In der Zwischenzeit nahmen die anderen Reiter Aufstellung und stiegen auf ihre Pferde.
„Noch einmal ein wenig Nachgurten, den Rest Gurten wir dann in ein paar Minuten nach. So und jetzt durcheinander Reiten, aber vorsichtig die Pferde kennen sich noch nicht so gut untereinander.“ Beim durcheinander Reiten beobachtete Dirk die Reiter genau. Konnte er doch hierbei schon Stärken und Schwächen jedes einzelnen sehen.
Willi hatte sich auf die Umzäunung der Reitbahn gesetzt. Neben ihm standen Isi und Madie und sahen angestrengt auf die Reiter. Sie fanden, dass die drei Schirmmacher Kinder gar keine so schlechte Figur machten. Bei den Meiers konnte man noch nicht viel sagen, durcheinander Reiten im Schritt war ja noch recht einfach.
Als es jedoch ans Traben ging hoppelte Herr Meier wie ein Flummiball auf dem Pferd herum. Er zappelte mit den Händen und Geronimo, auf dem er saß, fing an mit dem Kopf zu Schütteln. Dadurch wurde die Sache nicht besser. Herr Meier fing an von rechts nach links zu hüpfen und als Geronimo abrupt stehen blieb wäre er fast herunter gefallen. Gerade noch rechtzeitig klammerte er sich an der Mähne fest und hing nun seitlich am Pferd. Dirk, der den beiden am nächsten stand half ihm wieder hoch. Da Herr Meier der letzte in der Reihe war waren alle anderen weiter getrabt und blieben jetzt direkt hinter Geronimo stehen. „Warum stehst du denn da so dusselig rum, “ fauchte seine Frau, “ Trab doch weiter.“
Herr Meier machte ein überaus zerknirschtes Gesicht und Dirk schickte ihn wieder nach hinten in die Reihe.
„Da ihr ja alle im Gelände Reiten wollt müsst ihr Leicht traben können. Kann einer nicht Leicht-traben.“ Dirk sah die Reiter der Reihe nach an. Nur Herr Meier hob zaghaft seinen Arm. „Gut, Herr Meier dann werden wir beide das ein wenig üben. Sie müssen beim Traben immer wenn das innere Bein des Pferdes nach vorne geht aufstehen und wenn es nach hinten geht wieder hinsetzen. Aber nicht Plumpsen lassen. Das innere Bein ist in diesem Fall das Rechte, weil es zur Mitte der Reitbahn zeigt. Im Gelände nehmen sie dann abwechselnd mal das rechte, mal das linke Bein, damit beim Pferd keine Überbelastung an einem Bein entsteht. So jetzt traben wir alle noch einmal an und damit sie sich zuerst nur auf das Aufstehen konzentrieren können werde ich immer eins sagen wenn sie aufstehen sollen. Alles verstanden.“ Nachdem Herr Meier genickt hatte gab Dirk das Kommando zum Leicht-traben.
Dirk konzentrierte sich auf Herrn Meier hatte aber die anderen Reiter in den Augenwinkeln. Frau Meier versuchte krampfhaft aufzustehen und sich wieder hinzusetzten. Da sie aber immer dann aufstand wenn Dirk eins sagte und ihr Pferd eine andere Trittfolge hatte als Geronimo, konnte das natürlich nicht klappen. Die Folge war sie plumpste in den Sattel, stieß sich an der Sattelkammer und kam dadurch ins Rutschen. Dirk schaffte es nicht mehr rechtzeitig die Gruppe anzuhalten und Frau Meier fiel unsanft vom Pferd. „Dämliches Vieh, “ kreischte sie, “ es hat mich bösartig abgeworfen.“ Laut fluchend stand sie wieder auf ergriff die Zügel und wollte gerade daran herum reißen als Dirk dazwischen trat.
„Halt, so nicht, “ Dirk sah Frau Meier mit blitzenden Augen an, “erstens: bei uns werden keine Pferde bestraft oder geschlagen. Zweitens: nicht das Pferd war schuld sondern Sie. Sie sind überhaupt nicht im Takt gewesen. Sie können nicht leicht traben. Reiten ist nicht ungefährlich und selbst Überschätzung kann schnell böse enden. Ich denke wir werden doch noch die eine oder andere Einzelstunde nehmen müssen. So und jetzt steigen sie bitte wieder auf, damit wir weiter machen könne.“
„Ich denke gar nicht daran wieder auf diesen Gaul zu steigen. Ich kann Reiten. Ihre Mähre hat mich abgeworfen:“ Zornesrot ließ sie die Zügel fallen und rannte mit erhobenen Kopf von der Reitbahn. Ihr Pferd ließ sie einfach mitten auf der Bahn stehen.
„So sollte sich kein Reiter verhalten, man lässt seine Wut nicht an einem Tier aus und man überlässt auch kein Tier seinem Schicksal. Es gehört sich nicht sein Pferd einfach stehen zu lassen. Egal was passiert ist.“ Dirk war sauer und zeigte das auch. „Isi komm her, steig auf und übernehme bitte die Tete.“
Nach dem Isi aufgestiegen war wurde die Reitstunde fortgesetzt. Es kamen noch mehrere Übungen zum Leichttraben und langsam bekam Herr Meier den Rhythmus raus. Anschließend fragte Dirk ob alle Galoppieren wollten und als alle nickten ließ er jeden einzelnen ein paar Runden drehen. Dabei musste man immer darauf achten, dass das Pferd nicht hinten wieder anschloss sondern, dass man an der Gruppe vorbei kam. Hierbei konnte Dirk erkennen wer sein Pferd beherrschte und wer nicht. Bei den beiden verbliebenen Meiers klappte das nicht aber beim Rest der Truppe ging es mehr oder weniger gut. Am Ende der Reitstunde ließ Dirk die gesamte Gruppe noch einmal zusammen Galoppieren und nun sollten alle in den leichten Sitz gehen weil der beim Reiten im Gelände sehr wichtig war.
Die Meiers und Tobias konnten das noch nicht aber Dirk versprach ihnen das lernt ihr ganz schnell. So jetzt loben wir unsere Pferde und Reiten sie im Schritt trocken.
Als alle Pferde abgesattelt waren wurden sie von ihren Reitern auf die große Koppel gebracht. Madie hatte am Morgen schon kontrolliert ob hier alles in Ordnung und auch noch genügend Wasser im Wasserwagen war. Anschließend ging es zum Essen. Alle Reiter hatten einen bären Hunger. Weil es den ganzen Tag warm war hatte Iris Tomaten, Gurkenscheiben und Möhrenspalten mit frischem Kräuterquark zusätzlich zum normalen Abendbrot auf den Tisch gestellt.
Als Iris den Tisch anschließend abräumte stellte sie fest, dass ein Teller unbenutzt war. Sie schüttelte den Kopf und nahm sich vor rauszufinden wer da gefehlt hatte. Vielleicht ging es ja einem der Kinder nicht gut. Sofort ging sie nach draußen um die Kinder zu suchen. Sie fand sie in der Stallgasse des kleinen Stalles wo sie auf Strohballen saßen und laut sangen.
„Hallo, geht es euch gut? Wer von euch hat denn nichts gegessen?“
Die Kinder sahen sich an und schließlich sage Franzi „Die Frau Meier war gar nicht da. Na vielleicht hat ihr Po weh getan, dann kann man vorne nicht essen.“ Alle Kinder fingen an zu lachen außer Marie, die saß mit versteinertem Blick dabei.
„Meiner Mutter geht es nicht gut, sie hat sich den Steiß geprellt. Das Pferd war einfach zu wild, unerzogen.“
„Na dann werde ich mal nach ihr sehen, “ sagte Iris und ging zurück in die Küche. Hier suchte sie erst mal ihren Mann.
„Was ist denn da nun wirklich passiert beim Reiten? Die Meier soll sich den Steiß geprellt haben? Ich denke sie ist in den weichen Sand gefallen und nicht außerhalb des Reitplatzes?“
Dirk sah seine Frau verdutzt an, „Sie kann sich den Steiß nicht geprellt haben der Sand ist so tief und weich, da gibt es noch nicht einmal einen blauen Fleck wenn du da reinfällst. Die spinnt wenn du mich fragst.“
„Gut, dann werde ich jetzt einmal nach ihr sehen. Holst du bitte mit den Kindern die Pferde rein und fütterst.“
Schnurstracks ging Iris ins Gästehaus und klopfte an Meiers Zimmertür. Nachdem Herr Meier geöffnet hatte fragte sie ihn nach dem Befinden seiner Frau.
Herr Meier kam vor die Tür und schloss diese sanft. „Ich glaube der Schreck war größer als der Schmerz. Sie wird sich schon wieder beruhigen. Vielleicht wird sie hier nicht mehr Reiten wollen, aber machen sie sich da mal keine Sorgen. Nur Drängen sie, sie bitte nicht zum Reiten, dass verschlimmert die Lage dann nur noch.“
„Na dann wünsche ich ihnen eine gute Nacht bis morgen früh dann.“
Nachdem Iris gegangen war ging Herr Meier mit hängendem Kopf wieder in das Zimmer. Hätte er der netten Wirtin sagen sollen, dass das nicht das erste Mal war, dass so etwas passiert ist und, dass jedes Mal das Pferd, der Reitlehrer oder die anderen Reiter Schuld waren aber nie seine Katja.
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