Ilona Klawunn - Das verlorene Glück

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Sie wollten schon immer wissen, was der Weihnachtsmann und sein Rentier am liebsten essen? Und was der Kater anstellt, wenn sein Dosenöffner am Skatabend vor Weihnachten eine Frau statt des sehnsüchtig erwarteten Gänsebratens gewinnt?
Die Antwort darauf und auf einige andere Fragen gibt die Gelsenkirchener Autorin Ilona Klawunn in 13 kurzen Weihnachtsgeschichten. Doch auch der besinnliche Aspekt kommt nicht zu kurz, wenn die 1958 geborene Schriftstellerin von ihren eigenen weihnachtlichen Erlebnissen berichtet. Erinnerungen an das Weihnachten ihrer Kindheit oder mit dem besonders umtriebigen Kater Charly sind herzerwärmend und rufen uns in Erinnerung, was der Geist der Weihnacht eigentlich bedeutet.
Besonders die märchenhaften Kurzgeschichten eignen sich gut zum Vorlesen in Schulen, Kindergärten, im Altenheim oder im Kreis der Familie.

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Ilona Klawunn

Das verlorene Glück

Weihnachtsgeschichten zum Vorlesen und Selberlesen

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis Titel Ilona Klawunn Das verlorene Glück - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Ilona Klawunn Das verlorene Glück Weihnachtsgeschichten zum Vorlesen und Selberlesen Dieses ebook wurde erstellt bei

1 Das verlorene Glück

2 Nikolausabend

3 Das silberne Glöckchen

4 Das Geheimnis der verschwundenen Puppen

5 Tierische Weihnacht

6 Eine geheimnisvolle Nacht

7 Das Lächeln des Schneemanns

8 Das Rentier wär´ nicht das Problem

9 Die Weihnachtsspieluhr

10 Der Stern des Bettlers

11 Lisas Stern

12 Weihnachten mit Charly

13 Vom Wunder im Winterwald

14 Nachwort

Impressum neobooks

1 Das verlorene Glück

Still und verträumt, von Schnee bedeckt, lag die kleine Stadt eingebettet in einer Talsenke. Der Mond schickte sein Licht durch die Nacht und tauchte das Städtchen in einen sanften Schein. Die Uhr vom Kirchturm schlug gerade zwölfmal. Die Lichter hinter den Fenstern der Häuser waren erloschen und die Menschen alle zu Bett gegangen. Seit Tagen schneite es, und auch jetzt rieselte der Schnee vom Himmel. Täglich schaufelten die Leute die weiße Pracht von den Straßen und Wegen, aber immer wieder fielen neue Flocken vom Himmel. Einzig die Kinder hatten ihren Spaß an der weißen Pracht, und das bevorstehende Weihnachtsfest stimmte sie in freudiger Erwartung. Die Weihnachtsferien hatten begonnen, und so tollten sie ausgelassen im Schnee, lieferten sich so manche Schneeballschlacht und bauten Schneemänner.

Mittlerweile stand vor jedem Haus ein Schneemann. Bestückt mit Knöpfen aus Kohle, einer Mohrrübe als Nase und immer mit einem lachenden Gesicht. Nur vor einem Haus stand ein Schneemann, der grimmig vor sich hinblickte. Es war das Haus vom alten Tobias Patterson. Ein Mensch, der mit sich und der Welt unzufrieden war. Die Leute kannten ihn nur unfreundlich und schimpfend. Ganz alleine lebte er in seinem Haus, und die Kinder hatten sogar etwas Angst vor ihm. Nur um ihn zu ärgern, hatte man heimlich den Schneemann mit dem grimmigen Gesicht in Nähe des Gartenzaunes gebaut.

Und wie Tobias sich ärgerte! Er schimpfte auf die Kinder, auf den Schnee, auf das bevorstehende Weihnachtsfest und natürlich auf den Schneemann. In seinem Zorn wollte er den Schneemann zerstören, aber irgendetwas hielt ihn letztendlich davon ab. Dafür musste sich jetzt der arme Schneemann jeden Tag das Geschimpfe von Tobias anhören. So auch an diesem Morgen.

Tobias hatte die Nacht schlecht geschlafen, das Licht des Mondes hatte ihn gestört und er war übel gelaunt. Mit einer Schaufel trat er vor die Haustür, um den Weg wie jeden Tag vom Schnee freizumachen. Ein Blick auf den Schneemann, und seine Laune sank auf den Nullpunkt.

„Ja, du stehst nur rum und guckst dumm in die Welt und ich habe die ganze Arbeit“, raunzte er den Schneemann an. „Kannst du mir mal sagen, wofür dieses Weihnachten überhaupt gut sein soll“, schimpfte er weiter. „Und die Geschenke unterm Weihnachtsbaum! Ich habe noch nie ein Geschenk bekommen.“

Und tatsächlich, Tobias ging jedes Jahr zu Weihnachten leer aus. Niemand dachte an ihn und beschenkte ihn. Der Schneemann blickte stumm vor sich hin. Eine Meise hatte es sich auf seiner langen Nase bequem gemacht. „Mach, dass du wegkommst“, Tobias klatschte in die Hände um den Vogel zu verscheuchen. „Hier gibt es nichts zu fressen.“

Das fehlte ihm noch, ein Futterhäuschen im Garten. Es machte nur Dreck und lockte die hungrigen Vögel an. Dazu war er viel zu geizig. Schließlich kostete das Futter nur unnötiges Geld. Und überhaupt, wie konnten sich nur manche Leute ein Haustier halten! Für Tobias schier unverständlich. Und so schimpfte er sich durch den Tag bis hin zum Abend.

Ein Geräusch vor seinem Haus ließ ihn innehalten. Tobias lauschte angestrengt. Wollten ihm die Kinder wieder einen Streich spielen? Da war es abermals. Es klang wie ein leises Winseln. Und dann kratzte etwas gegen die Haustür. Der Alte schlurfte in seinen Pantoffeln neugierig zu der Tür. Nun hörte er es ganz deutlich. Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt.

„Was um Himmels willen ist denn das?“

Vor ihm saß ein kleiner Hund! Zwei braune Augen schauten ihm erwartungsvoll entgegen.

„Ne, ne, mein Lieber, da hast du dich aber in der Tür geirrt“, fuhr Tobias den Hund an.

„Los, mach dass du wegkommst“, und damit schlug er heftig die Haustür zu. Ein Jaulen erklang, und zornig öffnete er nochmals die Tür, um den kleinen Kerl endgültig wegzujagen. Doch wo vorher der Hund saß, lag nun ein großer Schneehaufen. Der Schnee hatte sich beim Zuschlagen der Tür vom Dach gelöst, war auf die Erde gerutscht und hatte den Hund unter sich begraben. Der Alte war so verdutzt, dass er sogar das Schimpfen vergaß.

In der Zwischenzeit befreite sich der Hund aus dem Schneehaufen. Zitternd vor Kälte und Schreck saß er da. „Das nennt man Pech“, erklärte Tobias mit einem Blick auf den Hund. „Du hast wohl auch kein Glück im Leben. Mein Glück ist auch irgendwann verloren gegangen“, sinnierte Tobias. Irgendwann, vor vielen Jahren ... Die Einsamkeit hatte ihn unzufrieden gemacht und die wenigen Freunde, die noch blieben, zogen sich nach und nach zurück.

Der Hund, eine ganz gewöhnliche Promenadenmischung, nieste laut.

„Ist wohl nicht gerade gesund, so eine nasskalte Schneebombe von oben. Bei diesem Wetter läuft man draußen auch nicht herum, sondern sitzt in der warmen Stube. Wenn man eine hat! Lass mich raten, du hast wohl keine. Na, wie gesagt, Pech gehabt.“

Tobias kehrte dem Hund den Rücken zu, um wieder ins Haus zu gehen.

Diese Gelegenheit nutzte der Hund und zwängte sich zwischen Tobias Füßen hindurch in die warme Stube. Schnell verkroch er sich unter einen Stuhl und harrte der Dinge, die da kommen würden. „Du bist ja ein Lump, mich so zu überlisten. Glaube aber bloß nicht, du könntest dich hier häuslich niederlassen. Kurz aufwärmen ja, aber dann raus mit dir.“

Tobias ging zu seinem Lieblingssessel, um in der Zeitung zu blättern.

Der Hund verfolgte neugierig jeden seiner Schritte. Ab und an warf Tobias einen Blick auf die Promenadenmischung. Der Hund hatte sich eingerollt und schien zu schlafen. Auch Tobias fielen die Augen zu, wie so oft, wenn er in der Zeitung las. Etwas Feuchtes an seiner Hand ließ ihn aufschrecken.

„Igitt“, raunzte er den Hund an und zog die Hand zurück. „Du bist ja noch ein ganz kleiner Kerl“, stellte er bei näherem Betrachten fest. „Da hatte ich wohl recht, dich will keiner.“

Aus dem Kühlschrank holte er ein paar Wurstreste und legte sie auf den Boden. Gierig fraß der Hund alles auf. „Mein Reden, Tiere kosten nur Geld“, murrte Tobias.

Ein Klopfen an der Haustür ließ ihn aufhorchen. Schimpfend, anders kannte man ihn ja nicht, öffnete er die Tür. Ein kleiner Junge blickte ihm entgegen. „Ist er hier? Ich habe seine Spuren im Schnee verfolgt“, fragte der Junge aufgeregt und spähte in die Wohnstube. Schwanzwedeln lief ihm sofort der Hund entgegen. „Was für ein Glück“, strahlte das Kind erleichtert, „Felix ist bei Dir.“

Tobias fehlten die Worte, was selten genug vorkam.

„Glück für wen?“ fragte er nach einer kurzen Pause.

„Na, Glück für Felix und Glück für dich!“ erwiderte der Junge.

„Für mich? Da bin ich aber neugierig, warum es für mich ein Glück sein soll, wenn so ein Fellknäuel hier auftaucht.“

Tränen standen dem Kind plötzlich in den Augen: „Ich darf Felix nicht behalten, da ich schon einen Hund habe. Und Felix ist ausgesetzt worden, keiner will ihn. Aber er braucht doch ein Zuhause. Jeder braucht ein Zuhause! Und Du hast eines und bist immer allein. Was Dir fehlt, ist ein Hund. Oder willst du, dass Felix erfriert?“ Das klang sehr vorwurfsvoll.

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