Nach Schule, Ausbildung, nochmal Schule, Wehrdienst und Studium (Elektronikingenieur), erste eigene Wohnung einrichten, da war endlich etwas Spielraum für die alten Träumereien: ein Teleskop sollte her. Nach etlichen Beratungen beim örtlichen Optiker, ausgiebigen Studium der Astronomiezeitschriften (Internet war noch nicht wirklich aktuell), habe ich mich auch kurz mit dem Gedanke zum Selbstbau beschäftigt („dem Ingeniör ist nichts zu schwör“) - als absoluter Laie hab ich dann aber auf den Rat von Herrn Baader (Baader Planetarium) gehört und mich für eine günstige, fertige Variante entschieden: das gute Siberia 1200 – Newton-Teleskop 150mm Öffnung, 1200mm Brennweite auf parallaktischer Montierung mit Nachführmotor für ca. 1600 DM – war damals auch viel Geld, aber bezahlbar. Diese russischen Teleskope waren etwas „grob“ gefertigt, wahnsinnig schwere Montierung, keine Feineinstellung von Polhöhe und Azimut, der Okularauszug aus meiner heutigen Sicht eine Zumutung, aber gute, feine Optik, reichlich Zubehör und nicht Tod zu kriegen. Die Montierung habe ich auch heute noch im Einsatz – versuche gerade den periodischen Schneckenfehler elektronisch in den Griff zu bekommen, damit die Astrobilder endlich besser werden…
Aber stopp, so weit war ich damals noch lange nicht. Dachte ja, Sternegucken geht mit dem Teleskop vom Balkon (war in Südrichtung), leider waren zu viele Bäume im Garten des Mietshauses und zu viel Straßenbeleuchtung drum herum. Also musste das schwere russische Teil (ca. 45kg mit Montierung und Transportkisten) jedes Mal aus dem Keller, ins Auto, nach Außerhalb, auf die grüne Wiese. Dann aufbauen, ausrichten – war nicht einfach, die russische Variante verfügte über keinen Polsucher. Dann etwas Sternegucken und dann wieder alles zurück in den Keller. War ein riesen Aufwand und machte nicht wirklich Laune, leider habe ich das dann auch viel zu selten gemacht. Nun hatte ich Teleskop, aber scheute den Aufwand zum Durchschauen.
Ein anderer Grund war auch, dass die Familie größer wurde, kleine Jungs kennen morgens keine Gnade, egal wann der Papa nachts (oder früh morgens) ins Bett kommt, morgens ist Tohuwabohu.
Also keine Zeit zum Ausschlafen. Wenig Gelegenheiten für das Teleskop. Das Hobby war dann etwas im Hintergrund.
Beim Hausbau wurde es dann wieder aktuell: Bauplatz in Randlage, einmalige Gelegenheit für eine eigene Sternwarte direkt im Haus: nie mehr Teleskop schleppen und lange aufbauen, nur hochsteigen und Klappe aufmachen, Sternegucken ohne Aufwand – das war das Ziel.
Es war dann etwas schwierig, die ersten Architekten haben abgewunken: angeblich schwierig zu genehmigen. Ich bin dann zu Alexander Beck aus Blaufelden gekommen (Nachfolger des Architekten meines Vaters – bin da etwas geprägt und gehen gerne zu bekannten Firmen, Handwerkern…). Dieser Architekt war sehr fasziniert von meiner Idee: „So was hat er noch nie geplant, und Genehmigung? Sollte problemlos sein: jeder Erkergröße und jede Dachfenstergröße, Dachneigung und Firstrichtung ist vorgeschrieben, aber von einer runden Kugel auf dem Dach, da steht nix im Bebauungsplan“.
Also gesagt, geplant, genehmigt und losgebaut. Hausbau in Eigenregie – die Kosteneinsparung durch Muskelhypothek machten die Sternwarte möglich. Leider war ich zu vorsichtig und habe die eigentliche Kuppel viel zu spät bestellt: im Sonnenfinsternisjahr 1999. Damals habe ich das Teleskop auf der Baustelle aufgebaut, und neben dem Mauern immer wieder mal beobachtet und auch ein gutes Foto hinbekommen. Das war auch prägendes Erlebnis, in unseren Breiten war damals die Sonne nicht komplett abgedunkelt, da fehlten ein paar Kilometer in Südrichtung. Habe damals überlegt etwas weiter weg zu fahren, aber das Wetter war wolkig, also dann lieber am Haus weiterarbeiten. Zur Sonnenfinsterniszeit sind dann die Wolken aufgerissen und es war super zu beobachten, war ganz besondere Stimmung, ganz schnell fast dunkel und merklich kälter geworden.
In diesem Jahr haben anscheinend die Sternwartekuppeln geboomt, die versprochenen sechs Wochen Lieferzeit konnte die Firma Baader leider nicht einhalten, und meine offene Sternwarte musste ohne Kuppel durch die Herbststürme – immer wieder hat es die schützende Plane losgerissen und Regen ist in die Isolierung gelaufen – war zum Verzweifeln.
Aber irgendwann war das Teil dann drauf und hat seither jedem Sturm standgehalten.
Nun hatte ich die fast perfekte Möglichkeit (ja das Streulicht in Randlage habe ich unterschätzt) um meinem Hobby nachzugehen. Na ja, Kinder sollten nachts schlafen und ich dann keinen unnötigen Lärm im Haus machen – das Quietschen der Kuppel gehörte zu den unnötigen Lärmquellen – zudem habe ich dann das Laufen für mich entdeckt – die langen Läufe waren für Sonntagmorgen geplant – da schlief die Familie in der Regel noch und ich wurde nicht vermisst. Und wer morgens lange Laufen will, muss abends zeitig ins Bett – also wieder nix mit Astronomie.
Die Kinder (mittlerweile fünf) wurden größer, die Möglichkeiten zum nächtlichen Gucken wurden wieder mehr. War immer etwas zyklisch, mal Zeit mit regelmäßigem Schauen, dann wieder ganz selten.
Durch kleinere Undichtigkeiten in der Sternwarte (beim Selberbauen können auch Fehler gemacht werden - vielleicht sollte man ab und zu jemand fragen der sich auskennt?) wurden einige Holzteile marode und mussten ersetzt werden. Bei der Renovierung im Sommer 2019 wurde ich wieder „Feuer und Flamme“ für die Astronomie – mein altes Hobby stand wieder im Mittelpunkt – wurde wieder intensiviert.
Leider ist man als Hobby-Astronom meist „Einzelkämpfer“, um da etwas Erfahrungsaustausch zu ermöglichen versuche ich seither in Volkshochschulkursen Andere von meinem Hobby zu begeistern – hatte das Jahre vorher mal per Zeitungsinserat versucht: „Hobbyastronom sucht Gleichgesinnte zum Erfahrungsaustausch ...“ - hat sich nur ein Mädel gemeldet und hielt das für eine Kontaktanzeige für Partnersuche ;-).
In meinem Kurs „Abenteuer Astronomie“ versuche ich die Vielfalt des Hobbys darzustellen, dazu gehört auch das Basteln – die Möglichkeit den Spiegel selber zu schleifen wurde da immer belächelt.
Da ich mein gutes altes 6“er nicht aus der Sternwarte ab und aufbauen wollte und noch nach einer Möglichkeit zum „Public Viewing“ suchte habe ich dann nach einem kleinen mobilen „immer dabei“ Teleskop gesucht. Wollte auch sehen ob ein 100mm Teleskop am „dunklen Ort“ mehr Details zeigt, als mein 6“ in der Sternwarte mit viel Streulicht. So ist mein „Minniskop“ entstanden: Russentonne + gebrauchte Montierung + viel Bastelarbeit + ein Satz Okulare (die Russischen meines 6“ers passten leider nicht in Standard 1¼ Zoll Anbauteile. So hatte ich die Möglichkeit für Mond-Watching + Starhopping an abgelegenen Orten.
Es zeigte sich schnell, dass bei Deep-Sky-Objekten der 6“er mit Streulicht immer noch bessere Ergebnisse lieferte als der 4“er am dunklen Ort. Also musste andere, größere Lösung her.
Dann kam Corona: Frühling 2020, erster Lockdown, endlich nachts leere Straßen und viel weniger Streulicht – und Homeschooling für meine beiden jüngsten Töchter. Ich hatte die Idee in der vielen freien Zeit Mund-Nasen-Masken zu nähen: Töchterchen sollten nähen, ich bei EBAY verkaufen. Leider konnte ich die lieben Kleinen nicht überzeugen und habe dann alleine angefangen – als die Stückzahlen größer wurden hat mich zum Glück meine Leichtathletiktochter (bin nebenher Kindertrainer im Sportverein, und Tochter Lisa meine Testathletin, mit der ich immer wieder neue Disziplinen einführe) unterstützt. Zwischenzeitlich war das richtig Stress die Bestellungen abzuarbeiten – dieses Hobby hat dann für einen Laptop für die Tochter und für mich größeres Teleskop gereicht. Hab lange überlegt, welche Größe ich der alten Russen-Montierung zumuten kann (bin ja etwas geizig und wollte nicht alles neu) – den Ausschlag hat dann ein Angebot bei Ebay-Kleinanzeigen gemacht, ein Skywatcher 8“er fast neu und genau zu dem Preis meiner letzter Unterlegscheiben-Skulptur die ich im Zuge der Maskenaktion verkauft habe – noch so ein Hobby: Frauen-Torsos aus Unterlegscheiben schweißen – aber andere Geschichte. Leider war das gebrauchte Teleskop schon weg, ich habe das „Zeichen“ aber befolgt und mir das Selbe dann neu gegönnt.
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