Es war geschafft. Sie saß nun im Gefängnis. Aber Brown hatte noch viele offene Fragen nicht beantwortet und er wusste, dass ein guter Anwalt diese Frau nach jetzigem Stand zumindest gegen Kaution frei bekommen würde. Er musste deswegen die Ermittlungen intensivieren und zwei Antworten zu zwei Fragen finden:
Warum hat sie die Menschen umgebracht (Tatmotiv)
Womit hat sie sie umgebracht? (Tatwaffe)
Um Geld ging es allem Anschein nach nicht, da nirgendwo nachzuweisen war, dass sie selbst Geld oder große Geschenke bekommen hätte, außer einer Villa vom ersten Opfer. Die Gelder waren immer ganz offiziell an bekannte karitative Organisationen in Ruanda überwiesen worden, sie waren auch angekommen und keine der Organisationen kannte Frau Jessy Mackebrandt. Deswegen war ausgeschlossen, dass sie irgendwelchen Profit von diesen Geldern gehabt hätte und deswegen war auch Gier als Motiv für den Mord, womit die Staatsanwaltschaft sie beschuldigt hatte, eigentlich falsch. Das wusste er auch. Es gab auch keine Hinweise, dass diese Menschen auf irgendwelche Art gezwungen worden waren diese Spenden zu machen. Alles lief ganz legal. Aber warum hatten sie das alle erst getan, nachdem sie Jessy Mackebrandt kannten? Und warum starben sie dann kurz danach?
Er dachte darüber schon nach, seitdem er die Frau verhaftet hatte und konnte wusste immer noch nicht, wie diese Menschen gestorben waren. Es fehlte die Mordwaffe, damit Frau Jessy Mackebrandt vor einer Jury schuldig gesprochen würde.
Detective Brown wusste, dass er noch viel zu tun hatte und dass diese ganze Strafsache erst am Anfang war. Aber nun wollte er zuerst entspannen und sich einen Hamburger holen. Als er seine Jacke anziehen wollte, klingelte das Telefon. Es war der Staatsanwalt Sam Obama.
„Guten Morgen, Sam.“
„Ja, geht so… was bitte? Johnny, wer? Johnny M. Walker? Wie hat sie es geschafft, den hierher zu bekommen? Der ist der beste Rechtsanwalt, den New York hat…“
„Okay, danke Sam, ja, ja, okay, ja…“
Er setzte sich wieder und hatte auf einmal keinen Hunger mehr.
„Wer ist diese Frau wirklich?“, fragte er sich.
„Nicht jeder, auch wenn er sehr viel Geld hat, schafft es, von Star-Rechtsanwalt Johnny Mackebrandt Walker von Walker and Associates verteidigt zu werden“, sagte er sich mit sorgenvollem Gesichtsausdruck, als er an die Beweise dachte, die er mit geliefert hatte, damit Frau Jessy Mackebrandt hinter Gitter kam.
„Warum tragen sie den gleichen Name? Jessy Mackebrandt, Johnny Mackebrandt. Ist das Zufall?“, grübelte er und rief eine Kollegin. „Melanie, bitte such mir alle Informationen über Johnny Mackebrandt Walker“, bat er.
„Von Walker and Associates ? Du willst einen Hai fangen, Mike?“, fragte sie erstaunt.
„Der Hai ist von ganz allein im Netz gelandet“, antwortete Detective Brown.
„Pass auf, Mike, dieser Mann hat immer alle Polizisten zerstört. Ich hoffe du weißt, was du tust.“
„Das hoffe ich auch, Melanie. Ich will all diese Information über ihn noch heute.“
„Wird gemacht. Du wirst sogar wissen, welche Farbe sein Slip hat“, spaßte sie.
„Danke, das ist sehr nett von dir, aber lieber erfahre ich, welche Farbe dein Slip hat.“
„Du fängst wieder an, du schlimmer Finger. Der Boss macht keinen Spaß, du weißt es“, warnte sie.
„Er muss es doch nicht wissen. Morgen Abend? Habe gehört, dass er die ganze Woche in Baltimore ist, wegen dem Fall Taylor. Lass uns doch nur mal etwas trinken gehen. Nur Trinken, verspreche ich dir“, insistierte Detective Brown.
„Hahaha, nur Trinken, dein letztes Versprechen hat mich damals meinen Freund gekostet. Du hast heute noch die gewünschten Informationen“, sagte sie und ging zurück in ihr Büro.
Brown sah dieser superben schwarzen Frau mit dem super Hintern, der Jennifer Lopez eifersüchtig machen würde, hinterher und spürte ein großes Verlangen nach ihr. Er wusste, er würde es immer wieder probieren, bis sie irgendwann einmal wieder schwach werden würde. Jetzt konzentrierte er sich erstmal wieder auf seine Arbeit und auf Walker and Associates .
Er wusste wie dieser Mann arbeitete, er würde versuchen, die Polizei und den Staatsanwalt zu erniedrigen, zu diffamieren. Er würde alles tun, um die Behörde als blöd, unfähig, ungerecht und vor allem, und das war immer besonders schmerzhaft für die Beamten, als rassistisch darzustellen. Ja, eine arme, hübsche, schwarze Frau gegen reiche, weiße Männer und Frauen.
Er versuchte wieder ganz rational nachzudenken: Warum nur diese Personen? Was verband sie mit der Tatverdächtigen? Kannte sie diese Personen schon von viel früher oder hatte sie sie nur zufällig getroffen? Brown war intensiv in seine Gedanken versunken als das Telefon erneut klingelte. Es war wieder der Staatsanwalt.
„Ja Sam, habe ich schon dran gedacht, aber da du auch schwarz bist, wird das vielleicht die Behörde vor den Rassismus-Vorwürfen retten, hahaha“, sagte Brown zum Staatsanwalt.
Die beiden arbeiteten seit Jahren sehr erfolgreich und waren per Du.
Sein Lachen war eher ironisch zu verstehen, da er aus Erfahrung wusste, dass die Hautfarbe des Anklägers kaum verhindern würde, dass die Öffentlichkeit und die Presse die ganze Sache als Rassismus der Weißen gegenüber den Schwarzen darstellen würde. Er war ein weißer Polizist. Er führte die Ermittlungen. Er hatte die schwarze Frau verhaftet und das würde vielen ausreichen, um den Prozess gegen Jessy Mackebrandt als den ewigen Hass der mächtigen und bösen Weißen auf die schwachen und guten Schwarzen zu bezeichnen. Mit den Beweisen, die vorlagen, würden viele zu Recht sagen: „Ja, sehen Sie? Die gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung von Schwarzen.“
Das war nicht immer angenehm für einen Polizisten, der nur seine Arbeit tat, unabhängig von der Hautfarbe, überall zu lesen, dass er Rassist sei. Er kannte Kollegen, die daran kaputt gegangen waren. Ihre Familie, Kinder und Freunde wurden beschimpft, beleidigt, angegriffen, beschmutzt.
Ihm wurde warm als er an Walker dachte.
„Ich bin noch dran, Sam. Ja, ich weiß, Sam. Allein der Name Walker and Associates wird die Sache zu einem Medienspektakel machen. Wir haben viel zu tun, das ist mir bewusst…“
„…Nein, Sam, nicht am Telefon, du weißt doch. Sonst steht morgen schon unser ganzes Gespräch wortwörtlich in der Presse…“
„Okay, ich bin morgen um 11 bei dir“, sagte er und legte auf.
3. Kigali, Ruanda April 1994 Rückblick: Genozid in Ruanda – Trauma eines Kindes. Das 1. Martyrium von Kigali – Jessy ist 11 und heißt noch Kigali.
(Mit dem Genozid von Ruanda wird der Völkermord der von Frankreich und der UNO unterstützten Hutu an den Tutsi bezeichnet. Er begann am 6. April 1994 und dauerte bis Mitte Juli 1994 an. Innerhalb von nur 4 Monaten wurden fast 1.000.000 Menschen vor den Augen der UNO und mit Unterstützung aus Frankreich zum Teil bestialisch umgebracht).
Kigali war noch nicht eingeschlafen als sie hörte, wie ihre Eltern im Wohnzimmer nebendran fast flüsternd redeten. Seit Wochen lag ein komisches Gefühl in der Luft.
Die Nervosität ihres Vaters war nicht zu verbergen. Ihre Mama war seit Tagen sehr still geworden und es war auch komisch, dass alle Kinder, die normalerweise im Internat zur Schule gingen zurück nach Hause gekommen waren. Es waren aber noch gar keine Ferien.
Sie war immer sehr froh, wenn ihre älteren Geschwister nach Hause kamen, da sie dann noch mehr Spielkameraden hatte. In dieser Zeit unternahmen sie viel zusammen und sie konnte sie begleiten, wenn sie zu ihren Freunden gingen. Sie liebte es, mit im Auto zu sein, wenn der große Bruder mal in die Stadt fuhr, um etwas zu kaufen. Ja, wenn sie da waren, brauchte sie ihre Mama oder ihren Papa fast nicht mehr. Sie kamen in den verschiedenen Ferien immer zurück nach Hause.
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