Thomas Barkhausen - Die Mondesserin

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Dystopisch. Unromantisch. Postmodern. Fast ein Roman. Splitter.

"Lass ihn."
"Aber er bewegt sich noch."
"Lass ihn, der ist hin."

Die Mondesserin. Macht ist das Einzige, was Bestand hat. Gewalt, die einzige Manifestation der Existenz. Liebe ist die Illusion von der Abwesenheit von Macht.

Ein Mädchen wuchs heran, das war gezeugt aus dem blauen Strahl der Nachtsonne. Sie spielte mit neunundvierzig Vögeln in neunundvierzig Farben und sie ließ sie singen auf der besonnten Seite des Mondes und ihre Gewänder waren nicht weiß.

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Thomas Barkhausen

Die Mondesserin

Splitterroman

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Inhaltsverzeichnis Titel Thomas Barkhausen Die Mondesserin Splitterroman - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Thomas Barkhausen Die Mondesserin Splitterroman Dieses ebook wurde erstellt bei

Am Mond Am Mond Am Mond schliefst du, An seiner dunklen Seite, Geschmiegt in deine Spur, So fand ich dich. So fand ich dich, Mit tauben Fingern sprachst Du zu meinem Mund: Schweig. So fand ich dich, Ich schwieg und deckte Mit meiner Haut dich zu, Du frorst in deiner Spur.

Widmung Widmung Für meinen Bruder

Der blaue Prinz Der blaue Prinz Und eines Tags in der Ewigkeit, da stieg das blaue Mädchen ins tiefste Dunkel und fand die Schatulle mit dem Knochen des zweiten Vaters und öffnete sie, und er ward Staub geworden, der Knochen, und ohne zu wissen warum, weinte das Mädchen eine Träne mit einem blauen Splitter darin in den Staub des Knochens und weinte Träne um Träne um den zweiten Vater und löste so auf den Staub des Knochens in ihrer Trauer, löste ihn auf in ihren Tränen und nahm den staubigen Brei und formte aus ihm den blauen Prinzen und hielt ihn versteckt in ihrem Zelt und spielte mit ihm und den neunundvierzig Vögeln auf der besonnten Seite des Mondes und ward die Freibeuterin genannt von sich selbst in ihren Träumen, in ihrer Bläue mit dem Prinzen, bis die Priesterinnen ihn fanden und ihn nahmen und ihn legten auf den Stein und ein Tuch breiteten über ihn von weißestem Weiß. Da starben die Vögel, starben und die Priesterinnen brieten sie und aßen sie und sie salbten die Freibeuterin, salbten sie und weihten zu einer der ihren sie und kleideten sie in weißestes Tuch.

Der Kellner

Stilfrage

Erster Brief

Drei Kaninchen

Bernadette

Die Freibeuterin

Die Hüterin des Harems

Easy

Die Töchter der Generäle

Jesus

Der Mondvater

Das Haus

Vier Männer

Fäden und Verliese

Three Times Bernadette

Der Mondstein

Der Zigarillo

Zweiter Brief

Der Tanz der Töchter

Der Lügenstein

Die müden Frauen

Der Mann im Turm

Dritter Brief

Die Mondtöchter

Sommerabend

Der Junge mit der Wollmütze

Der traurige König

Zéro de conduite

Vierter Brief

Clowns

Kristall

Die Mondesserinnen

Madeleine

Drei Schwestern

Fluch

Farmers Daughter

Der fette Mann

Daddy

Die Insel der Priesterinnen

Schnitt

Julia

Die Späher

Die Schale

Februarmorgen

Der Sohn des Königs

Straßenlaterne

Die Prinzessin der Neger

Kiss goodbye

Dorn

See bei Lissabon

Herbstnacht

Hosianna

Letzter Brief

Der Reiter

Impressum neobooks

Am Mond

Am Mond schliefst du,

An seiner dunklen Seite,

Geschmiegt in deine Spur,

So fand ich dich.

So fand ich dich,

Mit tauben Fingern sprachst

Du zu meinem Mund:

Schweig.

So fand ich dich,

Ich schwieg und deckte

Mit meiner Haut dich zu,

Du frorst in deiner Spur.

Widmung

Für meinen Bruder

Der blaue Prinz

Und eines Tags in der Ewigkeit, da stieg das blaue Mädchen ins tiefste Dunkel und fand die Schatulle mit dem Knochen des zweiten Vaters und öffnete sie, und er ward Staub geworden, der Knochen, und ohne zu wissen warum, weinte das Mädchen eine Träne mit einem blauen Splitter darin in den Staub des Knochens und weinte Träne um Träne um den zweiten Vater und löste so auf den Staub des Knochens in ihrer Trauer, löste ihn auf in ihren Tränen und nahm den staubigen Brei und formte aus ihm den blauen Prinzen und hielt ihn versteckt in ihrem Zelt und spielte mit ihm und den neunundvierzig Vögeln auf der besonnten Seite des Mondes und ward die Freibeuterin genannt von sich selbst in ihren Träumen, in ihrer Bläue mit dem Prinzen, bis die Priesterinnen ihn fanden und ihn nahmen und ihn legten auf den Stein und ein Tuch breiteten über ihn von weißestem Weiß.

Da starben die Vögel, starben und die Priesterinnen brieten sie und aßen sie und sie salbten die Freibeuterin, salbten sie und weihten zu einer der ihren sie und kleideten sie in weißestes Tuch.

Der Kellner

Der Kellner schob den Stuhl zu den anderen. Gisèle lachte, ich sah sie an. Der Kellner stapelte die Stühle übereinander, beim dritten hielt er inne, wie er es immer tat und blickte hinüber zur Leuchtreklame der »Bar Tabak«, die zu flattern begann sechs-, sieben-, achtmal, um sich dann doch wieder dafür zu entscheiden zu leuchten. Gisèle ließ ihr Lachen verebben, irgendwo weiter vorn die Straße hinab beim Polizisten, der den Verkehr regelte mit eleganter Müdigkeit. Der Kellner blickte nicht herüber zu uns. Sein Augenlid begann auf und abzuspringen, und er rieb sich den Knöchel hinein. Früher scherzte Gisèle, er habe ein Zucken im Auge. Früher stritten wir, ob das Zucken im oder am Auge war. Früher stritten wir gern. Der Kellner sah hinüber zu seiner Schwester, der Leuchtreklame. Irgendwann fand Gisèle einen vulgären Ausdruck für das Zucken im Auge des Kellners, und was er damit tat.

Sie hatte Phasen anmutiger Obszönität damals. Ich sah auf ihre Lippe, die leicht bebte, das Rouge des Lippenstifts kaschierte die dünne Blässe, für den eiligen Betrachter. Sie trug keine Sonnenbrille. Gisèle war klug, sie trug eine schmale, silbrige Lesebrille, die das Schwarz um ihre Augen dämpfte.

Ich sah sie mit dem Tropfen Rotwein an der Unterlippe in einer der Bars im Quartier, die länger aufhielten des Nachts als erlaubt war. Damals waren ihren Lippen sehr rot, und ich konnte nicht entscheiden, welche Röte mich mehr gefangen nahm. Der Wein und ihre Lippen, sie schienen füreinander gemacht.

Als wir schließlich aufstanden, hakte Giselle sich bei mir unter, wie sie es immer tat. Sie zitterte leicht, und die Schwärze um ihre Augen schien auf ihre Wangen herab zu wachsen. Gisèle war die einzige Frau, die sich bei einem Mann unterhaken konnte, ohne sich zu verlieren, selbst wenn sie ihren Kopf an meine Schulter legte, war sie leicht. Sie schritt neben mir. Sie kroch nie in einen hinein. Gisèle ging nie, sie schritt, ohne dass es dieses demonstrierende Schreiten der Unsicheren war. Gisèle schritt aus sich heraus.

Wir kamen die leicht herabfallende Gasse zum Markt herunter. Gisèle hatte aufgehört zu zittern. Sie sprach nie, wenn sie sich untergehakt hatte. Gisèle steuerte nie, und je weiter wir in die Menge eintauchten, desto mehr wurden wir ein Schiff. Ein steuerloses Schiff, das doch seinen Weg fand, den es noch nicht wusste.

Giselas Schreiten erhob jeden Mann. Wie von selbst teilten sich vor uns die Gruppen, schmutzige Kinder plätscherten um unseren Bug, um unser Heck, sahen zu uns herauf, denn Gisèle war auch jetzt sehr schön, sehr blass, sehr rot. Wir glitten über den Markt, ein blasses Schiff ihrer Lippen.

Als wir zum Ende des Marktes kamen, hielten wir inne, ich sah sie an, hinter ihrer Brille fraß sich das Schwarz ihrer Augen langsam zur Stirn hinauf. Sie lachte, sie hakte sich wieder unter, und wir stiegen den gewundenen Weg zur Seine hinab.

Das ist, was ich von Gisèle erinnere.

Stilfrage

»Lass ihn.«

»Aber er bewegt sich noch.«

»Lass ihn, der ist hin.«

»Aber... sieh doch wie sein Schuh übern Boden kratzt.«

»Lass ihm seinen Tod.«

Der Jüngere grunzte.

»Oder willst ihm vielleicht noch eine Kugel durch den Kopf jagen?«

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