Der Autor hat Kigali vor einigen Jahren in Kamerun kennengelernt. Sie erzählte ihm ihre Geschichte und bat ihn, sie aufzuschreiben und zu veröffentlichen.
Die meisten der im Buch vorkommenden Personen basieren auf Personen des wirklichen Lebens, sind aber fiktiv dargestellt. Alle Namen sind frei erfunden, jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist rein zufällig.
1. New York 12.12.2015 Bericht des Reporters von NC-TV nach den Plädoyers des Staatsanwaltes und des Verteidigers.
NC-TV-Direkt:
„Liebe Zuschauer der New York City TV, wir schalten direkt zu unserem Reporter im Gerichtsgebäude:
Hallo Wayne Robertson, le procès de l´amour . Diese Worte sollte man sich merken. Ein sehr spannendes Duell heute, oder?
„ Guten Tag Will Malone, ja, ein sehr spannendes Duell zwischen dem Staatsanwalt Sam Obama und dem Verteidiger Johnny M. Walker.“
Nun haben sich die Geschworenen zurückgezogen um zu beraten. Was meinen Sie, wer hat gepunktet? Der Staatsanwalt oder die Verteidigung?
„ Will Malone, es war, wie gesagt, ein sehr spannendes Duell. Man hat gemerkt, dass der Staatsanwalt unbedingt will, dass Jessy hinter Gitter kommt. Er hat versucht, die Jury mit den Persönlichkeiten der Verstorbenen und ihren Leistungen in der Gesellschaft zu beeindrucken. Hier seine Worte:
„ Ja, diese Menschen, die für den amerikanischen Traum standen, die dazu beitrugen, dass New York und Amerika sind, was sie sind, sie haben den Preis gezahlt. Den Preis dafür, einer Hochstaplerin und Betrügerin vertraut zu haben, ihr helfen zu wollen. Lassen Sie nicht zu, dass so eine Frau frei herumläuft und unseren Traum von Freiheit und Wohlstand, für den unsere Väter und Mütter gestorben sind, zertrampelt.“
Ja, man konnte auf den Gesichtern der Geschworenen die Wirkung dieser Worte ablesen.“
Ja, aber dann kam Johnny M. Walker, Wayne Robertson!
„ Tatsächlich, Malone. Das ist richtig. Dann kam der Wolf, nein der Löwe der Juristenszene New Yorks. Während des ganzen Plädoyers des Staatsanwalts hatte er die Augen geschlossen und wurde praktisch vom Richter geweckt, als der Staatsanwalt fertig war. Er legte dann sofort los. Alle Leute erwarteten, dass er an seine Strategie der letzten Verhandlungstage, mit seinen rassistischen Thesen, anknüpfen oder die Argumenten des Staatsanwalts zerstören würde. Nein, er ignorierte sie alle und kam mit der Sache der Liebe. Das überraschte alle, auch den Richter. Was für eine Meisterleistung! Le procès de l‘amour , über diese vier Worte wird die Welt auch nach dem Urteil der Jury noch lange diskutieren. […]
Wenn die Liebe schuldig gesprochen wird, dass bedeutet, wenn Jessy frei gesprochen wird, wird man in Zukunft mit der Liebe anders umgehen? Die Liebe, eine Mordwaffe? Die Liebe eine Mörderin? Was Gott uns und der Welt als großes Zeichen seiner Zuneigung gegeben hat, kann so böse sein? So böse, dass man die Liebe verurteilen muss? Und wenn ja, wie denn? Eine Jury von 12 Menschen entscheidet über die Liebe. Ja, nach dem Plädoyer von Star-Anwalt Johnny M. Walker geht es nicht mehr um Jessys Schuld oder Unschuld. Es geht um die Liebe als Mörderin. Zum ersten Mal in der Kriminalgeschichte könnte über ein Gefühl als selbständig agierendes Objekt geurteilt werden. Ja, das Urteil wird sehr spannend sein.“
Robertson, wer hat das Duell nach Ihrer Meinung gewonnen?
„ Der Staatsanwalt war gut, wirklich sehr gut, aber Jonny M. Walker war einfach großartig, nein, er war exzellent.“
Ihre Einschätzung, wie das Urteil ausfallen wird?
„ Schwer zu sagen, aber auch schwer, gegen die Argumente der Verteidigung zu sein. So oder so, Jessy hat gewonnen, egal ob sie ins Gefängnis geht oder frei bleibt…“
Danke, Wayne Robertson!
„ Schönen Tag, Malone!“
„Das war unser Spezialreporter direkt aus dem Gerichtsgebäude. Nun fragen wir unsere Expertin im Studio, Frau Dr. Hilary Lopez.
Frau Lopez, es wird nicht einfach sein für die Geschworenen, oder?
„ Wie Ihr Reporter bereits gesagt hat, ich glaube, dass Frau Jessy Mackebrandt Dank der großartigen Arbeit Ihres Rechtanwalts so oder so schon gewonnen hat . Johnny M. Walker war einfach gigantisch und gepunktet hat er enorm. Denn die Anklage konnte auf diesen unerwarteten Angriff nichts mehr erwidern.
Aber hier geht es um Jessy. Die Jury entscheidet über Schuld oder Unschuld von Jessy. Jessy ist angeklagt und nicht die Liebe und…“
Sie haben Recht. Aber ist es nicht so, dass nach diesem Plädoyer der Verteidigung in den Köpfen der Menschen – und wie die Medien schon berichten – ein Freispruch Jessys automatisch die Schuld der Liebe bedeuten würde?
„ Rein subjektiv vielleicht. Ich denke ganz objektiv dennoch, dass die Geschworenen gegen Jessy entscheiden, das heißt, die Liebe wird freigesprochen bzw. es wird nicht über sie geurteilt. Die Geschworenen werden die Erklärung des Verteidigers nicht annehmen. Sie können es nicht, da es etwas ist, was man in der realen Welt nicht belangen kann. Man kann die Liebe nicht verhaften und bestrafen. Wie sollte das gehen? Da die Frau sehr offensichtlich in die Sache verwickelt ist, wird sie schuldig gesprochen, verurteilt und bestraft werden. Denn man braucht einen Täter oder eine Täterin, den man aber nicht bekommt, wenn die Liebe die Schuldige ist.
So wäre es jedenfalls in unserer negativen Welt. Würde mich aber nicht wundern, wenn es die Geschworenen anders ausgehen lassen.“
2. New York 12.03.2015 Festnahme von Jessy Mackebrandt.
Donnerstag 12. März 2015 von George Michael, New York Daily
Festnahme nach Mord an Lisly Taylor McCain, der Ehefrau des Medienbarons Bill McCain
New York
Fast zwei Monaten nach dem Mord an Frau McCain hat die New Yorker Polizei jetzt eine Tatverdächtige festgenommen. Es handelt sich um eine 32jährige Frau aus Deutschland mit ruandischer Herkunft. Vor 8 Wochen starb Frau McCain unter mysteriösen Umständen. Laut Medienberichten geht aus den Untersuchungsunterlagen hervor, dass sich die beiden Frauen sehr gut kannten. Ob sie eine lesbische sexuelle Beziehung unterhielten, wollten die Ermittler nicht bestätigen. Zu der Identität der Frau, dem Tatmotive sowie der Tatwaffe wollte die Polizei keine Angaben machen. Der Tod von Frau McCain weist viele Ähnlichkeiten mit weiteren ungeklärten Todesfällen des letzten Jahres auf. Es gibt einen Zusammenhang zwischen diesen Fällen und der Tatverdächtigen, sagte der Polizeisprecher…“
Detective Brown war zufrieden und stolz, als er die Zeitung las. Endlich hatte er die Mörderin geschnappt. Er war sich sicher, dass diese Frau auch in den Tod von Bill Baker, dem Baugiganten, von Robert Clooney vom Clooney Drugstore, von Jacob Murphy, dem Sohn von Murphy Investment, von Ehepaar Cameron, den Waffenhändlern und von Colonel Robert De la Garde, dem Champagner-Händler verwickelt war.
Die Anhörung vor dem Richter war nicht einfach gewesen. Das Problem war, dass die Beweise sehr dürftig waren. Eigentlich gab es überhaupt noch keine Beweise, es gab nur Vermutungen und Indizien. Und die einzigen Indizien waren, dass Frau Jessy Mackebrandt Kontakt mit allen diesen Personen gehabt hatte und dass sie alle auf ähnliche Weise gestorben waren: ohne Fremdeinwirkung. Ein weiteres Indiz war, dass sie alle vor ihrem Tod große Geldsummen an verschiedene Hilfsorganisationen nach Ruanda, Jessys Herkunftsland, überwiesen hatten. Normalerweise konnte man mit diesen Beweisen keinen Menschen hinter Gitter bringen, wäre das Opfer nicht eine prominente Person. Aber irgendwie musste man der Öffentlichkeit ein Beruhigungsmittel verabreichen. Deswegen hatte der Staatsanwalt dafür plädiert, dass die Polizei Beweise fabriziert und manipuliert, damit Jessy Mackebrandt nach der Anhörung nicht wieder freikam. Aber sein feines Gefühl sagte ihm auf jeden Fall, dass die Frau auch ohne handfeste Beweise die richtige war.
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