Julian.Das sahst Du?
Agathon.Das sah ich. Und dann sprach er und sagte: Steh auf, Agathon; such' ihn, der das Reich erben soll; gebiete ihm, in die Höhle zu gehen und mit den Löwen zu ringen.
Julian.Mit den Löwen zu ringen? Seltsam, seltsam! Wenn es wahr wäre –! Die Begegnung mit jenem Weisen –. Eine Offenbarung – eine Botschaft an mich – ich sollte der Mann der Erwählung sein?
Agathon.Du bist es gewißlich.
Julian.Mit den Löwen ringen! – Ja, ich sehe es – so ist es, mein Agathon! Es ist Gottes Wille, daß ich Libanios aufsuche, –
Agathon.Nein, nein, hör' mich zu Ende!
Julian.– ihm ablausche seine Künste und seine Gelehrtheit, die Ungläubigen fälle mit ihren eigenen Waffen, wie Paulus – streite, streite wie Paulus – wie Paulus siege in des Herrn Sache!
Agathon.Nein, nein, nicht so ist es gemeint.
Julian.Kannst Du zweifeln? Libanios, – ist er nicht gewaltig wie der Löwe des Gebirges, und ist nicht der Lehrsaal –?
Agathon.Ich sage Dir, es ist nicht so. Denn die Erscheinung fügte hinzu: Verkünde dem Erkorenen, er soll den Staub der Kaiserstadt von seinen Füßen schütteln und nicht wieder durch ihre Tore eingehen.
Julian.Und bist Du dessen gewiß, Agathon?
Agathon.Ja, wie meiner selbst.
Julian.Also nicht hier. Mit den Löwen soll ich ringen? Wo, wo? Wo find' ich Klarheit in dieser Sache!
Gallos, ein schöner, kräftig gebauter Mann von fünfundzwanzig Jahren, mit blondem, lockigem Haar, in voller Rüstung, kommt durch die Allee links.
Julian ihm entgegen . Gallos!
Gallos.Was soll's? Zeigt auf Agathon. Wer ist der Mensch?
Julian.Agathon.
Gallos.Was für ein Agathon? Du suchst Umgang mit so mancherlei Volk –. Bei Gott, das ist ja der Kappadocier! Du bist ein ganzer Mann geworden –
Julian.Weißt Du schon, Gallos, – der Kaiser hat nach Dir gefragt.
Gallos gespannt . Jetzt? Zur Nachtzeit?
Julian.Jawohl. Er will mit Dir sprechen. Er schien äußerst zornig zu sein.
Gallos.Woher weißt Du das? Was hat er gesagt?
Julian.Ich habe es nicht verstanden. Er wollte wissen, was ein Orakel geantwortet habe.
Gallos.Ah!
Julian.Verbirg mir nichts. Was gilt es?
Gallos.Es gilt Tod oder Verbannung.
Agathon.Gnädiger Heiland!
Julian.Ahnte ich es nicht! Aber nein, die Kaiserin war zuversichtlich. Doch sprich, sprich!
Gallos.Was soll ich sagen? Weiß ich mehr als Du? Hat der Kaiser etwas von einem Orakel geredet, so muß ein gewisser Bote abgefangen sein, oder es hat mich einer verraten, –.
Julian.Ein Bote? Gallos, was hast Du gewagt!
Gallos.Konnte ich denn länger dies Leben in Ungewißheit und Angst leben? Laß ihn mit mir machen, was er will, – immer noch besser so als –
Julian leise; führt ihn einige Schritte abseits . Sei auf der Hut, Gallos! Was ist mit dem Boten?
Gallos.Ich habe an die Osirispriester zu Abydos eine Frage gerichtet –
Julian.Ah! Das Orakel! Und dieser Heidenbrauch –!
Gallos.Über den Heidenbrauch würde man sich schon hinwegsetzen; aber – nun, Du darfst es wissen – ich habe nach dem Ausfall des Perserkrieges gefragt –
Julian.Welch ein Wahnwitz! – Gallos, – ich sehe Dir an, Du hast noch mehr gefragt!
Gallos.Laß mich – ich habe nicht –
Julian.Doch, doch, Du hast eines mächtigen Mannes Leben oder Tod erfragt!
Gallos.Und wenn dem so wäre! Was liegt uns beiden mehr am Herzen als das?
Julian rüttelt ihn an den Armen . Schweig, Du Rasender!
Gallos.Bleib mir vom Leibe! Krieche Du vor ihm wie ein Hund; – ich bin nicht gesonnen, es länger zu ertragen. Ich will es auf allen Märkten ausschreien. Ruft Agathon zu: Hast Du ihn gesehen, Kappadocier? Hast Du den Mörder gesehen?
Julian.Gallos! Bruder!
Agathon.Den Mörder!
Gallos.Den Mörder im Purpurmantel! Den Mörder meines Vaters, meiner Stiefmutter, meines ältesten Bruders –
Julian.Du rufst Verderben über uns herauf!
Gallos.Elf Häupter in einer einzigen Nacht – elf Leichen – unser ganzes Geschlecht. Aber Du kannst glauben, das Gewissen foltert ihn. Es durchwühlt ihm das Mark wie ein Haufe Würmer.
Julian.Hör' nicht auf ihn! Fort, fort!
Gallos packt Julian an der Schulter . Steh! Du siehst so bleich und verstört aus – hast Du mich vielleicht verraten?
Julian.Ich! Dein eigener Bruder –!
Gallos.Was Bruder, Bruder! Die Bruderschaft schützt keinen in unserer Sippe. Hast Du heimlich meinen Wegen nachgespürt, so sag' es! Wer sollte es sonst sein? Glaubst Du, ich weiß nicht, was man sich hier zuraunt? Der Kaiser will Dich ja wohl zum Nachfolger haben.
Julian.Niemals! Ich schwöre Dir, geliebter Gallos, niemals soll das geschehen! Ich will nicht. Ein Stärkerer hat mich erkoren. O, glaub' mir, Gallos – mein Weg ist vorgezeichnet. Dahin gehe ich nicht, sage ich Dir. Herr der Heerscharen, – ich auf dem Kaiserthron – nein, nein, nein!
Gallos.Haha, gut gespielt, Gaukler!
Julian.Ja, Du hast leicht spotten. Du weißt nicht, was geschehen ist. Ich weiß es selbst kaum. O, Agathon, – dieses Haupt sollte die Salbung empfangen?! Wäre das nicht ein Abfall, – eine Todsünde? Würde nicht das heilige Öl des Herrn mich brennen wie träufelndes Blei?!
Gallos.Da müßte unser hoher Vetter noch kahler sein als Julius Cäsar!
Julian.Versündige Dich nicht! Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist –
Gallos.Das Blut meines Vaters – Deines Vaters und Deiner Mutter –!
Julian.Was wissen wir von jenen Greueln? Wir waren ja damals noch klein. Die meiste Schuld hatten die Soldaten – das waren die Aufrührer – die bösen Ratgeber –
Gallos lacht. Der Nachfolger übt sich!
Julian in Tränen. Gallos, ich möchte sterben oder mich verbannen lassen an Deiner Statt! Ich verwirke meine Seele hier. Ich sollte verzeihen – und ich kann nicht. Das Böse wächst in mir – Haß und Rache flüstern –
Gallos schnell, blickt nach der Kirche. Da kommt er!
Julian.Sei besonnen, teurer Bruder! Ah, Hekebolios!
Die Kirchentür ist unterdessen geöffnet worden. Die Gemeinde strömt heraus. Einige entfernen sich, andere bleiben stehen, um den Hof vorbeiziehen zu sehen. Unter den Kommenden ist Hekebolios, der Schriftgelehrte; er trägt priesterliche Kleidung.
Hekebolios, indem er nach links vorübergehen will. Du hier, mein Julian? Ach, ich habe wieder eine schwere Stunde gehabt um Deinetwillen.
Julian.Leider –. Das hast Du gewiß nur allzu oft.
Hekebolios.Christus zürnt mit Dir, mein Sohn. Dein trotziger Sinn verdrießt ihn; Deine lieblosen Gedanken, diese ganze weltliche Eitelkeit –
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