„Was würde dir denn weiterhelfen?“
„Das sagte ich doch eben. Du sollst herausfinden, was sie sich wünschen. Für solche Detektivarbeit habe ich nämlich keine Zeit mehr. Und keine Nerven.“
„Wie soll ich das anstellen?“
„Horch sie halt ein bisschen aus.“
„Aber wie?“
„Du meine Güte!“, stöhnte der Weihnachtsmann. „Das ist doch nicht so schwer! Frag sie einfach ganz unauffällig, was für Weihnachtsgeschenke sie gern hätten.“
„Okay“, stimmte Ronja zu, „das kann ich tun. Und dann?“
„Morgen Nacht komme ich wieder und du erzählst mir, was sie geantwortet haben.“ Der Weihnachtsmann rappelte sich hoch. „Nun muss ich aber schnellstens los. Zurück zum Süd pol.“
Ronja begleitete ihn zum Fenster. Im Garten stand ein weißer Schlitten mit goldenen Schellen und Verzierungen. Acht Rentiere waren davorgespannt. Atemwölkchen dampften aus ihren Nüstern. „Ooooh!“, rief sie beeindruckt. „Mit so einem tollen Schlitten möchte ich auch mal fahren!“
„Ich könnte gut und gern darauf verzichten.“ Der Weihnachtsmann nieste. „Mir graust vor der eisigen Rückfahrt.“
Ronja fiel etwas ein. „Hast du schon ein Geschenk für mich?“, rief sie.
Der Weihnachtsmann grinste. „Das verrate ich nicht.“
Schnaufend kletterte er aus dem Fenster, hüllte sich in eine riesige, rotschwarz karierte Decke ein und ließ sich auf dem Kutschbock nieder. Er winkte Ronja noch einmal zu, knallte mit der Peitsche, und im nächsten Augenblick war der Schlitten verschwunden. Wohin, das konnte Ronja nicht sagen. Es kam ihr so vor, als wäre er geradewegs in den Himmel hinaufgefahren.
Schnell huschte sie zurück in ihr gemütliches, warmes Bett. „Ob der Weihnachtsmann Papa und Mama gefragt hat, was er mir schenken soll?“, überlegte sie. „Oder ob er … ob er …“ Sie gähnte und schlief ein.
Gleich nach dem Aufwachen fiel es Ronja ein. Der Weihnachtsmann war an ihrem Bett! Da würde Maike aber staunen, wenn sie ihr das erzählte!
Auf bloßen Füßen lief sie zum Fenster. Die tiefen Spuren, die der Schlitten im Schnee hinterlassen hatte, konnte man immer noch deutlich erkennen.
Wenn doch die Eltern endlich aufstehen würden! Aber es war Sonntag. Da schliefen sie immer länger.
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis ihre Mutter ins Zimmer kam.
„Mama!“, rief Ronja. „Stell dir vor: Der Weihnachtsmann war heute Nacht bei mir.“
Ihre Mutter lachte. „Da hat aber jemand einen schönen Traum gehabt! Einen, der so richtig gut zu Weihnachten passt.“
„Das war kein Traum“, widersprach Ronja. „Du kannst noch die Schlittenspuren im Garten sehen.“
Ihre Mutter schaute hinaus. „Hier sind keine Schlittenspuren“, sagte sie.
„Aber Mama! Bist du blind?“
Ronja lief zum Fenster. Doch ihre Mutter hatte recht. Draußen war nichts mehr zu sehen. Es schneite nämlich wieder, und der Schnee hatte die Spuren verwischt.
So schnell gab Ronja nicht auf. „Sein Lastwagen ist kaputt“, erzählte sie. „Deshalb ist er mit dem Schlitten vom Südpol gekommen …“
„Vom Nordpol“, verbesserte die Mutter sie.
„Er sagt, das ist Hirselquatsch.“
„Aha.“
„Und er will wissen, was du dir zu Weihnachten wünschst“, fügte Ronja hinzu.
Die Mutter blickte nachdenklich vor sich hin. „Tja, was wünsche ich mir? Zum Beispiel, dass du immer schön dein Zimmer aufräumst, ohne dass ich es dir hundertmal sagen muss.“
„So was meine ich nicht. Sag was anderes.“
„Ich wünsche mir auch, dass du immer lieb bist und tust, was …“
„Mama!“, unterbrach Ronja sie ungeduldig, „das alles wünschst du dir doch von mir! Der Weihnachtsmann will aber wissen, was er dir bringen soll!“
„Ich weiß nichts.“
„Stell dir einfach vor, du hättest einen Wunsch frei und ich wäre der Weihnachtsmann.“
Ihre Mutter lachte. „Das fällt mir ein wenig schwer. Du hast so gar keine Ähnlichkeit mit ihm.“
„Mama! Ich muss es wirklich unbedingt wissen.“
Plötzlich wurde ihre Mutter ernst. „Am allermeisten“, sagte sie leise, „wünsche ich mir ein zweites Baby.“
„Wieso ein zweites? Wir haben doch gar kein erstes Baby.“
Ihre Mutter strich ihr übers Haar. „Das erste Baby bist natürlich du!“
„Ich bin kein Baby mehr!“, rief Ronja empört.
„Nein, aber du warst eins. Ein ganz besonders niedliches übrigens. Und ich möchte noch so ein süßes kleines Ding haben.“
Sie seufzte und wollte aufstehen. Ronja hielt sie am Arm fest. „Findest du mich immer noch süß, wenigstens ein bisschen, obwohl ich mein Zimmer manchmal nicht aufräume?“
„Du räumst es nie auf“, stellte ihre Mutter richtig, „aber ich hab dich trotzdem sehr lieb.“ Sie gab ihr einen Kuss und ging hinaus.
Ronja schaute sich um. Überall lag etwas herum! Vielleicht sollte sie ihr Zimmer tatsächlich mal aufräumen. Um Mama eine Freude zu machen. Aber es würde ewig dauern, das ganze Zeug wegzupacken, ewig!
Trotzdem. Sie würde es tun. Bloß nicht heute. So schlimm war die Unordnung nun auch wieder nicht. Vielleicht morgen. Oder übermorgen. Aber ganz bestimmt noch vor Weihnachten.
„Kommt Oma gleich?“, erkundigte sich Ronja.
„Warum fragst du? Oma ist doch jeden Sonntagnachmittag bei uns.“
„Aber heute ist es besonders wichtig, dass sie kommt. Ich muss nämlich rauskriegen, was sie sich zu Weihnachten wünscht.“
„Wieso?“ Ihre Mutter schaute sie erstaunt an. „Du hast doch schon ein Geschenk für sie! Das schöne Bild mit dem Meer und den Dünen, weil Oma so gern an die See fährt.“
„Ich weiß, aber ich soll für den Weihnachtsmann fragen, damit ich es ihm heute Nacht erzählen kann.“
„Nanu?“, fragte ihr Vater verwundert. „Seit wann glaubst du wieder an den Weihnachtsmann?“
„Seit er heute Nacht direkt vom Südpol an mein Bett gekommen ist.“
„Du hast doch neulich erst gesagt, es gibt keinen Weihnachtsmann. Und wie kommst du auf den Südpol?“
Es machte wahrscheinlich wenig Sinn, länger mit ihm darüber zu reden. Wichtiger war, seine Wünsche herauszukriegen.
„Du, Papa“, begann sie, „was wünschst du dir eigentlich zu Weihnachten?“
„Dass du …“
„Ich weiß schon: Du willst, dass ich immer mein Zimmer aufräume und lieb bin und so weiter.“
„Ich wollte tatsächlich sagen, dass du ordentlicher sein könntest. Aber wenn du nicht wirklich wissen willst, was ich mir wünsche, warum fragst du dann?“
Da war was dran. Ronja versuchte es anders: „Wenn du dir alles wünschen könntest, was du willst, was würdest du sagen?“
Nun brauchte ihr Vater nicht lange zu überlegen. „Ein neues Auto. Ein größeres. Das wäre nicht schlecht.“ Er zwinkerte der Mutter zu.
„Mama ein Baby, Papa ein größeres Auto“, wiederholte Ronja in Gedanken, damit sie es nur ja nicht vergaß. „Ich sag’s dem Weihnachtsmann“, versprach sie. Mist! Nun war es ihr wieder herausgerutscht.
„Vielen Dank, das ist sehr nett von dir“, lachte ihr Vater. „Und grüß den Weihnachtsmann schön von mir.“
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