1 ...6 7 8 10 11 12 ...17 Um gesundheitliche Schäden durch Schwerelosigkeit auf Marsflügen zu verringern, ließe sich eine künstliche Schwerkraft durch marsähnliche Beschleunigung oder durch Rotation erzeugen, indem man etwa 2 rechteckige, durch ein Seil verbundene Habitate verwendet - was einfacher zu bauen wäre als ein radförmiges Raumschiff.
Übrigens können die Marsreisenden den Flug unterwegs nicht einfach abbrechen, selbst wenn sie nicht landen würden; das ist aus bahnmechanischen Gründen nicht möglich, weil sie sich auf einer Hohmannbahn befinden; mit mehr Energie, also besseren Antrieben, die ein höheres Delta-V erreichen, wäre das jedoch vorstellbar.
Marsschiffe mit chemischen und nuklearthermischen Antrieben und Gesamtmassen zwischen 300 t und 500 t brauchen beim Abflug im LEO wegen des geringen spezifischen Impulses einen etwa 500-tägigen Marsaufenthalt, bis ein Rückflug wieder möglich ist. Zusammen mit den Reisezeiten werden es 1000-Tage-Missionen.
Dagegen machen elektrische Antriebe jederzeit einen Abbruch beziehungsweise einen Rückflug zur Erde möglich und sind damit wesentlich flexibler und sicherer. Die Missionsgesamtdauer wird etwa halbiert und die elektrische Energieversorgung liegt im Megawatt-Bereich; eine anspruchsvolle, aber lösbare technologische Herausforderung.
GEVs sind nur ein erster Schritt bis zum Marslander, die nächsten technologischen Hürden bestehen in der Entwicklung und Erprobung eines ITV, eines interplanetaren Transferfahrzeugs mit dem ENA- und ENO-Missionen bis zu einem Jahr durchgeführt werden können; also Missionen eines Schwerlast-Transferfahrzeugs bis zur Marsbahn, eventuell nach Phobos und Deimos, um von dort den Marsabstieg und Wiederaufstieg und die Rückreise durchzuführen. Mit einem Helium-3-Deuterium-Antrieb ließe sich die Reisezeit für schnelle bemannte Flüge auf 2 Monate verringern; Frachtflüge würden in 8 Monaten dort sein und die Treibstoffmasse würde weniger als ein Fünftel der Frachtmasse betragen. Ein möglicher Kernfusionsantrieb könnte aus einer 100 m langen Magnetröhre bestehen, in der durch Mikrowellen auf 600 Megakelvin erhitztes Plasma fusioniert. Würde man Antimaterie verwenden, wären für den Flug zum Mars und zurück nur gut 0,1 Gramm Antiprotonen nötig.
Der Weg zum Mars über den Mond, wie oben skizziert, könnte sich als Umweg oder gar als Sackgasse herausstellen, denn im Gegensatz zum Erdtrabanten besitzt Mars 2 Monde, eine Atmosphäre, Staubstürme, Vulkane, Polareis, interessante Landschaftsformen und alte Flusstäler und Meere. Der rote Planet ist am besten dafür geeignet, zukünftig (höheres) Leben zu beherbergen - Menschen, die von der Erde heraufziehen.
Den Marsflug vom Mond aus zu beginnen, könnte sehr teuer werden, denn zunächst müssen die Bauteile des Marsschiffs mit einer weichen Landung dorthin gebracht werden. Es sei denn, man nimmt eine lunare oder eine EML- Raumfahrtindustrie an.
Während man das Startgewicht der Marsraketen durch eine optimale Flugbahn und bessere Treibstoffe verringern kann, lässt sich noch mehr Treibstoff durch das "Aerobreaking" sparen, dazu werden die Marsraumschiffe durch die Reibungskräfte der Marsatmosphäre abgebremst.
Der Marsflug wäre entscheidend einfacher, ließe sich aus seiner Luft und seinem Boden Treibstoff für den Rückflug gewinnen; dazu würden die Marsforscher für sich und nachfolgende Missionen versuchen, Wasser, Sauerstoff und Wasserstoff aus Felsen, Permafrostboden und Luft zu extrahieren - um zu trinken, zu atmen, um ihre Maschinen anzutreiben und um Raketentreibstoff zu gewinnen. Später werden sie die Marsmaterie für den Bau von Basislagern und Siedlungen testen. Wenn es möglich und gewünscht ist, ihn erdähnlicher zu gestalten, so dass Sauerstoffmasken, Schutzanzüge und Kuppeln überflüssig werden, wird diese Welt viel attraktiver und ist auch leichter zu besiedeln, was selbstverständlich auch für jede andere Welt gilt, die ähnlich von Menschen besiedelt werden kann. Mit ISRU, der "In Situ Ressource Utilization", also der Nutzung der planetaren Ressourcen für Kolonialisierungszwecke, entfällt die Notwendigkeit, externe Ressourcen etwa von der Erde heran führen zu müssen.
Plant man die Nutzung von Weltraumressourcen ein, beeinflusst das wesentlich Missionsprofile und -kosten. ISRU und andere entsprechende Technologien sind entscheidend für dauerhaft bemannte Weltraumaktivitäten. Teilautarkie kann zukünftige Exploration sicherer und billiger machen und die Startmasse wird stark reduziert, wenn zum Beispiel der Treibstoff für den Rückflug nicht mitgenommen werden braucht, der bis zu 90% der Gesamtmasse ausmachen kann. Mit lunarer ISRU lassen sich 20% bis 40% der Kosten einsparen. Vielleicht wird der Mond eines Tages als Zwischenstation zur Treibstoffversorgung für weitergehende Explorationsmissionen oder für einen Export lunaren Treibstoffs in den Erdorbit oder zu EMLs oder SELs auch ökonomische Vorteile haben.
Die erheblichen Wasservorkommen auf Mars und den Planetoiden bieten jedoch im Gegensatz zum Mond bessere Aussichten auf hochwertige Lagerstätten mit großer Rohstoffdichte, da die Rohstoffanreicherung flüssiges Wasser und geologische Prozesse braucht. Rückkehrtreibstoff lässt sich zum Beispiel aus der Marsatmosphäre gewinnen; die ISRU-Technologie lässt sich einfacher auf dem Mars als auf dem Mond realisieren, da man das Wassereis im Boden und das Kohlendioxid aus der Luft nutzen kann. Damit spielt dieses Konzept eine wesentliche Rolle bei der Besiedlung und Autonomie anderer Welten.
Konkret werden deren Atmosphäre und Gestein etwa für die Herstellung von Sauerstoff und Rückkehrtreibstoff verwendet, wobei die nötige Energie zum Beispiel von Kernreaktoren kommt. Eine Mars-ISRU könnte etwa damit beginnen, dass eine unbemannte Mission gut ein Jahr lang aus dem Kohlendioxid der Marsatmosphäre und mitgebrachtem Wasserstoff Methan und Sauerstoff erzeugt und in Tanks speichert.
Nach einem weiteren Jahr landen dann Menschen auf ihm; falls sie sich bei der Landung in einem Notfall befinden, macht es die Konstellation zwischen Mars, Venus und Erde möglich, den Rückflug nach nur einem Monat Aufenthalt anzutreten. Ansonsten bleiben sie gut 15 Monate dort, errichten eine einfache Station und kehren nach weiteren 230 Tagen auf die Erde zurück. Mit ihnen zusammen landet eine neue Produktionsanlage, die wie die erste mehr als ein Jahr Methan und Sauerstoff für die 2. Mannschaft herstellt, die 9 Monate nach der ersten an der Marsstation eintrifft. Alle 2 Jahre fliegt eine weitere Gruppe zum Mars und kehrt nach 2,5 Jahren wieder zurück; da jede ein neues Wohnmodul usw. mitbringt, wird die Marsstation sukzessive erweitert. Bei einer späteren Mission könnte eine aufblasbare Kuppel mitgebracht werden, die mit Sauerstoff-Befüllung zu einer fußballfeldgroßen Anlage wird und in der Pflanzen usw. als Nahrung, aber auch aus psychologischen Gründen angebaut werden.
ISRU bietet weiterhin Synergien zu irdischen Technologien der industriellen Rohstoffproduktion und -verarbeitung und zu nachhaltiger Versorgung, also der effizienten Nutzung begrenzter Ressourcen, dem Abfallmanagement, dem hochgradigen Recycling usw. Damit wird die Raumfahrt auch für Umwelttechnologien interessant und relevant.
Zunächst werden die Forscher nach Wasser und Leben suchen, das Klima beobachten und seine Geologie untersuchen, später dann Gebäude errichten, Landwirtschaft und Bergbau betreiben, Waren herstellen usw. Vom Marssystem aus wird auch der Planetoidengürtel erschlossen und besiedelt werden.
Für die interplanetare Raumfahrt könnten Swing-Stationen wichtig werden (nein, keine Swinger-Stationen): Raumflugkörper lassen sich auf "Pendelbahnen" schießen, auf denen sie fast ohne Treibstoff periodisch an 2 Himmelskörpern vorbeikommen, derartige Bahnen gibt es zwischen Erde und Mond, Erde und Mars, Erde und Venus usw. Jedoch kommen sie nicht bei jedem Umlauf an beiden Welten vorbei. Ein bemannter Marsflug könnte wie folgt geschehen: man fliegt zu einer gewissen Zeit in einer kleinen Raumkabine (einem Shuttle) von der Erde weg - vielleicht startet man auch von einem Himmelsaufzug - und bald darauf findet nach einem automatischem Rendezvous-und Andockmanöver das Umsteigen in die interorbitale Pendel- beziehungsweise Swing-Station statt.
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