1 ...7 8 9 11 12 13 ...21 Als er dem Flussufer zuschritt, um das Fährboot zu erreichen, das eben anlandete, hörte er seinen Namen rufen, und sich umwendend, erkannte er Guston, der ihm winkte und bald an seiner Seite war.
„Nun, Doktor, wie geht’s?“, fragte er diesen, die ihm entgegen gestreckte Hand schüttelnd. „Was macht die Stirn? Das muss ein höllischer Schlag gewesen sein!“
„War’s auch, Guston, war’s auch, warf mich nieder, wie ein Stück Holz; der Hund hat aber seine Bezahlung bekommen.“
„Er soll über Bord gefallen und ertrunken sein?“, fragte Guston, den Doktor von der Seite fixierend.
„Verdammt will ich sein, wenn ich weiß, wie er fortgekommen; als ich ihn zuletzt sah, stand er noch fest genug auf der Ruderbank, um mich mit dem scharfkantigen Holz zu Boden zu schlagen, aber der brave Master – Ihr geht mit nach Pointe Coupé, nicht wahr?“, unterbrach er sich plötzlich selbst.
„Der Master soll ihn erschossen haben – wie mir gesagt wurde“, fuhr Guston, die Zwischenfrage nicht beachtend, fort.
„Die Neger wissen nichts und können kein Zeugnis vor Gericht ablegen; ich wollte übrigens, ich hätte an jenem Abend Euren Vorschlag angenommen und Euch das Mädchen überlassen, ich wollte, ich hätte es!“
„Nun, seid Ihr nicht mit ihr zufrieden? Ich nehme mein Wort selbst jetzt noch nicht zurück – wenn auch nicht mehr aus derselben Ursache als neulich.“
„Leider“, fuhr der Doktor ärgerlich heraus, „habe ich sie heute Morgen begraben lassen.“
„ B e g r a b e n?“, frug Guston, erstaunt einen Schritt zurücktretend. „Begraben? Das junge, kräftige Mädchen?“
„Lieb wär mir’s, ich hätte weder sie noch den nichtswürdigen langen Yankee je mit Augen gesehen; die Dirne kostet mich ein schmähliches Geld, und dann legt sich der kleine weibliche Teufel hin und wird krank. Erst glaubte ich, sie wolle mich nur zum Narren haben, und ließ sie auf Anraten meiner Frau züchtigen, sie muckste aber nicht und wurde zuletzt ohnmächtig; nun ließ ich sie in ein Krankenhaus bringen und gab ihr eine alte Frau zur Pflege; ich mochte sie doch nicht gern verlieren, sie war wenigstens ihre fünfhundert Dollar wert. Da setzt sich der schwarze Racker in den Kopf, nichts mehr zu essen, legt sich hin und liegt da und rührt sich nicht. Umsonst ging ich selbst zu ihr und versuchte alles, um sie wieder zur Vernunft zu bringen, umsonst drohte ich ihr mit den fürchterlichsten Strafen, und ließ ihr wirklich, nur um ihr zu beweisen, dass es mein Ernst sei, einige Hiebe geben, es blieb vergebens; sie ließ alles ruhig mit sich anstellen, und gestern Mittag, als ich zu ihr ging, um noch einmal zu versuchen, ob stärkere Drohungen vielleicht einen größeren Einfluss auf sie haben möchten, richtet sie sich plötzlich auf ihrem Bett in die Höhe, schwatzt allerlei dummes Zeug von Alfons, Vater und Mutter, und fällt um – sie war tot.“
„Ich wollte doch, Ihr hättet sie mir damals überlassen“, sagte Guston, nachdenkend und verstimmt vor sich niedersehend – dann wandte er sich rasch von dem Doktor ab und schritt langsam nach Bayou Sara zurück.
Höhlenjagd in den westlichen Gebirgen
Novellen-Zeitung.- J. J. Weber, Leipzig, 1844. 1.Jg
An einem klaren, bitterkalten Nachmittag des Monats Februar, als die Sonne, von dünnen Nebelschleiern umzogen, nicht Kraft genug hatte, die schneidende Luft, die aus den nordwestlichen Prärien herüber wehte, zu mildern, und selbst an den fließenden Wasser, etwas in Arkansas sehr Ungewöhnliches, ein starker Eisrand hing, kletterten an den steilen Abhängen, welche die Quellen des ‚Spirit Creeks‘ einschließen, drei Männer über die rausten und unwegsamsten Stellen hinweg, die in der ganzen Gegend nur gefunden werden konnten, und obgleich oft kurze Strecken offenen, ebenen Bodens vor ihnen lagen, umgingen sie doch stets diese, und suchten wieder die schroffsten, wildesten Wände aus, an denen abgebrochene Felsblöcke, und toll und bunt durcheinander geworfene Steinmassen ihr Fortschreiten fast zu einer Unmöglichkeit machten.
Die drei Jäger – denn andere Leute konnten in solchem Fels-Chaos nichts zu suchen haben – hielten sich auch einige hundert Schritt voneinander entfernt, aufmerksam dabei den Boden und die Pflanzen, über dem und an denen sie hingingen, untersuchend, und nur sehr langsam bewegten sie sich vorwärts. Da lenkte plötzlich der Ruf des am tiefsten Dahinkletternden – eines Indianers – (die anderen beiden Jäger waren Weiße) – die Aufmerksamkeit seiner Gefährten dorthin, und sie stiegen auf sein Winken und seine Bewegungen, die ihnen zeigen sollten, dass er etwas gefunden habe, zu ihm hinab, um seine Entdeckung zu untersuchen.
Der Indianer war noch ein junger, rüstiger Mann, etwa 30 Jahre alt und schlank, aber kräftig gebaut, wenigstens verriet der nackte Arm, den er aus seiner wollenen Decke hervorstreckte, um den anderen das Zeichen zu geben, außerordentlich starke Sehnen und Muskeln.
Seine Beine waren mit ledernen Leggins, seine Füße mit Mokassins aus eben dem Stoff bekleidet, sein Jagdhemd aber, aus dünnem, buntfarbigem Kattun leicht zusammengeheftet, wurde eigentlich nur noch durch den Gürtel gehalten, denn in Streifen hing es ihm von den Schultern herunter; beide Arme waren nackt, doch hatte er seine wollene Decke mit einem dünnen Riemen von Hirschfell um die Hüften befestigt, dass sie ihn wie ein Mantel umhüllte. Sein Kopf war bloß, und die schwarzen, langen Haare hingen ihm über Stirn und Schläfe herab, auch zeigte sein Gesicht keine der sonst bei seinem Volke so gebräuchlichen, entstellenden Farben, sondern seinen eigenen, dunklen, kupferfarbenen Teint, aus dem ein Paar feurige Augen kühn und unternehmend hervor blitzten.
Auf der linken Schulter lag ihm die lange Büchse, und sein Gürtel hielt unter der Decke das Messer, den Tomahawk und einen Blechbecher.
Seine beiden Gefährten waren auf ähnliche Art wie er gekleidet, nur trugen sie lederne Jagdhemden, die Decken fest zusammengerollt auf dem Rücken, und der eine von ihnen, ein schlanker, hoch gewachsener Mann, dessen blondes Haar den Nordländer verriet, hatte eine rauhaarige, aus dem Fell eines Waschbären roh zusammengeheftete Mütze tief in die Stirn gedrückt, während sein Kamerad, dem eine kurze, deutsche Büchse an einem Riemen über die Schulter hing, eine wollene, gewebte Mütze als Kopfbedeckung führte.
An den rauen Weg gewöhnt, sprangen sie mit Leichtigkeit den steilen Abhang, von Fels zu Fels, hinunter, und waren bald an des Indianers Seite, der, als er sah, dass seinem Ruf Folge geleistet wurde, sich fest in seine Decke einhüllend sie erwartete. Als sie aber den Platz, wo er stand, erreichten, streckte er wieder seine eine Hand aus der Umhüllung hervor und rief, auf den Boden um sich herum, und viele abgebissene kleine Büsche zeigend:
„Der Bär liebt den Sassafras, denn er macht ein weiches Lager – wenn das Wetter warm wird, möchte eine Fährte von hier aus zu dem Bach hinunter gefunden werden.“
„Wenn wir’s nicht unter der Zeit vereiteln, Tessakeh!“, rief der schlanke Jäger, indem er aufmerksam die Zeichen, die den nahen Aufenthaltsort eines Bären verrieten, musterte. „Wo steckt aber der schwarze Bursche? Er muss seinen Eingang hier irgendwo in der Nähe haben, und doch sehe ich keine Höhle.“
„Wah!“, sagte der Indianer, als er auf ein Loch zeigte, das gerade da, wo er stand, senkrecht in den Boden hinein lief und kaum groß genug war, einem starken Mann den Eingang zu verstatten.
„Und wie kämen wir da hinunter?“ fragte der Deutsche, indem er seinen Kopf dicht an die Öffnung hielt und hinabzuschauen versuchte. „Hol’s der Henker, es scheint tief zu sein und ist stockfinster drunten.“ Mit diesen Worten warf er einen kleinen Stein hinein, und dessen hohles Klatschen und Plätschern verriet, dass er in Wasser gefallen sei.
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