Nachdem das Gepäck verstaut war, verabschiedete ich mich von „Gilles“, und dann machte ich mich mit Nobby an der einen Seite und Lisette an der anderen Seite mit Leine auf. Ich wusste zunächst nur, dass unser Tagesziel Chaudeyrac hieß. Man hatte mir zwar eine Karte mitgegeben, aber eine genaue Wegbeschreibung hatte ich nicht. So war der erste Reisetag ein Erlebnis gemäß des Musters „trial and error“. Am Ende wurden aus einer Tagestour von 12 km vielleicht 22 km. Anfangs scheuchte ich meine kleine Reisetruppe über eine Autostraße, wobei ich Nobby als Erstes von der Leine nahm. Er erwies sich als sehr folgsam, immer wenn ein Auto kam und ich ihn rief, stand er neben mir. Das mit dem Esel war am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, denn der Esel wollte nur halb so schnell laufen wie ich. Irgendwie dachte ich dann, dass es kein Vorteil ist, einen Esel das Gepäck tragen zu lassen, denn die Kraft, die andere dazu brauchen, um ihr Gepäck zu tragen, benötigte ich, um den Esel zu ziehen. Nach einer halben Stunde kreuzte der offizielle Wanderweg meine Straße. Von weitem sah ich eine Gruppe Eseltreiber auf diesem Weg laufen und war von da an auf der richtigen Route. In St. Flour-de-Mercoire hatte ich gegen Mittag eine größere Eselwandergruppe eingeholt, von der ich einige wichtige Informationen erhielt. Der Wanderweg hieß GR70 und ist mit einem weißen und roten Strich gekennzeichnet. Das war es, was mir bisher gefehlt hatte.
Die Gruppe machte in dem Dorf Rast und ich wanderte von da an mit meiner kleinen Truppe weiter. Das Wetter entwickelte sich traumhaft. Der Pullover war schnell ausgezogen und dann folgte meine Regenjacke. Die Sonne schien. Es war leicht bewölkt und als ich mein Problem mit meinem Esel leidlich gelöst hatte, konnte ich mich auch in der Landschaft umsehen. Lisette war eigentlich ein gutmütiger Esel. Eine Tüte Möhren als Reiseproviant tat da das Übrige, so dass ich schnell Lisettes Vertrauen gewonnen hatte. Auf einer Anhöhe mit Blick über die Felder wurde Rast gemacht. Ich packte Nobbys Proviant aus, doch dann zeigte sich, dass sich Nobby mehr für meine Salami interessierte und Lisette mehr für mein Baguette als für das umliegende grüne Gras. Jetzt hatte ich das Gefühl, dass wir dabei waren, zu einer Reisegemeinschaft zusammen zu wachsen. Ich war dabei zu akzeptieren, dass Lisette keine konstante Reisegeschwindigkeit vorlegt, mal schnell lief und mal langsam. Was ich nicht akzeptieren konnte, war, wenn Lisette einfach stehen blieb. Dann schaute ich, was ihr fehlte, waren es die Fliegen, die sie quälten oder ein besonders grüner Grasfleck in der Nähe? In meiner Ungeduld und eingedenk des ersten Reisetages habe ich dann unter Einsatz meines Körpergewichts Lisette an der Leine hinter mir hergezogen, habe freundlich auf sie eingeredet, ihr eine Möhre ins Maul geschoben und sie nach besten Kräften gelobt und schließlich hat mir das Tier dann immer wieder den Gefallen getan und ist weitergelaufen. Dieses Tier hatte schon etwas Faszinierendes. Es trägt mein ganzes Gepäck. Das sind 10 kg links und 10 kg rechts und außer einem Schnauben und einer gelegentlichen Störrigkeit ist sie die Sanftmut in Person. Nobby hat sich nach seiner anfänglichen Aufregung auch schnell an die Situation gewöhnt und läuft mal links und mal recht, mal vorne und mal hinten, oder unter Lisette durch und wenn uns gelegentlich Wanderer mit Hunden begegnen, rennt er auf sie zu, um sie zu begrüßen. Abgesehen von einem temperamentvollen, schwanzwedelnden Gebell nervt er sie nicht und kann sich auch schnell wieder von den Wanderern lösen, die unsere Wege kreuzen.
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