Aber wie lernten wir gerade? Haters gonna hate. Ich sage: Louises gonna enjoy.
3) Der Bulle ist von hinten viel toller!
Wo auch Frau Louises parkbegründete Tiefenentspannung keine Chance mehr hat, dürfte allen klar sein: bei den typischen Touristenfallen. Derer gibt es so einige in New York, daher treffe ich hier auch nur eine kleine Auswahl. Weiterführend hilft sicher das Internet oder der Reiseführer...
Fangen wir gleich einmal bei der höchsten Touristenfalle an: Dem Empire State Building. Es ist selbstverständlich nicht das höchste Gebäude New Yorks, aber sicher das am meisten besuchte hohe Gebäude New Yorks. Ich kann gut verstehen, warum Menschen sich die elend lange Warterei in den Hauptreisezeiten antun wollen, denn ich habe es selbst einmal getan.
Die alten Aufzüge, die herrliche Aussicht, die vielen Erinnerungen, die man aufgrund der zahlreichen Filme mit diesem Bau verknüpft - das alles waren triftige Gründe, warum ich auf das Gebäude wollte. Doch erst oben angelangt wurde mir klar, was ich auf dem Empire State Building nicht zu sehen bekommen würde: das Empire State Building. Verdammt, mit ein wenig Mitdenken hätte einem das klar sein können. Man steht ja immerhin drauf.
New York hat für Leute wie mich Abhilfe geschaffen, denn nur ein paar hundert Meter weiter nördlich wartet eine andere Aussichtsplattform auf Schaulustige: die "Top of the Rock" genannte Plattform im Rockefeller Center. Auch wenn sie ein wenig niedriger liegt als die des Empire State Buildings: Die Aussicht ist um einiges spektakulärer, da man eben jenes berühmte Gebäude vom Top of the Rock aus bestens bestaunen kann. Zudem hat man im Norden einen herrlichen Ausblick auf den Central Park. Warum das Top of the Rock jedoch in meinen Augen den Plattformen-Wettkampf gewinnt: Die Wartezeiten sind lächerlich kurz im Vergleich zu denen des Empire State Buildings.
Wartezeiten nehmen die Touristen auch äußerst gern an der Wall Street in Kauf, um den berühmten Bullen ohne Menschenmassen fotografieren zu können. Sind gerade Reisegruppen unterwegs, bilden sich oft lange Schlangen an Japanern, damit diese einer nach dem anderen mit dem Bullen posieren können. Da ein jeder von ihnen ungefähr fünf Kameras mit hat, dauert dieser Prozess natürlich eine Weile. Erst spät bin ich auf die grandiose Idee gekommen, dass das Antlitz des Bullen eigentlich gar nicht so interessant ist. Im Gegenteil, einem jeden Touristen sei geraten, dass Vieh von hinten zu fotografieren! Das sorgt immerhin nicht nur für beschämte Familien-Lacher beim Vorzeigen der Urlaubsfotos - man spart sich noch dazu eine Menge Warte-Stress vor Ort.
Stress und vor allem Geld spart man sich auch, wenn man nicht einem der großen Irrglauben erliegt, den einem die Reiseführer immer wieder aufschwatzen wollen. Meine Broadway-Tickets soll ich gemäß dieser Bücher am Besten am Times Square in der sogenannten TKTS-Booth kaufen. Um was genau es sich dabei handelt? Das TKTS ist ein Ticket-Gebäude am Times Square, auf dessen schrägen Dach es sich perfekt auf großflächigen und illuminierten Treppenstufen verweilen lässt. Das ist aber auch schon alles auf der Pro-Seite der Liste. Denn die Tickets sind überhaupt nicht billig - oder ich hatte einfach sagenhaftes Pech. Noch dazu steht man mitunter fünf Stunden und länger für derlei Tickets an - ein teilweise unglaubliches Bild, das sich dort nahezu täglich vor der Öffnung der Ticketcounter bietet. Bei vier von vier meiner Broadway-Besuche überlegte ich, mich dort anzustellen. Kein einziges Mal habe ich es gemacht. Stattdessen bin ich kurz vor Schließung des TKTS-Centers an deren Verkaufscounter gegangen und habe nach Resttickets gefragt. Ein jedes von ihnen war restlos überteuert. Da ich mir nicht vorstellen konnte, dass die Tickets SO teuer sein sollten, bin ich direkt zum Theater der jeweiligen Show geschlendert. Da alle im Umkreis von zehn Laufminuten um den Times Square liegen, ist das auch nicht weiter wild. Vor allem aber waren es gut angelegte zusätzliche Schritte: 20 bis 40 Euro habe ich so bereits pro Show gespart.
Überhaupt sollte man den Bereich um den Times Square weiträumig meiden. Die meisten Geschäfte haben auch anderswo in New York noch Dependancen und die Straßenverkäufer sind keineswegs so billig, wie man glauben mag. Wobei, ich korrigiere mich: Billig sind sie definitiv, aber leider nicht günstig. Zudem seien alle gewarnt, die Angst vor Clowns oder ähnlich maskierten Gefährten haben. Eine Comicfigur nach der anderen springt einem inmitten der Menschenmassen am Times Square vor die Nase, hinzu kommen noch ein nackter Cowboy und seit neustem auch ein etwas betagtes und halbnacktes Cowgirl. 4New Yorker umlaufen den überteuerten und überbewerteten Bereich am Times Square so gut sie können und sie tun gut daran. Wer dennoch nicht ohne kann, sollte sich vorher genau überlegen, was er sehen will - und diese Attraktionen dann auch rigoros und mit Scheuklappen an den Augen ablaufen. Einmal bei Tag und einmal bei Nacht - das reicht völlig. Danach ist man ohnehin verdorben.
4) Stinkender Müll mit Zukunft
Vielleicht habe ich es im Orientierungs-Kapitel ein wenig abgewiegelt, aber ist das nicht irgendwie verständlich, wenn Staten Island jahrelang vor allem durch seine Müllhalde berühmt war?
Eben jene Müllhalde ist es jedoch - neben ein paar anderen wichtigen Aspekten wie der tollen Staten Island Ferry - die mich motivierte, noch einmal auf Staten Island zu sprechen zu kommen. New York-Reiseführer bieten genug Klugscheißerei zu den anderen Boroughs an, daher kann ich jene fauler- und glücklicherweise entspannt unter den Tisch fallen lassen und mich dem stiefmütterlich behandelten Staten Island zuwenden.
Was das Borough (auf new-yorkerisch Stat Niland ausgesprochen) in meinen Augen einzigartig macht: Es beherbergt nicht nur das Umkehrterminal der kostenlosen und für Freiheitsstatuen-Liebhaber unersetzbaren Staten Island Ferry, sondern auch das World Trade Center! Zu Ersterem später mehr, vorerst jedoch zu Letzterem und meiner forschen Behauptung. Zweifelsohne stand bis zu diesem einen verhängnisvollen Tag im September 2001 das World Trade Center in Manhattan. Es dominierte die Skyline von New York und machte die Stadt schon von weitem einzigartig. Doch dann war es von einem auf den anderen Tag verschwunden. Die New Yorker sind nun ein wenig klüger und schneller in ihren Überlegungen, als es zum Beispiel jahrelang die DDR-geführten Dresdner waren, die die Ruine ihrer Frauenkirche vorerst links liegen und mit Gras überwuchern ließen. Ein solches Stillleben sollte in New York nicht entstehen - aber wohin nur mit dem ganzen Schutt? New York hatte auch ohne dieses zusätzliche Problem bereits mit seinen Tonnen an Plastikmüll zu kämpfen, da war für zwei riesige Türme nun wirklich kein Platz mehr.
Doch Hilfe kam - und zwar in Form von Staten Island und seiner berühmten Fresh Kills Landfill, der bis dato weltweit größten Mülldeponie. 1948 bereits hatte der Müllplatz seine Dienste aufgenommen und eigentlich sollte er seinerzeit nur fünf Jahre in Diensten der Landgewinnung und Stadtentwicklung stehen. Kurz gesagt, der ganze Müll sollte dazu dienen, die versumpfte Region wohntauglich zu machen. Da sich mit der Zeit immer mehr Stadtteile emanzipierten und dachten "Was wollen wir denn mit einer stinkenden, ekligen Mülldeponie?", wurden immer mehr Deponien geschlossen, bis 1991 die Fresh Kills Landfill allein die Müllfahne hochzuhalten hatte. Für 100 Prozent des New Yorker Mülls verantwortlich zu sein, das war schon eine beachtliche Leistung. Vor allem aber machte es Staten Island nicht gerade attraktiv. "Es lag immer ein gewisser Geruch von Verwahrlosung und Verwesung in der Luft", meinte dazu eine Bekannte. Ob das stimmt, oder ob sich ihr Partner einfach eine Zeitlang nicht geduscht hatte - das sei dahingestellt. Zu meinen Besuchszeiten roch Staten Island zumindest ganz normal. Allerdings habe ich mich auch nie im brütend heißen Hochsommer dorthin getraut.
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