Kommunikation verwendet werden. Sie umfasst Wortwahl, Satzbau und Grammatik.
Verbale Kommunikation kann schriftlich oder fernmündlich erfolgen. Ich brauche meinen Gesprächspartner nicht zu sehen. Viele Menschen glauben, dass mit den verwendeten Worten der Kern einer Botschaft übermittelt werden kann. Aber das stimmt nicht.
Stellen Sie sich einmal vor, ein Gedicht, zum Beispiel »Der Zauberlehrling« von Goethe, wird einmal von einem Schüler und ein andermal von einem professionellen Rezitator gesprochen. Worin besteht der Unterschied? In den Worten eher nicht. Und trotzdem werden Sie wahrscheinlich den Profi viel überzeugender finden. Warum? Weil er die Worte anders artikuliert und betont, andere Pausen setzt und damit eine andere Wirkung erzielt. Wir nennen dies die paraverbalen Anteile der Kommunikation.
Paraverbale Kommunikation besteht in der Art und Weise, wie Worte ausgesprochen werden. Sie umfasst die Stimmlage, Artikulation, Sprechgeschwindigkeit und Pausen. Paraverbale Aspekte können gehört, aber nicht abgelesen werden. Sie werden den gesprochenen Worten vom Sprecher hinzugefügt.
Aber das ist noch nicht alles. Genauso wichtig wie das gesprochene Wort und die paraverbalen Aspekte ist das nicht sprachliche Verhalten. Wie wirkt der Sprecher auf mich, noch bevor er das Wort an mich richtet? Und natürlich auch währenddessen. Das nennt man nonverbale Kommunikation.
Nonverbale Kommunikation besteht in der Körpersprache des Sprechers. Sie umfasst die Körperhaltung, Gestik, Mimik und den Blickkontakt. Die nonverbalen Aspekte können nicht gehört, sondern nur gesehen werden, teilt sich also über einen anderen Sinneskanal mit.
Ein selbstbewusster Redner, der aufrecht dasteht und seine Aussagen mit Gestik unterstreicht, erreicht meist eine bessere Wirkung als jemand, der sich mit gesenktem Blick und gebeugtem Rücken krampfhaft am Manuskript festhält.
Wollen Sie andere überzeugen oder zumindest erst einmal gewinnen, so ist entscheidend, dass die drei Ebenen zusammenpassen: Ein Angebot ist meist überzeugend, wenn es nicht nur von guten Argumenten begleitet, sondern auch sicher und selbstbewusst vorgestellt wird. Nervös und fahrig kann vielleicht eine Bitte um eine Spende vorgetragen werden, die keine Gegenleistung verspricht. Beides wäre in sich stimmig und würde daher als »authentisch« empfunden werden. Etwas anderes ist es, wenn das Angebot nervös und fahrig vorgestellt wird: Wer wird da schon zustimmen? Und die selbstbewusst vorgetragene Bitte um eine Spende überzeugt den Spender genauso wenig.
Insgesamt haben Sie es also mit drei Ebenen zu tun:
die verbale, also sprachliche Ebene, nämlich die einzelnen Aussagen und Argumente
die paraverbale Ebene, also der Tonfall, die Lautstärke und die Sprechgeschwindigkeit
die nonverbale Ebene, also die Körpersprache, die sich vor allem in Blick, Gestik und Mimik zeigt
Welche der drei Ebenen hat aber die größte Bedeutung? Es ist eindeutig die nicht sprachliche Ebene, der man den größten Glauben schenkt. Und das ist richtig, denn es kostet uns mehr Kraft, unseren Körper zu kontrollieren als unsere Worte. Darum schaut der Personalchef immer genau hin, wenn er im Vorstellungsgespräch fragt: »Wie oft haben Sie schon Projekte geleitet?« Sieht er beim Bewerber ein Flackern in den Augen, ein Zucken im Mundwinkel, eine plötzliche Körperwendung? Aber hier liegt auch gleichzeitig das Problem. Die Zeichen sind zwar da, wir wissen aber nicht genau, was sie zu bedeuten haben. Ist der Sprecher nur nervös, unsicher, oder führt er etwas im Schilde? Ist auch egal, denn im Zweifel entscheidet er sich gegen den Bewerber.
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