Gut möglich, dass der Mond längerfristig für die Versorgung der Erde mit elektrischer Energie eine wichtige Rolle spielt etwa in Form von oben erwähnten lunaren Solarfarmen oder dessen Helium-3, das entweder in irdischen oder in lunaren Fusionskraftwerken verstromt wird. Und dann könnte sich die Mondbasis zu einer kleinen Stadt mit eigener Bevölkerung und einem relativ großen Anteil von künstlichen Lebensformen entwickeln, mit Erdtourismus, Krankenaufenthalt und Alterssitz; allgemein mit einem Energie- und Rohstoffhandel und dem Bau von SSPS (Solar Satellit Power Station), künstliche Habitaten usw. Damit wird er wohl eine bedeutende Rolle bei der Erforschung der anderen Planeten und Monde spielen, zum Beispiel als Zwischenstation zum Mars.
Die Entwicklung einer Mondbasis-Infrastruktur wäre unabdingbare Voraussetzung für die Marsreise; die Mondbasis wäre auch Ausbildungsstätte für Marsexpeditionen und liefert vielleicht auch flüssigen Sauerstoff als Treibstoff, falls der Marsflug mit chemischen Triebwerken stattfindet. Vielleicht starten sogar die ersten Marsschiffe vom Mond oder aus einem Mondorbit. Dann könnte die große Reihenfolge bei der Erschließung des Sonnensystems folgende sein: von der Erde zur LEO-Raumstation, von dort in den Mondorbit oder auf zum Mond. Vom Mond dann direkt zum Mars oder erst zu den Marsmonden und von ihnen aus zum Mars. Oder man macht es doch ganz anders und fliegt von der Erde entweder direkt auf den Mars oder geht zuerst auf seine Monde usw. Und vom Marssystem dann einerseits zurück zum Mond und andererseits in den Planetoidenhauptgürtel und ins äußere Sonnensystem...
Wäre der Mars der Erde so nahe wie der Mond hätten wir längst nicht so gezögert, dorthin zu fliegen. Und ein marsgroßer "Mond" hätte auch gar nicht so unwahrscheinlich sein müssen, denn wäre der etwa marsgroße Protoplanet Theia vor ca. 4 Gigajahren nicht auf der Erde eingeschlagen, wodurch der Mond entstanden ist, sondern von ihr nur eingefangen worden - wer weiß...
Die Erfahrungen der Mondbesiedlung könnten sehr nützlich werden für eine nachfolgende Marsbesiedlung; vielleicht wird es aber auch anders herum kommen - erst der Mars, dann der Mond, denn der Mars bietet potenziellen Siedlern nach der Erde die angenehmsten Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Atmosphäre, Rohstoffen, Monde, usw. Die Oberfläche des roten Planeten ist etwa so groß wie die Gesamtfläche aller irdischen Kontinente. Der frühe Mars war noch erdähnlicher, seine Atmosphäre war dichter und seine Hydrosphäre noch flüssig. Doch wegen seiner geringeren Schwerkraft und der größeren Sonnenentfernung ging der Großteil der Atmosphäre verloren und infolge des geringeren atmosphärischen Drucks, der dem der Erde in 30 km Höhe entspricht, verdunstete das Wasser oder blieb als Permafrost zurück.
Da Erde und Mars ihre Stellung - auch in der Ekliptik - zueinander verändern, öffnet sich nur etwa alle 2 Jahre für wenige Wochen ein Startfenster zum Mars. Man kann ihn auf einer 500-Tage-Hohmannbahn oder auf einer 1000-Tage-Hohmannbahn erreichen; die 1000-Tage-Mission setzt sich aus 200 bis 300 Tagen für den Hin- und Rückflug sowie 350 bis 550 Tage Wartezeit auf dem Mars zusammen, da beim Rückflug auf ein energiegünstiges Startfenster zur Erde gewartet werden muss, der mit relativ wenig Treibstoff auskommt. Weiterhin sind Hin- und Rückflug der 1000-Tage-Mission auf den Raum zwischen Erd- und Marsumlaufbahn begrenzt.
Dagegen sind die Missionsprofile der 500-Tage-Missionen Flugbahnen mit teilweise sehr hohem Energiebedarf und führen bei Rückkehr zur Erde über die Venus und damit in große Sonnennähe, was einen entsprechenden Schutz gegen Wärme, Strahlung usw. notwendig macht.
Finden die Expeditionen auf Hohmannbahnen statt, ist man an ein Startfenster gebunden, das sich nur alle 2 Jahre öffnet; eine Möglichkeit wäre, 1 Jahr für den Hin- und Rückflug und 1 Jahr Verweildauer auf dem Mars einzuplanen oder man führt eine schnellere Reise bei längerer Wartezeit durch. Zwar sind Flüge auf Hohmannbahnen energetisch am günstigsten, aber sie beanspruchen die längste Dauer. Da die solare und kosmische Strahlenbelastung die ganze Zeit über einwirkt, ist die Krebsgefahr entsprechend hoch.
Bei Verwendung eines thermonuklearen Antriebs verringert sich die Hinflugzeit auf 150 - 180 Tage und das Krebsrisiko ist nur noch halb so hoch, daran schließen sich 619 Tage Wartezeit an, bis Erde und Mars in günstiger Konstellation für den Rückflug stehen und 110 Tage braucht man für den Rückflug. Die Besatzung befindet sich außerdem währenddessen im freien Fall, also in Schwerelosigkeit beziehungsweise in Mikrogravitation. Für Langzeitflüge könnte es notwendig werden, künstliche Schwerkraft durch Rotation oder Dauerbeschleunigung zu erzeugen.
Schon 1947/48 plante Wernher v. Braun eine Marsflotte aus 10 Raumschiffen, die innerhalb von 8 Monaten in einer Erdumlaufbahn zusammengebaut werden sollten. Dazu sollten 46 wiederverwendbare Raumfähren die Bauteile in 950 Flügen in den Orbit bringen. Eine 70köpfige Besatzung wäre dann 8 Monate unterwegs, von denen 50 Astronauten in einem Raumschiff auf Kufen auf einem der Pole landen würden. Sie würden sich von dort aus zum Äquator begeben, um dort Landebahnen für 2 weitere Raumschiffe zu bauen, die gleich nach der Landung für den Notfall aufgerichtet werden sollen. Die restlichen Astronauten sollten auf einer Umlaufbahn in den Raumschiffen verbleiben. Nach 400 Tagen seiner Erforschung, Erkundung usw. wäre der Rückflug erfolgt.
5 Jahre vor Gagarins Flug am 12. April 1961, verringerte v. Braun seine Mission auf 12 Astronauten in 2 Raumschiffen. Auch in diesem Plan wären die Schiffe vorrangig für den Notstart vorbereitet worden, erst danach hätten sie den Planeten erforscht.
Anfang der 1960er befand sich die Raumfahrt mit ähnlichen Projekten in Aufbruchsstimmung, da mit der Freisetzung der Kernenergie, Computern und der Überwindung der Erdanziehungskraft alles möglich schien.
In einem 1962er Szenario sollten 5 Astronauten 1971 am Mars vorbeifliegen, 4 Jahre später sollten wieder 5 Astronauten in seine Umlaufbahn eintreten, um ihn zu erkunden. 1977 sollten sich 8 Astronauten 30 Tage auf seiner Oberfläche aufhalten; für künstliche Schwerkraft und zur Lagestabilisierung sollten alle diese Raumschiffe über kreisförmige, rotierende Unterkünfte verfügen. Ebenfalls in den 1960ern gab es Pläne, die Apollo-Maschinerie für Marsflüge auszubauen, die aber wegen des Vietnamkrieges nicht realisiert werden konnten, da dieser 100 Milliarden Dollar pro Jahr verschlang, während die Raumfahrt damals gut 5 Milliarden brauchte, um innerhalb von 6 Jahren Nutzlasten für Saturn V-Raketen zu entwickeln.
Eine weitere Studie sah als Startdatum den 3. Mai 1971 vor, die Rückkehr war für den 24. Januar 1974 geplant. Bei diesem Projekt war der Marsgleiter mit sehr großen Deltaflügeln ausgestattet, da die Marsatmosphäre nur 8% des irdischen Drucks hat.
Kurz nach Apollo 11 schlug v. Braun eine aus der Apollo-Technik weiterentwickelte Marsmission vor: in 6 bis 7 Flügen mit umgebauten Saturn V-Raketen sollte das Marsschiff für ein kleines Team im LEO montiert werden. Für interplanetare Missionen sollte ihre 3. Stufe mit Atomkraft verstärkt werden. 1982 sollten die Astronauten auf dem 4. Planeten landen.
1971 wurde eine Studie angefertigt, nach der eine wiederverwendbare Raumfähre die einzelnen Module des Marsraumschiffs in den Orbit bringen sollte, wo es dann zusammengebaut würde. Da der Laderaum der Raumfähre nur 5 m Durchmesser hatte, wäre es nötig gewesen, das Raumschiff in 30 Module aufzuteilen. Stattdessen sollte nur das Antriebsaggregat der Raumfähre dazu verwendet werden, um Module mit 8 m Durchmesser mit einer Saturn-Oberstufe halb in den Orbit zu transportieren, von wo aus die Fracht mithilfe einer weiteren Oberstufe in die vorgesehene Umlaufbahn weiterfliegt, während das Raumfährenaggregat zum Startplatz zurückkehrt. Dadurch wären nur 6 Flüge für den Transport der Einzelteile nötig, während die Oberstufen zum Antrieb des Marsraumschiffs verwendet worden wären. Dessen Betankung mit 1,5 Kilotonnen Treibstoff sollte in 65 Flügen stattfinden.
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