Für die Hochphase der Corona-Krise lehnte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Heil eine Diskussion über den Vorstoß von Parteichefin Saskia Esken zu einer Vermögensabgabe für Reiche ab. "Jetzt geht es erst mal darum, die Schutzpakete umzusetzen, die wir gerade erst beschlossen haben.
Über den Lastenausgleich werde nach der Krise zu reden sein. Auch hier sei Solidarität gefragt. Denn es werde hohe wirtschaftliche Verluste geben, Unternehmen würden Gewinn- und Umsatzeinbrüche, Beschäftigte Lohneinbußen und der Staat weniger Ressourcen haben, warnte Heil.“" *3)
„ Söder: Gesundheitssystem muss nach Corona reformiert werden
Nach den Erfahrungen aus der Corona-Krise hält CSU-Chef Markus Söder eine grundlegende Reform des deutschen Gesundheitswesens für unverzichtbar. Zwar glaube er, dass das deutsche Gesundheitssystem viel besser vorbereitet war als viele andere in der Welt. "Aber wir müssen nun noch einen deutlichen Zahn zulegen", sagte der bayerische Ministerpräsident in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in München.
Deutschland brauche eine Notfall-Versorgung, wenn es um Medikamente, Material und Produktionskapazitäten im eigenen Land gehe sowie eine bessere Bezahlung im gesamten Medizinsektor, betonte Söder. "Dazu gehört auch eine bessere Krankenhausfinanzierung, um für Notfälle und Intensivmedizin besser ausgestattet zu werden."
Söder zeigte sich zuversichtlich, dass sogar noch in der laufenden Legislaturperiode eine solch große Gesundheitsreform zu schaffen sei: "Wenn Sie sehen, was in den vergangenen Wochen alles geschafft wurde, lässt sich das sicherlich umsetzen." Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) denke auch darüber nach. "Er hat meine volle Unterstützung. Wir von der CSU werden das auch begleiten und voranbringen." *4)
„ Wir haben bisher über 30% Intensivbetten ausgebaut, bis zum Sommer müssen es 50% sein, die wir dann mehr an Betten haben.
Wir müssen auch die kommunalen Krankenhäuser, das darf ich an der Stelle sagen, die haben großartige Arbeit geleistet, die haben die Hauptlast zu tragen gehabt, die müssen wir unterstützen.
Unterstützen heißt, sie müssen auch besser bezahlt werden. Wir müssen für das kommunale Krankenhaus nicht nur Rettungsschirme etablieren, die es gab, sondern auch die künftige Finanzierung auf bessere Grundlagen stellen und (dies wird) eine Aufgabe der Bundespolitik sein.“ *5)
Es gab im Frühjahr also berechtigte Hoffnung, dass wichtige Bundes- und Landespolitiker angesichts begrenzter Klinikkapazitäten eine Kehrtwende in der deutschen Krankenhauspolitik vom Kliniksterben zur Sicherung der Klinikstandorte einleiten würden.
Leider hielt diese Hoffnung nicht lange an:
- Mitten in der Corona-Krise verschärfen sich Debatten um eine neue Kliniklandschaft mit
deutlich weniger Krankenhäusern, leise und von der Bevölkerung kaum wahrgenommen.
- Mitteln in der Corona-Krise steigt die Anzahl der Klinikschließungen.
Dazu mehr im nächsten Kapitel.
So außergewöhnlich die Corona-Pandemie ist, so außergewöhnlich die Lage deutscher Krankenhäuser in dieser ungewissen Zeit, so einzigartig sind auch die Voraussetzungen dieses Fachbuchs.
Es muss – in einer sich täglich verändernden Lage – der richtigen Zeitpunkt für ein entschiedenes und beherztes Engagement gegen Kliniksterben gefunden werden.
Dadurch bildet es eine Momentaufnahme in einer extrem dynamischen Situation ab. Das Fachbuch wird zwangsläufig bereits zum Zeitpunkt der Herausgabe historisch sein und nach Beendigung der Corona-Pandemie rasch seine Aktualität verlieren.
Denn dann stehen andere Corona-Themen an: Die Wiederbelebung der Wirtschaft, die Beseitigung der Kollateralschäden aus der Cornona-Pandemie, die Fragestellung, wie die EU-Länder und Bundesländer mit der Corona-resultierenden riesigen Neuverschuldung umgehen.
Dann wird sich vielleicht auch mancher Politiker ungern an die vollumfänglichen uneingeschränkten Finanzzusagen gegenüber den Krankenhäusern erinnern wollen, die im Frühjahr abgegeben wurden. Denn das Geld wird 2021 überall gebraucht: für Großunternehmen, für Kleinunternehmen, für Künstler, Gastronomen, Kurzarbeiter, Krankenhäuser, …
*1) Zur Diskussion zum Kliniksterben vgl. Klaus Emmerich, 2020, Klinische Fallpauschalenabrechnung und ihre Grenzen - Droht ein Kliniksterben in der Corona-Krise?, Berlin, neopubli GmbH, https://www.epubli.de//shop/buch/Klinische-Fallpauschalenabrechnung-und-ihre-Grenzen-Klaus-Emmerich-9783752956177/99289?, Klaus Emmerich, 2020, Bundesweites Bündnis gegen Kliniksterben - Erfolgsaussichten in und nach der Corona-Pandemie, Berlin, neopubli GmbH, https://www.epubli.de//shop/buch/Bundesweites-B%C3%Bcndnis-gegen-Kliniksterben-Klaus-Emmerich-9783752950403/98711?utm_medium=email&utm_source=transactional&utm_campaign=Systemmail_PublishedSuccessfully, Dipl. Kaufmann Klaus Emmerich (Autor), 2019, Diskussion um Qualität und Schließung ländlicher Krankenhäuser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498994, Dipl. Kaufmann Klaus Emmerich, 2015, Kliniksterben in ländlichen Regionen Deutschlands, Ursachen – Herausforderungen – gesundheitspolitische Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308555
*2) vgl. für die Jahre 1991 bis 2018: Dstatis, Statistisches Bundesamt 2020, Grunddaten der Krankenhäuser - Fachserie 12 Reihe 6.1.1 – 2018, Wiesbaden, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Publikationen/Downloads-Krankenhaeuser/grunddaten-krankenhaeuser-2120611187004.pdf?__blob=publicationFile
vgl. für das Jahr 2019: Dstatis, Statistisches Bundesamt 2020, Krankenhäuser 2019 nach Trägern und Bundesländern, Wiesbaden, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Tabellen/eckzahlen-krankenhaeuser.html
*3) Tagesschau.de, 2020, Heil zur Corona-Krise "Einige Krankenhäuser kaputtgespart", Hamburg https://www.tagesschau.de/inland/coronavirus-heil-krankenhaeuser-101.html
*4) Süddeutsche Zeitung, 2020, Söder: Gesundheitssystem muss nach Corona reformiert werden, München, Süddeutsche Zeitung GmbH, https://www.sueddeutsche.de/politik/regierung-muenchen-soeder-gesundheitssystem-muss-nach-corona-reformiert-werden-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200409-99-649042
*5) Bayerischer Ministerpräsident Markus Söder, CSU-Parteitag 20.05.2020 Handmitschrift
2) These: Entscheidungsjahr 2021 für die deutsche Kliniklandschaft
In diesem Fachbuch steht eine These im Vordergrund:
- Das Jahr 2021 wird maßgeblich darüber entscheiden, wie die deutsche Kliniklandschaft langfristig aussehen wird.
- Zur Disposition stehen zwei sehr konträre Pole:
a) Erhalt und Stärkung der vorhandenen Klinikstandorte als Resultat der Corona-Pandemie: Jedes Krankenhaus wird gebraucht.
b) Radikale Reduktion der Klinikstandorte und Konzentration klinischer Leistungen auf weniger und große Krankenhäuser mindestens 56% der Klinikstandorte stünden zur Disposition.
- Wegen der hohen Folgekosten der Corona-Pandemie ist die radikale Reduktion der
Klinikstandorte und Konzentration klinischer Leistungen auf weniger und große Krankenhäuser wahrscheinlicher als ihr Erhalt und ihre Stärkung.
Das wäre ein sehr schmerzlicher Eingriff mit fatalen Folgen, gegen den sich die Bevölkerung massiv wehren müsste.
Im Jahr 2019 wurde medienwirksam die These vertreten, 600 statt 1.925 deutsche Krankenhäuser seien für Deutschland besser. Die Entrüstung war sehr groß. Zu utopisch erschien diese negative Vision (vgl. Kap. 33).
Aber das Kliniksterben 2020 findet im Stillen statt – nur wenige Menschen registrieren diesen Strukturwandel und die Folgen für ihr persönliches Leben. Nur wenige Menschen beachten die Vorbereitungen für eine ganz andere Kliniklandschaft. Die wohnortnahe klinische Versorgung ist in Frage gestellt.
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