„Im Internet bekomme ich wenigstens nicht mit, wenn sich der Typ über meine Mail kaputtlacht und mich total blöd findet.“, gab ich zu Bedenken. „Ganz ehrlich, ich finde die Idee mit der Handynummer gar nicht mal so schlecht.“, mischte sich nun auch Pia ein. „Wie wäre es denn, wenn du für ihn ein Tiramisu bestellst und die Bedienung fragst, ob sie ausnahmsweise mal den Nachtisch an den Tisch von ihm serviert? Dann schreibst du noch was Nettes auf einen Zettel und vielleicht lacht er sich ja gar nicht darüber kaputt.“ Während ich immer noch skeptisch in die Runde schaute, waren die anderen Feuer und Flamme und fingen sofort an, über die perfekte Nachricht nachzudenken.
Schließlich kramte Yvonne einen Zettel und einen Kugelschreiber aus ihrer Handtasche und legte mir beides mit einer aufmunternden Kopfbewegung hin. „So, zeig uns mal wie mutig du bist.“ Mittlerweile hatte ich mir den Typen, der unsere ganze Aufmerksamkeit erregte, noch mal genauer angeschaut. Er saß mit Freunden, sie waren insgesamt leider nur zur dritt, am anderen Ende des Lokals. Und die Mädels hatten recht: er sah wirklich ganz schnuckelig aus. Aber sollte ich mir tatsächlich die Blöße geben, und ihm meine Handynummer aufzwingen? Doch eigentlich hatte ich ja wirklich nichts zu verlieren. Immerhin war meine Heimatstadt Bremen groß genug, dass ich nicht Gefahr lief, ihm nach diesem vielleicht peinlichen Fiasko wieder über den Weg laufen zu müssen. Und ich hatte mir ja vorgenommen, in Sachen „Männersuche“ etwas aktiver zu werden. Immerhin hatte ich mich ja im Internet auch getraut. Ich stellte mir also vor, dass der kleine weiße Zettel vor mir eigentlich nichts anderes als eine Mail war. Daher schrieb ich unter dem teenagerhaften Gekicher meiner Freundinnen folgende Nachricht: „Lieber Unbekannter. Ich wünsche dir guten Appetit bei deiner Portion Tiramisu und falls du mal Lust auf ein gemeinsames Essen hast, meld dich doch bei mir. Gruß Alex.“ Ich notierte noch meine Handynummer und faltete den Zettel zusammen. Jetzt hieß es nur noch, die Angestellte zu überreden, dass sie sich an dieser mir immer noch völlig verrückt erscheinenden Aktion beteiligte. Ich sammelte alle meine Kräfte, in dem ich noch schnell den Rest meines köstlichen Tiramisus vertilgte, und begab mich dann unter den wachsamen Augen meiner Freundinnen zu der Mitarbeiterin hinter der Theke. Da ich in diesem Lokal auch öfter zu Mittag aß, erkannte sie mich wieder und ich hatte daher auch den Mut, sie in meine Pläne einzuweihen. Sie war sofort Feuer und Flamme und versprach, den Auftrag so schnell wie möglich auszuführen. Wenn jetzt noch Kameras dabei wären, wäre das alles eine perfekte Szene für „Nur die Liebe zählt“ geworden.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich zurück an unseren Tisch ging. Ich versuchte natürlich so cool wie möglich zu wirken, aber ich glaube, mein knallroter Kopf machte meine Bemühungen zunichte. „Bitte tut mir einen Gefallen, lasst uns jetzt über was völlig anderes sprechen, denn ich kann gerade selber nicht glauben, was ich da getan habe.“, sagte ich noch im Stehen. Ich war froh, als ich endlich sicher auf meinem Stuhl saß, denn mir waren vor Aufregung meine Beine ganz wackelig geworden. Wieso hatte ich mich bloß zu dieser Aktion überreden lassen. Am liebsten hätte ich ganz schnell meine Jacke geschnappt und fluchtartig das Lokal verlassen. Der Gedanke, dass die Bedienung gleich meine Nachricht überreichen würde und die ganze Angelegenheit für mich peinlich werden könnte, ließ mir den Atem stocken.
„Die Bedienung bringt ihm tatsächlich das Tiramisu und deinen Zettel“, flüsterte Pia verschwörerisch. Ich hatte mittlerweile die Atmung vollständig eingestellt. Wahrscheinlich falle ich gleich noch wegen Sauerstoffmangel ohnmächtig vom Stuhl. Das machte dann den Auftritt perfekt.
„Er liest jetzt deinen Zettel und schaut herüber. Los, lächele ihm wenigstens zu.“ Wie unter Hypnose befolgte ich Pias Befehl, drehte mich in die Richtung des Geschehens und hoffte, dass mein Lächeln nicht so dämlich aussah, wie es sich anfühlte. Doch dem Nachtisch-Mann fiel wohl meine Unsicherheit nicht auf, denn er zeigte ein tolles, offenes Lächeln, hob sein Bierglas und prostete mir aus der Ferne zu. Immer noch in Trance griff in nach meinem Weinglas und prostete ihm ebenfalls zu. Dieser Moment schien ewig zu dauern und ich hatte keine Ahnung, wie es denn jetzt weitergehen sollte. Doch der Unbekannte nahm mir die Entscheidung ab, in dem er sich hingebungsvoll seinem Nachtisch zuwandte und sich wieder ins Gespräch mit seinen Freunden begab. O.k., das war dann wohl das Zeichen, dass auch wir an unserem Tisch hoffentlich wieder zur Normalität zurückkehren könnten. Doch weit gefehlt. Für Yvonne war das Thema immer noch nicht abgeschlossen. „Hol schon mal dein Handy aus der Tasche. Nicht, dass wir hier im Lärm nicht mitbekommen, wenn er sich meldet“, befahl sie mir. Irgendwie schien ich heute meinen Freundinnen hörig zu sein, denn ich kramte in den Tiefen meiner Handtasche nach meinem Handy und legte es vor mir auf dem Tisch. Ich hatte es kaum aus der Hand gegeben, da brummte es schon und auf dem Display erschien „1 neue Nachricht“. Mit zittrigen Händen griff ich nach meinem Handy. Ich benahm mich wirklich wie eine Dreizehnjährige, die einem Klassenkameraden den obligatorischen „Willst du mit mir gehen, kreuze an…“-Zettel zugesteckt hatte. Aber so groß war der Unterschied ja eigentlich auch gar nicht. Neugierig öffnete ich die eingegangene Nachricht und las: „Liebe Alex. Danke für den leckeren Nachtisch. Der hat meinen Abend gerettet. Ich würde mich gerne morgen mit einem Kaffee revanchieren. Wie wäre es um 15 Uhr im Cafe Engel? Viele Grüße, Maik.“ Mein Grinsen musste meinen Freundinnen bereits verraten haben, dass die Nachricht wohl positiv war, denn sie hatten ebenfalls alle ein Grinsen im Gesicht. „Los, lies schon vor“, stupste mich Anna von der Seite an. Ich gab die Neuigkeiten an alle weiter und hoffte, dass jetzt endlich Ruhe in den Abend einkehrte, denn es war ja ein ganz schön aufregender Start. Aber somit konnte ich entspannt den weiteren Abend genießen, da ich ja nun schon ein Date für den nächsten Nachmittag hatte, es konnte also nichts mehr schief gehen. Doch da sollte ich mich irren.
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