Und so wurde es gemacht. Duftine, die sehr gut handarbeiten konnte, half den Flechtern. Samtian, der eine große Klappe hatte, führte die Pflücker an. Seine große Klappe brauchte er auch, denn nicht jede Rosenelfe strengte sich beim Pflücken wirklich an. Einige hatten mehr Lust herumzualbern, wie zum Beispiel Stachel und Stängel, die sich Gänseblümchen in Nase und Ohren steckten und unsagbar blöde damit aussahen. Andere trödelten nur herum, so wie Dorno, der von einer Minute auf die andere verschwand. Allerdings wurde er schnell gefunden. Sein lautes Schnarchen verriet ihn. Er lag unter einem großen Löwenzahnblatt, die Arme voller Gänseblümchen, und schlief.
Das Pflücken und Flechten machte den meisten jedoch Spaß. Die fertigen Kränzchen legten sie in einer langen Reihe auf den Gartenweg.
Sogar Rosanna hatte sich inzwischen mit den Kränzchen angefreundet. Sie setzte sich eins aufs Haar und flog heimlich zum Teich hinüber, um sich darin zu spiegeln. Dort begegnete sie Schneeweißchen, die denselben Einfall gehabt hatte. Beide waren mehr als zufrieden mit ihrem Anblick. Auch die anderen Rosenelfen freuten sich darauf, am Abend ein Gänseblümchenkränzchen zu tragen.
„Wo sind eigentlich die Prinzessinnen?“, fragte jemand.
Stachel schnaubte durch die Nase. „Ich würde sagen, die haben sich verdünnisiert. Wahrscheinlich, um sich vor der Arbeit zu drücken.“
„Das passt nicht zu ihnen“, widersprach Duftine. „Da fällt mir ein: Feuerrose hatte von zwei Ideen für das Fest gesprochen. Ob ihr Verschwinden etwas mit der zweiten Idee zu tun hat?“
Sie machten sich auf die Suche nach den Prinzessinnen und fanden sie schließlich unter der alten Eiche. Dort lagen sie flach auf dem Rücken und rührten sich nicht.
„Ich kann nicht mehr“, stöhnte Schneerose. „Ich glaube, ich bleibe hier liegen bis heute Abend. Vielleicht auch die ganze Nacht.“
Honigrose wimmerte leise. „Es fühlt sich an, als hätte ich eine riesige Haselnuss mit Schale verschluckt.“
„Wenn es gleich knallt, bin ich geplatzt“, ächzte Rosarose.
Feuerrose rieb sich den Bauch, der aussah wie eine Kugel. „Aber es hat sich gelohnt. Oder?“, stieß sie hervor.
„Was ist passiert?“, fragte Samtian beunruhigt.
„Nichts.“ Feuerrose machte ein Bäuerchen.
„Warum liegt ihr dann hier platt?“
Feuerrose stemmte sich mit den Händen hoch, ließ sich aber sofort wieder nach hinten fallen. „Weil wir nur noch liegen können“, keuchte sie.
„Wir haben probiert“, erklärte Honigrose, „wieder und wieder, bis wir wussten, wie es am besten hinkam. Und jetzt sind wir platzesatt.“
„Keinen Schluck“, flüsterte Rosarose, „und keinen einzigen Bissen werde ich heute Abend zu mir nehmen, das schwöre ich euch.“
„Ich werde nie mehr im Leben etwas zu mir nehmen“, röchelte Schneerose.
Samtian wurde ungeduldig. „Ich verstehe nur die Hälfte von dem, was ihr sagt.“
„Ich verstehe kein Wort“, warf Dorno ein.
Blütelia kam ein schrecklicher Verdacht. „Um Himmels willen! Habt ihr etwa Pilze gekostet, die ihr nicht kennt?“
„Nein, wir sind doch nicht verrückt! Nur Blütenstaub und Rosennektar.“
„Was gibt’s da zu kosten? Ihr wisst doch, wie Blütenstaub und Rosennektar schmecken.“
Feuerrose rappelte sich wieder hoch, und diesmal blieb sie sitzen. „Das Sternschnuppenfest heute Abend ist, wie ich bereits sagte, ein ganz besonderes Fest. Und deshalb ...“
„Komm endlich zur Sache“, bellte Dorno sie an.
„He! Benimm dich gefälligst, sonst kriegst du nichts ab.“
„Wovon?“
„Wir haben verschiedene Rezepte ausprobiert“, fuhr Feuerrose fort. „Ihr werdet euch wundern, wie gut Blütenstaub und Rosennektar schmecken, wenn man alles zusammenschüttet.“
„Du meinst eine Mischung aus den verschiedenen Sorten?“, hakte Duftine nach.
„Genau. Nur wenig von unserem feurigen Nektar, einen Schuss von dem süßen der Honigrosenelfen, etwas mehr von dem kühlen und milden Nektar der Schneerosenelfen und am meisten von dem fruchtig-süßen der Rosarosenelfen.“
„Das hört sich lecker an“, meinte Samtian. „Und den Blütenstaub habt ihr genauso zusammengemischt?“
„Nein. Hier muss man es genau umgekehrt machen. Am besten schmeckt er, wenn wir nur wenig Blütenstaub von den Rosarosenelfen und am meisten von den Feuerrosenelfen nehmen.“
Dornos Blick fiel auf ein paar Schälchen, die unter der Eiche standen. „Darf ich mal probieren?“
„Untersteh dich! Dann wäre es ja keine Überraschung mehr. Und jetzt haben wir eine Menge zu tun. Wir brauchen Sammler, Bringer, Knacker und Mischer“, erklärte Feuerrose.
„Ich glaube, das verstehe ich nicht“, piepste eine gelbe Rosenelfe schüchtern.
„Die Sammler sammeln Nektar und Blütenstaub, die Bringer bringen Haselnüsse, denn es fehlen uns noch Schälchen.“
„Wieso?“, unterbrach Blütelia. „Beim Mittsommernachtsfest hat es doch auch gereicht.“
„Damals waren die Schnee- und die Rosarosenelfen noch nicht dabei! Außerdem – ihr werdet sehen, es schmeckt so gut, dass wir bestimmt mehr Schälchen brauchen als sonst.“
„Wo sollen wir Haselnüsse herkriegen?“, erkundigte sich Dorno. „In unserem Garten stehen keine Haselnusssträucher.“
„Stell dich nicht so dumm an! Du weißt, wo es bei uns Haselnüsse gibt: im verlassenen Winterlager des Eichhörnchens in der alten Eiche. Am besten holt ihr gleich den ganzen Rest.“
„Und weiter?“, fragte Duftine.
„Die Knacker knacken die Nüsse. Sie müssen versuchen, sie in zwei Hälften zu zerbrechen, damit wir die Schälchen als Schalen – äh, ich meine, die Schalen als Schälchen benutzen können. Und was die Mischer machen, ist ja wohl klar.“
„Du meine Güte, ist das anstrengend, ein Fest vorzubereiten“, stöhnte Dorno.
„Was meinst du, wie anstrengend es erst sein wird, das Fest zu feiern“, grinste Samtian. „Das viele Essen und Trinken, dieses endlose Reden, Lachen und Tanzen, die Nacht hindurch, ohne Pause!“
„Keine Ahnung, wie ich das durchstehen soll“, beschwerte sich Dorno, „wo ich den ganzen Nachmittag so schwer arbeiten muss, dass keine Sekunde Zeit bleibt für ein winziges Nickerchen.“
Doch trotz der vielen Arbeit blieb den Rosenelfen noch genug Zeit, um sich auszuruhen, bevor das Fest begann. Still lag der Rosengarten in der Spätnachmittagssonne da.
Nur Feuerrose tat kein Auge zu. Hellwach beobachtete sie den Himmel und wartete ungeduldig darauf, dass der Abendstern aufging und das Sternschnuppenfest beginnen konnte.
Es wurde bereits dämmrig, als sie ihn endlich aufblitzen sah. Wie eine Sternschnuppe schoss sie von Strauch zu Strauch und rief: „Schnell, steht auf, das Fest fängt an!“
Jede Rosenelfe holte sich ein Gänseblümchenkränzchen. Dann ging es zur Wiese, wo unzählige, reichlich gefüllte Schälchen im Gras standen. Als alle versammelt waren, flog Feuerrose in die Höhe. Sie war eine ziemlich ungeschickte Fliegerin, aber heute fand sie es noch schwieriger als sonst, das Gleichgewicht in der Luft zu halten. Vielleicht lag es auch daran, dass sie sich immer noch steinschwer fühlte von all dem Rosennektar und Blütenstaub, den sie nachmittags abgeschmeckt hatte. Wie ein praller Brummer torkelte sie über die roten, gelben, weißen und rosa Elfen hinweg und rief: „Ich wünsche euch ein schönes Sternschnuppenfest. Greift zu!“
Das ließen sich die Rosenelfen nicht zweimal sagen! Nur die Prinzessinnen hatten keinen rechten Appetit. In kürzester Zeit waren die Schälchen leergefuttert.
„Und nun kommt der wichtigste Teil des Festes“, rief Feuerrose, „die Sternschnuppenwache. Ich bin gespannt, wer gewinnt.“
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